23,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Versandfertig in 3-5 Tagen
payback
0 °P sammeln
  • Gebundenes Buch

6 Kundenbewertungen

Das Mädchen wird in Ostberlin geboren. Julia ist acht, als ihre Mutter sie und die Schwestern in den Westen, erst ins Notaufnahmelager Marienfelde und dann nach Schleswig-Holstein mitnimmt. In dem chaotischen Bauernhaus kann die Dreizehnjährige nicht länger bleiben und zieht aus, nach Westberlin. Neben der Sozialhilfe verdient die Schülerin Geld mit Putzen, sie lernt ihren Vater kennen und verliert ihn unmittelbar, macht ihr Abitur und begegnet Stephan, ihrer großen Liebe. Wenn sie sich erinnert, ist es Gegenwart.
»Welten auseinander« ist Julia Francks bewegende Erzählung einer
…mehr

Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
Das Mädchen wird in Ostberlin geboren. Julia ist acht, als ihre Mutter sie und die Schwestern in den Westen, erst ins Notaufnahmelager Marienfelde und dann nach Schleswig-Holstein mitnimmt. In dem chaotischen Bauernhaus kann die Dreizehnjährige nicht länger bleiben und zieht aus, nach Westberlin. Neben der Sozialhilfe verdient die Schülerin Geld mit Putzen, sie lernt ihren Vater kennen und verliert ihn unmittelbar, macht ihr Abitur und begegnet Stephan, ihrer großen Liebe. Wenn sie sich erinnert, ist es Gegenwart.

»Welten auseinander« ist Julia Francks bewegende Erzählung einer ungewöhnlichen Jugend voller Brüche und Unsicherheiten; ein schmerzhaft-schönes Buch der Selbstbehauptung, das von Scham und Trauer so genau erzählt wie von Tod und Liebe. Schreiben und Literatur erweisen sich als Instrumente des Bleibens, vorerst.
Autorenporträt
Julia Franck wurde 1970 in Berlin geboren. Sie studierte Altamerikanistik, Philosophie und Neuere Deutsche Literatur an der FU Berlin. 1997 erschien ihr Debüt ¿Der neue Koch¿, danach ¿Liebediener¿ (1999), ¿Bauchlandung. Geschichten zum Anfassen¿ (2000) und ¿Lagerfeuer¿ (2003). Sie verbrachte das Jahr 2005 in der Villa Massimo in Rom. Für ihren Roman ¿Die Mittagsfraü erhielt Julia Franck den Deutschen Buchpreis 2007. Der Roman wurde in 40 Sprachen übersetzt und fürs Kino verfilmt (2023, Regie: Barbara Albert). Nach ¿Rücken an Rücken¿ (2011) erschien zuletzt ¿Welten auseinander¿ (Platz 1 der SWR-Bestenliste). Für ihr Werk wurde sie 2022 mit dem Schiller-Gedächtnis-Preis ausgezeichnet. Literaturpreise: 1995 Siegerin beim Open Mike-Wettbewerb 1998 Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie der Künste 1999 Stipendium der Stiftung Niedersachsen 2000 3sat-Preis in Klagenfurt 2004 Marie Luise Kaschnitz Preis 2005 "Roswitha Preis" der Stadt Bad Gandersheim 2007 Deutscher Buchpreis 2010 war die englische Ausgabe der ¿Mittagsfraü auf der Shortlist des Independent Foreign Fiction Prize und auf der Shortlist des ¿Jewish Quaterly¿ sowie für den internationalen IMPAC nominiert. 2022 Schiller-Gedächtnis-Preis
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Wie sinnvoll es sein kann, ins "Bergwerk der eigenen Geschichte" zu steigen, lernt Rezensentin Verena Mayer mit Julia Francks autobiografischen Erzählungen. Stein für Stein hole Franck Brocken ans Licht, untersucht, bearbeitet und setzt sie zusammen, bis sie ein Gebilde ergeben, aus dem sich so etwas wie Geschichte ablesen lässt, eine Familiengeschichte, die jedoch immer wieder auch auf die große Geschichte verweist, so Mayer. Im neuen Roman widmet Franck sich nun der eigenen Vergangenheit - dem Aufwachsen zwischen Ost und West, ihrer Flucht aus der DDR, dem Leben mit einer egomanischen Mutter, lesen wir. Dieses autobiografische Erzählen, so Mayer, birgt jedoch einige Gefahren: Persönliche Kindheitserfahrungen zum Beispiel, als wie aufregend man sie auch empfunden haben mag, ergeben nicht zwangsläufig eine gute Geschichte für Erwachsene. Wenn man Mayer richtig versteht, umgeht die Autorin diese Gefahren jedoch durch Selbstreflexion und multiperspektivische Erzählweise. Einzelne Szenen aus ihrer Kindheit beschreibe sie in kristallklarer Sprache aus der Ich-Perspektive, über ihre Teenager-Zeit hingegen erzähle sie vorwiegend in personaler Erzählform und nicht ohne Ironie. So entsteht eine eindringliche, facettenreiche Geschichte, die nicht nur ein Leben zwischen Ost und West erzählt, sondern auch vom Erinnern selbst, so die angetane Rezensentin.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.10.2021

Schreiben ist das einzig Verlässliche

Familienaufstellung II: Julia Franck erzählt "Welten auseinander" von sich selbst und doch über das, worin wir alle verstrickt sind.

Von Melanie Mühl

Unsere Erinnerung ist trügerisch. Sie führt uns hinters Licht und legt Verklärungsschleier über die Vergangenheit. Sie täuscht uns, ein ums andere Mal. Zu gern tappen wir in ihre Falle. Doch was wären wir ohne sie? Nichts.

In Julia Francks neuem Buch "Welten auseinander", das kein Roman ist, sondern eine Art Familienbiographie und - das sei an dieser Stelle bereits gesagt - ein Ereignis, heißt es einmal: "Wir können nicht wählen, woran wir uns erinnern und was wir vergessen. Die Gnade des Vergessens erscheint mir, je älter ich werde, umso geheimnisvoller und göttlicher. Das Warten, die Zweifel, die Nachricht. Im Nichts. Vergessen als Tugend."

Der Ich-Erzählerin aber geht es ums Erinnern ohne Schonung, an ihr prekäres Aufwachsen in einer Künstlerfamilie, die dem Kind, der Jugendlichen und Erwachsenen alles an seelischer Kraft abverlangt. An eine Großmutter, die Blöcke aus Stein künstlerisch bearbeitet, Literatur und Theater liebt, nicht Großmutter sein möchte und keine Liebe zu verschenken hat. Darin ähnelt sie der um sich selbst kreisenden Mutter der Ich-Erzählerin: Anna. Die ist eine Frau, die ihre Kinder deren eigenem Schicksal überlässt, in Rage mit Gegenständen um sich wirft, sich beim Essen mit der Innenseite einer Avocadoschale das Gesicht einreibt, nackt durchs Haus läuft, die Sozialhilfe in Zigaretten investiert und bisweilen erst aufsteht, wenn ihre Töchter bereits aus der Schule nach Hause kommen, was die Ich-Erzählerin mit dem nüchternen Satz kommentiert: "Jeder hatte seinen Rhythmus."

Ende der Siebzigerjahre wird Annas Ausreiseantrag genehmigt, und sie verlässt die damalige DDR mit ihren vier Töchtern, die unterschiedliche Väter haben. Die erste Unterkunft ist für knapp neun Monate das Flüchtlingslager Berlin-Marienfelde, fünf Menschen auf wenigen Quadratmetern, bevor es weiter nach Schleswig-Holstein geht, wo die Heimatsuchenden in einem heruntergekommenen Bauernhaus in einem Dorf am Nord-Ostsee-Kanal eine Bleibe finden. Mitte dreißig ist Anna damals, eine Schauspielerin, auf die niemand im Westen gewartet hat. Die Ich-Erzählerin, die eine Zwillingsschwester hat, ist acht. Sie kommt sich falsch vor, überflüssig, würde am liebsten verschwinden. Nur wohin? Die Kinder im Dorf hänseln sie, fragen, ob die hexenähnliche Mutter eine Nutte sei und sie selbst eine Zigeunerin. Woher all der "Tüdelkram" komme, der im Haus rumfliege. Kinderworte, unschlagbar in ihrer Brutalität.

Von Seite zu Seite wartet, ja hofft man als Leser inständig, dass sich doch noch alles irgendwie zum Guten wendet, als ließe sich die Liebe in einer Familie oder einer anderen Beziehung einfach anknipsen. Doch die Liebe folgt "keiner Erwartung, keinem Zwang oder Entschluss".

Die Ich-Erzählerin beginnt mit dem Tagebuchschreiben, es ist Flucht und Rettung zugleich. Zu Papier bringen, was man ertragen muss, über das Sterben nachdenken, ohne es zu tun. "Die einzige verlässliche Beziehung, die ich in meiner Kindheit entwickelte, war die zu meinem Tagebuch."

Julia Franck hat 2019 dem Deutschen Literaturarchiv in Marbach ihr Archiv überlassen, mit Ende vierzig: Romanmanuskripte, Essays, Briefwechsel, Übersetzungen. Für Marbach war dieser Schritt der Berliner Schriftstellerin ein Grund zur Freude, für die Leserschaft nicht. Bedeutete diese Entscheidung nicht, dass Franck, die für ihren monatelang auf der Bestsellerliste stehenden, in vierzig Sprachen übersetzten Roman "Die Mittagsfrau" 2007 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde, sich vom Schreiben verabschiedete? Ihr letzter Roman war 2011 unter dem Titel "Rücken an Rücken" erschienen.

Dass sie dem Schreiben die Treue gehalten hat, ist ein großes Glück. Dass sie sich dieses Mal für eine stark autobiographisch geprägte Geschichte entschieden hat, eine Überraschung.

Die Qual eines dreizehnjährigen Kindes muss unvorstellbar sein, wenn es freiwillig seine Zwillingsschwester verlässt, die Mutter, das als Zuhause gedachte Haus. In Berlin ansässige Freunde der Familie, Steffi und Martin, erklären sich bereit, die Ich-Erzählerin aufzunehmen. Sie darf in einer Dachkammer wohnen, deren Tür sie am liebsten verschließt. Ab und zu wechselt Franck jetzt die Perspektive und ersetzt das Ich durch "das Mädchen". Einmal überlegt das Mädchen, "ob es den Mitschülerinnen jetzt endlich sagen soll, dass seine Urgroßmutter und Großmutter Jüdinnen sind, die Mütter seiner Mutter, so dass es selbst nach der Halacha ebenfalls Jüdin ist. Wenn auch nicht fromm. Und was heißt das dann? Das Mädchen kann nicht selbstverständlich sagen, ich bin Jüdin. Das Mädchen ist nichts. Es schweigt."

Vor allem aber kämpft es, putzt, hütet Kinder und Katzen, verdient Geld, wird älter, probiert Drogen. Die Ich-Erzählerin erobert neue Räume. Mit achtzehn lernt sie den aus bürgerlichem Hause kommenden Stephan kennen. Ihre Sehnsucht, nach den vielen Jahren des Chaos zur Ruhe zu kommen, ist groß. Und trotzdem: "Es geschah unwillkürlich und vielleicht ohne Grund und Ziel, weder weil Stephan es wollte noch ich selbst. Liebe ist ein ähnliches Wunder wie Seele und Leben." Es wird eine schöne, eine tragische Liebesgeschichte.

Das größte Kunststück, dass Julia Franck in "Welten auseinander" gelingt, ist der von Selbstmitleid und Bitterkeit vollkommen freie Ton der Ich-Erzählerin. Fast protokollarisch berichtet sie bisweilen von ihren Erlebnissen im Irrenhaus Familie. Sie ist ihr entwachsen und bleibt ihr doch auf ewig verbunden, wie jeder von uns mit seiner Vergangenheit auf eine Weise verstrickt ist, die sich manchmal nur erahnen lässt.

Julia Franck: "Welten auseinander".

Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2021.

369 S., geb. 23,- Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr
Bewegende Frauenporträts! Karin Waldner-Petutschnig Kleine Zeitung 20220305
Dieses Buch "hat sich die Wahrheit zur Pflicht und die Schönheit zur Kür gemacht", schreibt Rezensent Burkhard Müller - und es erstaunt ein wenig, dass seine Besprechung von Julia Francks neuem Roman schließlich doch in einer Hymne endet. Denn zunächst weist Müller auf einige, wie er findet, Schwächen des Romans hin: Wenn ihm Franck hier ihre eigene Kindheits- und Jugendgeschichte erzählt, begonnen beim Aufwachsen in prekären Verhältnissen im Ostberliner Künstlermilieu über die jugendliche Flucht nach Westberlin bis hin zum plötzlichen Tod ihres Jugendfreundes Stephan, spürt Müller die aufrichtigen Mühen der Autorin, weder "Opfergeschichte" noch abgestandene Insidergeschichte aus dem Berlin der Neunziger zu erzählen. Auch die Rührung über die eigene Person schimmert dem Rezensenten gelegentlich allzu sehr durch. Macht aber nichts, meint er dann, denn wenn Franck über die eigene Kindheit schreibt, in einem Mix aus kindlicher Erinnerung und Einordnung der Erwachsenen, stellt er fest: Ein Ton, so natürlich und lebhaft, ganz ohne Pathos und Ironie, sucht unter den gegenwärtigen deutschen Romanen seinesgleichen. Franck hat ihre "Form" gefunden, schließt er.

© Perlentaucher Medien GmbH