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Die USA stehen vor massiven Problemen. Die markigen Worte des Präsidenten um die Verbreitung der Demokratie und die Bekämpfung der "Achse des Bösen" täuschen nur noch Stärke vor. Die dramatische Wirklichkeit, so Emmanuel Todd: Die Welt braucht die frühere Supermacht längst nicht mehr in dem Maße, in dem Amerika heute von der restlichen Welt abhängig ist.
Die Zeit der imperialen Herrschaft Amerikas ist vorbei. Die Welt ist zu groß, zu vielgestaltig, zu dynamisch, sie nimmt die Vorherrschaft einer einzigen Macht nicht mehr hin. Und die USA haben nicht mehr das Ziel, die Demokratie zu
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Produktbeschreibung
Die USA stehen vor massiven Problemen. Die markigen Worte des Präsidenten um die Verbreitung der Demokratie und die Bekämpfung der "Achse des Bösen" täuschen nur noch Stärke vor. Die dramatische Wirklichkeit, so Emmanuel Todd: Die Welt braucht die frühere Supermacht längst nicht mehr in dem Maße, in dem Amerika heute von der restlichen Welt abhängig ist.

Die Zeit der imperialen Herrschaft Amerikas ist vorbei. Die Welt ist zu groß, zu vielgestaltig, zu dynamisch, sie nimmt die Vorherrschaft einer einzigen Macht nicht mehr hin. Und die USA haben nicht mehr das Ziel, die Demokratie zu verbreiten, obwohl Präsident George W. Bush nicht müde wird, ebendies zu behaupten. In Wirklichkeit geht es darum, die politische Kontrolle über die weltweiten Ressourcen zu sichern. Denn die USA sind mittlerweile vom "Rest der Welt" viel abhängiger als umgekehrt. Amerika versucht seinen Niedergang zu kaschieren durch einen theatralischen militärischen Aktionismus, der sich gegen relativ unbedeutende Staaten richtet. Der Kampf gegen den Terrorismus, gegen den Irak und die "Achse des Bösen" ist nur ein Vorwand. Die wichtigsten strategischen Akteure sind heute Europa und Russland, Japan und China. Amerika hat nicht mehr die Kraft, sie zu kontrollieren, und wird noch den letzten verbliebenen Teil seiner Weltherrschaft verlieren. In Zukunft wird Amerika eine Macht neben anderen sein.

Autorenporträt
Emmanuel Todd, geboren 1951, promovierte in Cambridge in Geschichte. Er arbeitet am Institut National d'Etudes Démographiques. Bereits 1976 sagte er in einem Buch Zusammenbruch der Sowjetunion voraus.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.02.2003

Nachruf auf eine untergehende Welt
Sind die USA auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit, weil sie ihre Rolle als Supermacht ausgespielt haben?
EMMANUEL TODD: Weltmacht USA. Ein Nachruf, Piper, München 2003. 288 Seiten, 13 Euro.
Der Februar 2003 ist ein sehr günstiger Zeitpunkt, um Emanuel Todds Buch über den Niedergang der Weltmacht USA in Deutschland zu publizieren – schließlich leben hierzulande eine Menge Menschen, die derzeit eine große Wut auf den überheblichen großen Bruder jenseits des Atlantiks haben. Überdies wirken Todds Ausgangsthesen auf den ersten Blick so originell, dass sie im Angesicht eines drohenden Irakkrieges ermutigend sein mögen.
Todds Buch, das in Frankreich monatelang auf der Bestsellerliste stand, basiert nämlich auf der Feststellung, dass die USA schon längst keine Weltmacht mehr sind und weit mehr von der restlichen Welt abhängig sind als diese von ihr. Die Welt, so Todd, nehme die Vorherrschaft einer einzigen Macht nicht mehr hin. Russland, Japan und Europa seien vielmehr jene strategischen Akteure, die ökonomisch, militärisch und ideologisch zu Weltmächten avancieren könnten.
Zerfall des Imperiums
Die Gegenwart sieht anders aus. Die Drohkulisse, welche die USA zur Vorbereitung des Krieges aufbauen, die Unterwerfung der meisten UN- Mitglieder unter die Vorgaben der Amerikaner sowie das Desaster bei der Suche nach einer gemeinsamen Position in der EU sind vielmehr Indizien dafür, dass Todd falsch liegt. Nur eine Supermacht kann sich die Welt gefügig machen; und derzeit sieht es ganz so aus, als würde die amerikanische Administration der Welt auch diesmal ihren Willen aufzwingen.
Allerdings passen diese Zweifel durchaus in Todds Kalkül: Er spricht von einem „theatralischen Militarismus” der USA und davon, dass diese sich vor allem schwache Gegner wie den Irak oder Nordkorea suchten, um sich den Anschein der Stärke zu geben. Mit dem Zerfall von Imperien hat Todd Erfahrung: Mitte der 70er Jahre war er der erste westliche Intellektuelle, der den Untergang der UdSSR vorhersagte. Er tat dies mittels einer Reihe anthropologischer und demographischer Indikatoren, die er auch für sein neues Werk heranzieht.
Es mag also sein, dass sich auch „Weltmacht USA – ein Nachruf” in zwanzig Jahren als seherisches Werk erweist und phantasielose Kritiker der Jahrtausendwende der Ignoranz überführt werden, wer weiß. Aus heutiger Sicht liest sich sein Buch wie eine tour d-horizon durch die Welt, bei welcher der Autor Beobachtungen, Statistiken und Grundsätzliches auf bisweilen kuriose Weise zu einer Theorie zusammenzimmert.
Todds Buch lebt von einigen aufsehenerregenden Thesen und vielen klugen Fragen. Er beklagt, dass der Kampf gegen den Terrorismus einen permanenten Kriegszustand institutionalisiere und das Bild einer sympathischen, vernünftigen Supermacht dem Bild eines narzistischen, unberechenbaren Staates weiche. Warum, fragt Todd, verhält sich die Supermacht so „hektisch und destabilisierend”? Seine Antwort: „Weil sie merkt, dass ihr die Herrschaft über die Welt zu entgleiten droht.”
Zurückgeführt wird das bei Todd auf zwei Faktoren: Amerika produziert weit weniger als es konsumiert, die Handelsbilanz ist dementsprechend defizitär, der Schuldenberg wächst. Amerika ist also wirtschaftlich abhängig. Überdies ist Amerika politisch überflüssig, denn seine Versuche, die Welt zu demokratisieren und zu befrieden, sind obsolet. Die Welt demokratisiert sich selbst.
Dazu bedarf es einer weiteren Alphabetisierung der Menschheit, die allerdings schon im Gange ist, und eines Siegeszuges der Geburtenkontrolle. Am Bildungsgrad, den Geburtenzahlen und der Sterblichkeitsrate liest Todd den Entwicklungsstand eines Landes ab und schließt daraus: „Wenn Menschen herausgerissen werden aus ihren Traditionen, erzeugt das fast genauso viel Orientierungslosigkeit und Leiden wie Hoffnung und Bereicherung.” Oft gehe dieser kulturelle Aufbruch mit einer Krise einher, sie werde von eruptiver Gewalt begleitet. Interventionen sind nach Todd aber überflüssig: Die islamische Welt beispielsweise „wird ihre Übergangskrise ohne Eingriffe von außen überwinden und wieder zur Ruhe kommen”.
Wenn Todd allerdings beginnt, seine Thesen zu belegen, dann versteigt er sich bisweilen zu einer Art Mentalitäts-Soziologie, die schwer verdaulich ist. So erklärt er die Tatsache, dass die Geburtenraten in den „drei alten liberalen Demokratien USA, Frankreich und England” höher liegen als etwa in Italien oder Deutschland damit,dass sich in Ländern mit einer autoritären Vergangenheit eine eher passive Haltung zum Leben erhalten habe; eine aktive Entscheidung für die Fruchtbarkeit „scheint den Menschen in diesen Ländern schwerer zu fallen”. So unbelegt wie bizarr ist auch die Feststellung, die Zentralverwaltungswirtschaft und der KGB hätten in Russland die „traditionell totalitäre Rolle der ländlichen Familie” übernommen. Als Autor eines Buches über die Sowjetunion sollte Todd mehr über die Sozialstrukturen des russischen Dorfes wissen.
Der französische Anthropologe hatte vor einiger Zeit ein Buch über den Umgang mit Zuwanderern in unterschiedlichen Kulturen vorgelegt. Darin argumentierte er, dass Länder mit egalitären Familienstrukturen, in denen alle Söhne eines Vaters gleichwertig seien, Menschen jeglicher Herkunft als gleichwertig ansähen. Kulturen mit autoritären Familienstrukturen, in denen der Besitz vom Vater immer auf den Erstgeborenen übergehe, tendierten hingegen dazu, Fremde auszugrenzen.
Auf der Basis dieser These von den „anthropologischen Codes” schließt Todd auch in seinem neuen Werk, dass Völker mit einer universalistischen Weltsicht eine Stärke erreichten, die weit über ihre militärische Schlagkraft hinausgehe. Auch in seinem Nachruf auf die Weltmacht USA sucht Todd nach historischen Analogien für die Entwicklung imperialer Mächte. Ein gutes Beispiel sieht Todd wiederum im einstigen Sowjetreich, das Stärke aus der Bereitschaft zur Gleichbehandlung aller Völker gezogen habe, was wiederum ein Charakterzug des russischen Volkes sei. Ergo ist der Wiederaufstieg der russischen Nation zu imperialer Größe nach Todd nur eine Frage der Zeit; sobald die Wirtschaftsprobleme gelöst sind und die Kriminalität eingedämmt ist, wird sich das nach innen stabile und nach außen zuverlässige Russland zum ebenbürtigen Gegner der Möchtegern-Supermacht USA aufbauen.
Argumentationen wie diese sind schwer zu kontern – es sei denn, man ließe sich auf das Niveau herab, auf den traditionellen Chauvinismus der Russen hinzuweisen. Oder man erlaubte sich die Frage, ob Todds These vom individualistischen Briten, der auch als Kolonialist den Blick immer zuerst auf den Menschen und dann erst auf die Rasse gerichtet habe, nicht doch historisch ein wenig zu kurz gesprungen ist.
Von dieser zweifelhaften Qualität sind weite Strecken des Buches, und dann überrascht der Autor doch wieder mit nachgerade weisen Erkenntnissen: „So funktionieren alle Weltreiche: Sie müssen uns durch ihren Universalismus in Worten und Taten davon überzeugen, dass der Satz gilt, wir sind alle Amerikaner.” Aber tatsächlich sei es ganz anders, schreibt Emmanuel Todd: „Wir werden nicht mehr als Amerikaner behandelt, sondern als Untertanen zweiter Klasse.” Wegen Sätzen wie diesem wird sich das Buch sicher gut verkaufen. CATHRIN KAHLWEIT
Die US-Streitkräfte haben Erfahrung mit Kriegen gegen den Irak: 1998 flogen Kampfflugzeuge im Rahmen der Operation „Desert Fox” Angriffe auf irakische Ziele.
ddp
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