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»Peter Bender stellt künftigen Jahrzehnten die Frage, was es heißen wird, unter der Hegemonie 'einer' Macht zu leben.« (Ivan Nagel, Literaturen)
Politisch und strategisch waren Italien und Nordamerika Inseln, auf denen Römer und Amerikaner eine ungeheure Macht ansammelten. Innerhalb von 75 Jahren (264 - 190 v. Chr. und 1917 - 1991) wurden beide in Kriegen, in die sie teilweise ungewollt gerieten, zu den beherrschenden Mächten der Welt ihrer Zeit. Neben gewaltigen Unterschieden beobachtet der Autor erstaunliche Ähnlichkeiten. Sind die Amerikaner die Römer unserer Zeit? Peter Bender…mehr

Produktbeschreibung
»Peter Bender stellt künftigen Jahrzehnten die Frage, was es heißen wird, unter der Hegemonie 'einer' Macht zu leben.« (Ivan Nagel, Literaturen)

Politisch und strategisch waren Italien und Nordamerika Inseln, auf denen Römer und Amerikaner eine ungeheure Macht ansammelten. Innerhalb von 75 Jahren (264 - 190 v. Chr. und 1917 - 1991) wurden beide in Kriegen, in die sie teilweise ungewollt gerieten, zu den beherrschenden Mächten der Welt ihrer Zeit. Neben gewaltigen Unterschieden beobachtet der Autor erstaunliche Ähnlichkeiten. Sind die Amerikaner die Römer unserer Zeit? Peter Bender spekuliert nicht, sondern befragt die Geschichte vom Altertum bis ins Jahr 2003. Römer und Amerikaner wuchsen auf ihren »Inseln« Italien und Nordamerika zu militärischer oder wirtschaftlicher Macht, die sie stärker machte als alle anderen Staaten. Da die Meere sie nicht mehr zu schützen schienen, wurden sie expansiv in defensiver Absicht und fanden sich schließlich in Regionen und Positionen wieder, die sie nicht angestrebt hatten. Aus ihrer Sicherheitspolitik wurde Machtpolitik, die sie zu den einzigen Weltmächten ihrer Zeit werden ließ. Was dann weiter kam, liegt bei Rom zutage: Die aristokratische Republik verwandelte sich in ein monarchisch regiertes Imperium. Die USA diskutieren und müssen entscheiden: Wollen sie - wie Rom - ein Empire schaffen? Werden sie angesichts großer Herausforderungen die Demokratie gefährden? Werden wir Europäer zu Vasallen einer einzigen Macht? Ein grundlegendes, klug geschriebenes Buch zu einer Gefahr, die uns noch auf Jahre beschäftigen wird.
Autorenporträt
Dr. phil. Peter Bender wurde 1923 in Berlin geboren. Er ist seit 1954 Journalist. 1961 bis 1970 Redakteur und Kommentator beim WDR, 1970 bis 1988 dessen Berlin-Korrespondent. 1973 bis 1975 ARD-Korrespondent (Hörfunk) in Warschau. Seit 1963 Autor der ZEIT, seit 1966 des MERKUR. 1968/69 Senior Associate beim International Institute for Strategic Studies (IISS) in London.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.08.2003

Ungeheure Machtfülle
Gegen eine imperiale Politik der Vereinigten Staaten werden die inneren und äußeren Widerstandskräfte obsiegen

Peter Bender: Weltmacht Amerika - Das neue Rom. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2003, 295 Seiten, 19,50 [Euro].

Michael Mann: Die ohnmächtige Supermacht. Warum die Vereinigten Staaten die Welt nicht regieren können. Aus dem Englischen übersetzt von Thomas Atzert. Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2003. 357 Seiten, 24,90 [Euro].

Die aktuelle Amerika-Diskussion leidet unter einer Begriffsverwirrung, die leicht behoben werden könnte, wenn man die Arbeiten großer deutscher Gelehrter des zwanzigsten Jahrhunderts zur Kenntnis nähme. In seinem universalgeschichtlichen, auch heute noch gültigen Werk "Die Hegemonie - Ein Buch von führenden Staaten" (1938) hat der Staats- und Völkerrechtler Heinrich Triepel die wichtige Unterscheidung zwischen Führung/Hegemonie und Herrschaft/Imperium herausgearbeitet: nämlich einerseits "gebändigte Macht" und "bestimmender Einfluß" (akzeptiert von den geführten Staaten) und andererseits Zwangsgewalt mit Befehl und Gehorsam. Triepel hat gezeigt, daß die Übergänge fließend sind. Bezüglich der römischen Hegemonie kommt seine Analyse zu dem Schluß, daß Rom "nach anfänglichem Zögern energisch den Weg zur Herrschaft eingeschlagen hat" und dieser Weg "mit hegemonischen Steinen gepflastert" war. Von der Hegemonie zum Imperium!

Haben sich die Vereinigten Staaten unter Präsident Bush jun. auf diesen imperialen Weg Roms begeben? Sind sie das neue Rom, oder werden sie es Schritt für Schritt werden? Diese Frage wird in den Vereinigten Staaten unbefangen diskutiert, während sie hierzulande als politisch unkorrekt empfunden wird, abgesehen von begeisterten Atlantikern, die für ein Imperium Americanum plädieren und sich und Europa gerne einfügen möchten. Eine systematische, historisch fundierte Analogieanalyse, die bisher fehlte, liegt nunmehr vor. Der politische Journalist und promovierte Althistoriker Peter Bender, der durch sachkundige Studien über die neue Ostpolitik und über den ideologischen Niedergang des Kommunismus einem breiten Publikum bekannt geworden ist, hat sich jetzt gewissermaßen seiner Jugendliebe erinnert und sie für die Gegenwartsanalyse fruchtbar werden lassen. Ihm ist ein wahrlich großer Wurf gelungen!

In fünf sinnvoll gegliederten Kapiteln werden die historischen Etappen des Aufstiegs zur Weltmacht der beiden Staaten jeweils nacheinander in zupackender, streckenweise brillanter Weise geschildert. Bender fragt nach den Unterschieden und nach den Ähnlichkeiten, und seine Antworten sind differenziert, so daß eine vereinfachende Wiedergabe inadäquat wäre. Aus der Fülle der Ein- und Ansichten, die zu weiterer Diskussion anregen, seien nur einige Aspekte erwähnt.

In der Anfangsphase lag die "wichtigste Parallele" in der ungeheuren Macht, die Römer und Amerikaner auf ihrer Insel entwickelten, jeweils mit weltgeschichtlichen Folgen". Mit dem Ausgreifen nach Übersee - Erster Punischer Krieg und Erster Weltkrieg - begaben sich Rom und Washington auf "Parallelstraßen" der Welteroberung. So unvergleichbar dann der Zweite Punische Krieg und der Zweite Weltkrieg auch in vielerlei Hinsicht waren, sie waren in ihrem Ergebnis durchaus ähnlich: "Sie bildeten für Römer und Amerikaner die entscheidende Station auf dem Wege zur Weltmacht."

Die Sicherung der Gegenküste wurde für beide die außenpolitische Handlungsmaxime. Freilich kann man einwenden, daß dies für die Vereinigten Staaten schon seit dem Ersten Weltkrieg der Fall war und daß die aus der Literatur unkritisch übernommene Isolationismusthese die Kontinuitätslinie verdeckt. Hatte doch der republikanische Präsident Coolidge schon in den zwanziger Jahren die Handlungsmaxime formuliert, "to use our enormous power to trim the balance of the world", und die Vereinigten Staaten hatten nachweisbar entsprechend gehandelt. Aber natürlich bedeutete - wie Bender dartut - die Herausforderung durch die Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg eine qualitative Veränderung der amerikanischen Sicherheitssituation. Dadurch wurden die bisherigen Unterschiede zur hegemonialen Politik Roms eingeebnet: Der amerikanische Sicherheitsbegriff, der stark ökonomisch geprägt war, glich sich nun dem römischen an.

Bezweifeln kann man allerdings hier wie dort die Einschätzung Benders, die Gefahren, gegen die sich Rom und Washington verteidigten, seien "größtenteils" nur eingebildet gewesen, und aus Sicherheitspolitik sei Machtpolitik geworden. Bender relativiert diese Aussage später selbst, indem er feststellt, daß Wahrung der Macht "gleich nach Wahrung der Sicherheit und meist gleichbedeutend mit ihr" wurde. Ausgehend von der Interpretation, daß der Schock des 11. Septembers die Vereinigten Staaten "in die Nähe" der imperialen Politik Roms getrieben habe, erläutert Bender am Schluß des Buches seine These, daß Amerika bisher nur die erste Stufe der Weltmacht (das heißt die hegemoniale) erreicht habe, aber die zweite Stufe (das heißt die imperiale), auf der schließlich Rom stand, für Amerika unerreichbar sei: "Es kann nicht alle zwingen zu tun, was es will. Ein Imperium wie das römische können die Vereinigten Staaten nicht schaffen, die Pax Americana hat nicht Aussicht auf jahrhundertelangen Bestand wie die Pax Romana." Neben innenpolitischen Faktoren ist das Verhältnis zu Europa und dessen Rolle für diese Prognose zentral.

Daß die Vereinigten Staaten mit dem Versuch, zum Empire zu werden, scheitern werden, ist - wie der Untertitel zutreffend andeutet - auch die Hauptthese des Buches des britisch-amerikanischen Soziologen Michael Mann. Aber während Bender zweifelt, ob Amerika überhaupt ein Empire wolle, gilt für Mann als ausgemacht, daß zumindest die gegenwärtige Regierung "für einen neuen Imperialismus" stehe und eine "umfassende Strategie für ein globales amerikanisches Empire" verfolge. Im Unterschied zu der großen Sachlichkeit Benders ist Mann ein großer Polemiker. Für ihn ist Bush jun. der "geborene Imperialist"; seine Mitstreiter werden als "Falken aus der Etappe" oder "neokonservative christliche Etappenfalken" tituliert. Er will zeigen, daß das American Empire in Wirklichkeit "militärischer Riese, ökonomischer Trittbrettfahrer, politisch Schizophrener und ideologisches Phantom" ist - "ein gestörtes und mißgestaltetes Monster". Der neue Imperialismus der Vereinigten Staaten sei im Kern ein "neuer Militarismus". Aber die militärische Macht, die zudem von den Imperialisten permanent überschätzt werde, reiche für die Organisation eines Imperiums nicht aus. In diesem Sinne spricht Mann von einem "Incoherent Empire" - dies ist der englische Originaltitel, dessen Sinngehalt durch den deutschen Titel verdunkelt wird.

Nach vier kurzen Kapiteln zur Erläuterung der genannten Eigenschaften des "Monsters" entfaltet Mann seine Thesen in vier empirischen Hauptkapiteln: Krieg in Afghanistan, Krieg gegen den (islamischen) Terrorismus, Krieg gegen Schurkenstaaten und Angriff auf den Irak. Viele Fakten und Informationen aus einem weitverstreuten Quellenmaterial werden hier zusammengestellt und dem Leser zugänglich gemacht, aber eben auch im Sinne der Hauptthese des Autors interpretiert. Die Polemik mag manch einen stören oder skeptisch stimmen. Hervorzuheben ist jedoch, daß eine der Argumentationslinien zu überzeugen vermag und darüber hinaus zweifellos einen wichtigen Aspekt der gegenwärtigen Debatte trifft, nämlich die Bedeutung der Akzeptanz der amerikanischen Politik beziehungsweise deren Nichtakzeptanz: "Zur Hegemonie gehört das multilaterale Einverständnis mit den Spielregeln, und dieses Einverständnis war für die Vereinigten Staaten von großem Vorteil. Wird es aufgekündigt, so geht kurze Zeit später die Sonne über dem amerikanischen Empire unter, schneller, als sie es beim britischen tat, viel schneller als beim römischen Imperium."

So unterschiedlich die beiden hier vorgestellten Bücher auch sind, so ist ihnen doch die Einschätzung gemeinsam, daß die inneren und äußeren Widerstandskräfte gegen eine imperiale Politik der Vereinigten Staaten obsiegen werden. Peter Bender setzt für die Zukunft optimistisch auf das gemeinsame Interesse Amerikas und Europas an der gemeinsamen Wahrung der "Zivilisation des Abendlandes", Michael Mann auf den demokratischen Prozeß in den Vereinigten Staaten: "Jagen wir die neuen Militaristen" im November 2004 "aus dem Amt". Man wird sehen, ob dies oder jenes oder gar beides eintreffen wird.

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