In den großen politischen und gesellschaftlichen Krisen- und Wendezeiten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts thematisiert Thomas Mann in seinem Werk immer wieder Grundfragen der menschlichen Existenz. Aus dem Exil kämpft er mit seinen Mitteln für das jüdisch-christliche Ethos als Widerstands- und Orientierungskraft gegen die Verrohung des Lebens durch Faschismus, Rassismus und Militarismus. Jenseits des bürgerlichen Christentums sucht er für seinen religiös fundierten Humanismus einen eigenen Zugang zur Rede von Gott. Was viele überraschen wird: Gnade ist ein Schlüsselwort seines Spätwerks - für ihn die 'souveränste Macht' im persönlichen Leben und in dem eines Volkes. Thomas Mann beschreibt den Verfall der Religion ebenso wie die unzerstörbare 'Idee des Christentums' und deren bleibendes Potential zur Sicherung freiheitlicher Demokratie. Karl-Josef Kuschel, Literaturwissenschaftler und Theologe, fügt die Suchbewegungen des Jahrhundertschriftstellers zu einem Gesamtbild und zeigt seine bleibend hohe Aktualität. 'Thomas Mann setzt sich ausdrücklich ab von der ¿dünn-rationalen und optimistisch allgemeinen Menschenliebe des 18. Jahrhunderts¿. Sein neuer Humanismus ist darin neu, dass er die Tiefenschichten der menschlichen Natur aufgenommen und verwandelt hat und so eine Versöhnung von Humanität und Religiosität erreicht.' Karl-Josef Kuschel
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