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2 Kundenbewertungen

Was für Zeiten, was für eine Ironie, als man die Frau oder Witwe eines Generals 'Die Generalin' nannte. 'Wellen' ist eine Sommergeschichte, eine einzige Liebeserklärung an die Ostsee. Schauplatz ist ein Badeort, wo eine adlige Großfamilie die Ferien verbringt. Irritation und zugleich Faszination übt auf alle ein ungewöhnliches Paar aus: die wunderschöne Doralice, die ihren Mann, einen Diplomaten, verlassen hat, um hier mit ihrem Geliebten, einem Maler, zusammenzuleben. Empörung bei den Damen der Gesellschaft, Neugier bei ihren Ehemännern. Es sind die Kinder, die das Schema, das die Sünder von…mehr

Produktbeschreibung
Was für Zeiten, was für eine Ironie, als man die Frau oder Witwe eines Generals 'Die Generalin' nannte. 'Wellen' ist eine Sommergeschichte, eine einzige Liebeserklärung an die Ostsee. Schauplatz ist ein Badeort, wo eine adlige Großfamilie die Ferien verbringt. Irritation und zugleich Faszination übt auf alle ein ungewöhnliches Paar aus: die wunderschöne Doralice, die ihren Mann, einen Diplomaten, verlassen hat, um hier mit ihrem Geliebten, einem Maler, zusammenzuleben. Empörung bei den Damen der Gesellschaft, Neugier bei ihren Ehemännern. Es sind die Kinder, die das Schema, das die Sünder von den Gerechten trennt, durcheinanderbringen. Schließlich besiegt der Charme dieser verbotenen Liebe auch die verhärtetsten Herzen.
Autorenporträt
Eduard von Keyserling (1855-1918) stammt aus altem baltischen Geschlecht, studierte Kunst und Jura und begann zugleich mit dem Schreiben. Als freier Schriftsteller lebte er zunächst in Wien, später in Italien und München, wo er zeitweise der Schwabinger Boheme angehörte. Durch eine Krankheit erblindet, vereinsamte Keyserling in den letzten Jahren seines Lebens zunehmend.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.10.2004

Band 30
Der letzte Sommer im Kurland
Eduard von Keyserlings Roman „Wellen”
Die paradoxe Wahrheit, dass ein schwaches Leben starke Literatur hervorbringen kann, ist von der erotisch-galanten Tradition entdeckt und ausgearbeitet worden. In einer Reihe von Büchern, die man dem Fin de Siècle, der Dekadenz, dem literarischen Impressionismus zugeordnet hat, ist dieses Paradox an der Wende zum zwanzigsten Jahrhundert zum Zentrum einer heute vergessenen literarischen Mode geworden. Mit den „Buddenbrooks” Thomas Manns, den Musil’schen „Verwirrungen des Zöglings Törless”, mit Baudelaire, Sacher-Masoch, Proust, Stifter, Tschechow und Poe steht das Dekadenzmotiv an der Wiege der literarischen Moderne, eine späte Erbschaft aus dem Hochmittelalter der Troubadours und Minnesänger.
Der baltische Adlige Eduard von Keyserling, geboren 1855 im Kurland, einer Gegend westlich der lettischen Hauptstadt Riga, war - wie bezeichnenderweise zahlreiche fiktionale Helden der „Dekadenzliteratur” - später Nachfahre einer großen und mächtigen Tradition. Die Baltendeutschen bildeten noch vor dem Zweiten Weltkrieg einen wichtigen Teil der Oberschicht vor allem Lettlands und Estlands. Sie waren übrig geblieben aus den Eroberungswellen der mittelalterlichen Ostkolonisation. Ihre beträchtlichen Energien jedoch hatten sie zu Beginn des letzten Jahrhunderts von Politik, Eroberung und Landesausbau schon auf das Gebiet der Kultur verlagert. Keyserlings Onkel Alexander war ein bedeutender Forschungsreisender, dessen Enkel Hermann ein zu seiner Zeit viel gelesener philosophischer Schriftsteller.
„Wellen”, ein Spätwerk Eduard von Keyserlings, erschien 1911 bei S. Fischer. 1998 erlebte eine Neuauflage, im „Literarischen Quartett” hymnisch besprochen, einen großen und überraschenden Erfolg. Dass die psychologische Delikatesse des Romans, sein familiärer Humor, die symbolistischen Landschaftsschilderungen, die poetische Stimmung von Verzicht und Resignation zeitgenössische Leser ansprechen, mag zusammenhängen mit der inzwischen fast überwältigenden Stellung Tschechows im Repertoire unserer Theater, mit dem Klassikerstatus der psychologisierenden Gesellschaftsdramen Botho Strauߑ, überhaupt mit einem Interesse für die Differenzierung und Seelenkultur gewöhnlicher bürgerlicher Individuen, wie es in komplizierten modernen Gesellschaften gedeiht. „Hilmar blieb zurück, Lolo hatte sich nach ihm umgeschaut, aber hatte nichts gesagt. Er wartete eine Weile, dann ging er ihnen langsam und sinnend nach. Unten im Wäldchen fand er die Birken voll bunter Papierlaternen, vielfarbig sich wiegende Lichter. Klaus reichte Sandwichs umher, trug eine Bowle auf und füllte die Gläser. Hilmar sah sich im Kreise um, ging gerade auf Doralice zu und setzte sich neben sie. Sein Gesicht hatte dabei einen düsteren, eigensinnigen Ausdruck.”
Vielleicht findet sich in der schwebenden Aufmerksamkeit, die Judith Hermann dem poetisch unentschiedenen Innenleben ihrer (wie die Keyserlings nie mit viel Bedeutendem beschäftigten) Figuren schenkt, die einleuchtendste zeitgenössische Parallele für die zaghaften, zugleich tiefen und konsequenzlosen Seelenregungen, Gesellschaftsmanöver, Tragödien und Resignationen jener Adelsgesellschaft, die ihr Vorkriegsleben schwach, flüchtig und poetisch in Keyserlings „Wellen” fristet. In ihrem Leben begibt sich nicht viel. Aber Keyserlings Beschreibung dessen, was sie dabei denken und fühlen, können wir seit 1911 nicht vergessen.
STEPHAN WACKWITZ
Eduard von Keyserling
Foto: dpa
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.10.1995

1911
Eduard von Keyserling "Wellen"

Als der große dänische Erzähler Hermann Bang dieses Buch gelesen hatte, kurz vor seinem Tod, fragte er in der "Neuen Rundschau" an, ob er etwas über Keyserling schreiben dürfe. Er durfte; und er schrieb, indem er Keyserling mit Turgenjew verglich, den er über alles liebte: "Beider Stil hat dieselbe Farbe . . . ihre Sprache hat denselben Rhythmus, das gleitende leise Singen eines Flusses, wenn es dämmert . . ." Ein ruhiges, schönes, unübertriebenes Bild, alle drei waren ziemliche Meister im Erfinden solcher Bilder. Eine junge Frau ist mit einem Maler weggelaufen, im Sommer landen sie an der Ostsee, in der Nähe der adligen Familien, aus denen die junge Frau stammt; ein junger Mann aus ihren alten Kreisen verliebt sich in sie, seine Welt, die alte, sei leer ohne sie, sagt er, und das stimmt. Der Maler, aus einer ganz anderen Welt (wenn er empfindet, rast oder malt er; die beiden Liebenden, oder was sie nun sind, rauchen eine Zigarette zusammen), fährt nachts bei Sturm auf die See und kommt nicht wieder. Das schließt alle Geschichten; ein alter Geheimrat, Zigarrenraucher, bleibt bei der jungen Frau am Strand, auch als die andern wieder abziehen auf ihre Güter, in ihre "Abendlichen Häuser" (ein anderes dieser kleinen Wunderwerke Keyserlings). So leben dann diese immer noch schönen und von fern so romantischen Frauen in Häusern an Stränden allein - Maupassant und der junge Proust haben sie da dann gefunden und mit Geschichten umsponnen, aber Keyserling wußte, wer sie wirklich einmal gewesen waren. Er stammte, 1855 geboren, aus dem kurländischen Adel, ist aber mit dem reisenden Philosophen Hermann weder identisch noch nennenswert verwandt. Seine ersten Romane schrieb er in den späten achtziger und frühen neunziger Jahren, nach der Jahrhundertwende dann jene, die Bang liebte. 1908 wurde er blind; er starb 1918. (Eduard von Keyserling: "Wellen". Mit einem Nachwort von Peter Härtling. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1982. 136 S., br., 7,80 DM.) R.V.

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Große Erwartungen hatte Rezensent Michael Maar nicht an diesen 1911 erschienenen Roman. Keyserling - ist das nicht so eine Art parfümierter Thomas Mann? Die Lektüre der "Wellen" belehrt ihn dann aber eines besseren, wie wir aus seiner mit vielen Ausrufezeichen garnierten Kritik erfahren. Keyserling erzählt die Geschichte einer verheirateten Adeligen, die mit einem Maler durchgebrannt ist und jetzt unter den Augen einer gehässigen Dienerin und der naserümpfenden feinen Gesellschaft mit diesem in einer Fischerhütte an der Ostsee lebt. Der Alltag der beiden scheint sich recht prosaisch zu gestalten. Maar ist hin und weg von der Einfühlungs- und Beschreibungskunst Keyserlings, der ihm hier eine ganze Welt eröffnet: von der guten Gesellschaft bis zu den einfachen Fischern. "Kapitaler Wurf!" und "besser als Fontane!" ruft er.

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"Was für ein kapitaler Wurf, was für ein Meisterwerk! Der Bursche ist ja besser als Fontane!" Michael Maar, DIE ZEIT
»Unter der Kultiviertheit, in der Keyserlings Figuren miteinander verkehren, lauern oft Elend und Barbarei. Dass man dies bemerkt und trotzdem die eleganten Perioden ihrer ambivalenten Sätze geniest, dies macht den Zauber dieser Geschichte aus.« Die Rheinpfalz 31.05.2008