Waschbär will ans Meer. Dafür leiht er sich bei Dachs ein Boot aus. Aber weil man solch eine Reise niemals allein machen sollte, kommt Dachs gerne mit. Unterwegs gabeln sie Fuchs auf, der die Eier fürs Omelett einpackt, Bär und Krähe. Sie tosen durch Stromschnellen, sammeln Steinpilze, süße Brombeeren, verjagen die Bienen und genießen einen wunderbar faulen Tag - bis das Heimweh sie packt. Waechter erzählt leise und mit federleichtem Strich davon, dass man gar nicht so weit weg muss, um eine fantastische Weltreise zu erleben.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.01.2024Anfeuernde Eichhörnchen
In seinem jüngsten Buch erzählt Philip Waechter von Freunden, die sich auf Weltreise begeben - und dabei lernen, dass die weite Welt ganz nahe liegt.
Eine Weltreise soll es sein, denn Waschbär möchte etwas erleben. Angeregt durch die Lektüre eines guten Buches, fährt er plötzlich von seinem Liegestuhl auf und beschließt: "Abenteuer, Aufregung, Nervenkitzel und das Meer überqueren!" Deswegen eine Weltreise, drunter macht er es nicht.
Drunter geht es auch nicht, weil die Weltreise die Fallhöhe bildet, die Philip Waechter in seinem jüngsten Bilderbuch braucht, um die zweite Geschichte um seine fünf Freunde Waschbär, Dachs, Fuchs, Bär und Krähe zu erzählen. Die erste Geschichte hieß "Ein Tag mit Freunden", erschien vor gut zwei Jahren und sah den fünf Tierfreunden dabei zu, wie sie sich einen Tag lang treiben ließen, wobei viele Dinge auf ganz unaufgeregte Weise anders liefen als gedacht. Dieses Prinzip des "Anders, als man denkt" liegt auch dem jüngsten Buch zugrunde, dessen Aufbau phasenweise an Janoschs Klassiker "Oh, wie schön ist Panama" erinnert. Bei beiden, Waechter wie Janosch, machen sich die Freunde mit einem Boot zwar auf den Weg ans andere Ende beziehungsweise um die Welt, landen aber ziemlich schnell wieder dort, wo sie hergekommen sind. Beiden Freundesgruppen bietet der Aufbruch die Gelegenheit, Orte genauer zu betrachten, die sie bislang übersehen haben, obwohl oder weil sie in der Nähe liegen.
Ein Unterschied liegt darin, dass das Geschehen bei Philip Waechter noch zufälliger wirkt als bei Janosch. Die Freunde suchen nicht den einen Ort in der Ferne, an dem alles so schön sein soll. Sie brechen ohne Ziel und ohne einen anderen Plan auf als den, ein Abenteuer zu erleben, was dazu führt, dass sie für alles offen sind und sich von nichts enttäuschen lassen. Was jeder Einzelne beiträgt, ist überschaubar und ausreichend zugleich: Waschbär liefert die Idee, Dachs stellt das Boot zur Verfügung, Fuchs denkt an Proviant, Bär bietet Schutz vor Feuerquallen sowie Seeungeheuern und Krähe möchte den Überblick behalten. Und wie sie aufbrechen, so reisen sie auch: "Waschbär lenkt, Dachs erzählt Geschichten, Fuchs passt auf, dass die Eier nicht kaputt gehen, Bär denkt mal wieder nur ans Angeln und Krähe behält den Überblick."
Die liebevolle Lakonie, die sich durch dieses Buch (wie durch viele andere Bücher von Philip Waechter) zieht, ist oft als Leichtigkeit beschrieben worden, und es stimmt, dass sie eine besondere Stimmung evoziert, ein Wohlgefühl in der Welt, wie sie ist. Sie beruht auf dem tiefen Zutrauen in die (Aussage-)Kraft von Details, die Waechter, der auch Bücher anderer Autoren illustriert, in seinen Texten ebenso wie in den Bildern offenbart.
Oft erzählen seine Bilder mehr als der Text. Ob sie eine Seite füllen oder sich aus Vignetten zusammensetzen - immer wieder zeichnet Waechter Szenen, die nach der Art von Wimmelbüchern kleine Geschichten eigenen Rechts andeuten, oder Bildsequenzen, die wie Comics das Geschehen wortlos weiterdrehen. So wie in den vier kleinen Bildern am Anfang der Reise, die Waschbär zeigen, der fröhlich das Paddel trägt, während Dachs das Boot auf dem Rücken langsam schwer wird - also machen sie eine Pause, heben das Boot auf ihren Köpfe und tragen es zusammen.
Auf einem Panoramabild, das zwei Seiten füllt und den Platz am Ufer präsentiert, an dem die fünf Freunde an Land gehen, Holz sammeln, Pilze suchen, Kräuter holen und ein Steinpilz-Omelett braten, zeichnet Waechter am Rande des Geschehens zwei Eichhörnchen. Sie sitzen da und feuern die Freunde beim Fußballspielen an. In der nächsten Szene sehen sie ihnen beim Baden zu. Als es zu regnen beginnt, sitzen sie mit ihnen unter einem Baum. Sie helfen den anderen, Bär zu trösten, der sein Kuscheltier vermisst, ohne das er nicht schlafen kann. Und als sie schließlich die Paddel ins Wasser tragen, sind sie heimlich, still und leise längst ein Teil des Freunde-Quintetts geworden, von dem wir wetten wollen, dass wir ihm im nächsten Band wiederbegegnen.
Zu begrüßen wäre das. Denn die Gelassenheit, die Philip Waechter seinen Tieren mitgibt, die Selbstverständlichkeit, mit der er ihren gescheiterten Weltreisenplan in ein unvergessliches Erlebnis verwandelt, ist unaufdringlich und herzerwärmend. Und als Herangehensweise an Ausflüge aller Art sehr zu empfehlen. LENA BOPP
Philip Waechter: "Weltreise mit Freunden".
Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim 2023. 26 S., geb., 15,- Euro. Ab 5 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In seinem jüngsten Buch erzählt Philip Waechter von Freunden, die sich auf Weltreise begeben - und dabei lernen, dass die weite Welt ganz nahe liegt.
Eine Weltreise soll es sein, denn Waschbär möchte etwas erleben. Angeregt durch die Lektüre eines guten Buches, fährt er plötzlich von seinem Liegestuhl auf und beschließt: "Abenteuer, Aufregung, Nervenkitzel und das Meer überqueren!" Deswegen eine Weltreise, drunter macht er es nicht.
Drunter geht es auch nicht, weil die Weltreise die Fallhöhe bildet, die Philip Waechter in seinem jüngsten Bilderbuch braucht, um die zweite Geschichte um seine fünf Freunde Waschbär, Dachs, Fuchs, Bär und Krähe zu erzählen. Die erste Geschichte hieß "Ein Tag mit Freunden", erschien vor gut zwei Jahren und sah den fünf Tierfreunden dabei zu, wie sie sich einen Tag lang treiben ließen, wobei viele Dinge auf ganz unaufgeregte Weise anders liefen als gedacht. Dieses Prinzip des "Anders, als man denkt" liegt auch dem jüngsten Buch zugrunde, dessen Aufbau phasenweise an Janoschs Klassiker "Oh, wie schön ist Panama" erinnert. Bei beiden, Waechter wie Janosch, machen sich die Freunde mit einem Boot zwar auf den Weg ans andere Ende beziehungsweise um die Welt, landen aber ziemlich schnell wieder dort, wo sie hergekommen sind. Beiden Freundesgruppen bietet der Aufbruch die Gelegenheit, Orte genauer zu betrachten, die sie bislang übersehen haben, obwohl oder weil sie in der Nähe liegen.
Ein Unterschied liegt darin, dass das Geschehen bei Philip Waechter noch zufälliger wirkt als bei Janosch. Die Freunde suchen nicht den einen Ort in der Ferne, an dem alles so schön sein soll. Sie brechen ohne Ziel und ohne einen anderen Plan auf als den, ein Abenteuer zu erleben, was dazu führt, dass sie für alles offen sind und sich von nichts enttäuschen lassen. Was jeder Einzelne beiträgt, ist überschaubar und ausreichend zugleich: Waschbär liefert die Idee, Dachs stellt das Boot zur Verfügung, Fuchs denkt an Proviant, Bär bietet Schutz vor Feuerquallen sowie Seeungeheuern und Krähe möchte den Überblick behalten. Und wie sie aufbrechen, so reisen sie auch: "Waschbär lenkt, Dachs erzählt Geschichten, Fuchs passt auf, dass die Eier nicht kaputt gehen, Bär denkt mal wieder nur ans Angeln und Krähe behält den Überblick."
Die liebevolle Lakonie, die sich durch dieses Buch (wie durch viele andere Bücher von Philip Waechter) zieht, ist oft als Leichtigkeit beschrieben worden, und es stimmt, dass sie eine besondere Stimmung evoziert, ein Wohlgefühl in der Welt, wie sie ist. Sie beruht auf dem tiefen Zutrauen in die (Aussage-)Kraft von Details, die Waechter, der auch Bücher anderer Autoren illustriert, in seinen Texten ebenso wie in den Bildern offenbart.
Oft erzählen seine Bilder mehr als der Text. Ob sie eine Seite füllen oder sich aus Vignetten zusammensetzen - immer wieder zeichnet Waechter Szenen, die nach der Art von Wimmelbüchern kleine Geschichten eigenen Rechts andeuten, oder Bildsequenzen, die wie Comics das Geschehen wortlos weiterdrehen. So wie in den vier kleinen Bildern am Anfang der Reise, die Waschbär zeigen, der fröhlich das Paddel trägt, während Dachs das Boot auf dem Rücken langsam schwer wird - also machen sie eine Pause, heben das Boot auf ihren Köpfe und tragen es zusammen.
Auf einem Panoramabild, das zwei Seiten füllt und den Platz am Ufer präsentiert, an dem die fünf Freunde an Land gehen, Holz sammeln, Pilze suchen, Kräuter holen und ein Steinpilz-Omelett braten, zeichnet Waechter am Rande des Geschehens zwei Eichhörnchen. Sie sitzen da und feuern die Freunde beim Fußballspielen an. In der nächsten Szene sehen sie ihnen beim Baden zu. Als es zu regnen beginnt, sitzen sie mit ihnen unter einem Baum. Sie helfen den anderen, Bär zu trösten, der sein Kuscheltier vermisst, ohne das er nicht schlafen kann. Und als sie schließlich die Paddel ins Wasser tragen, sind sie heimlich, still und leise längst ein Teil des Freunde-Quintetts geworden, von dem wir wetten wollen, dass wir ihm im nächsten Band wiederbegegnen.
Zu begrüßen wäre das. Denn die Gelassenheit, die Philip Waechter seinen Tieren mitgibt, die Selbstverständlichkeit, mit der er ihren gescheiterten Weltreisenplan in ein unvergessliches Erlebnis verwandelt, ist unaufdringlich und herzerwärmend. Und als Herangehensweise an Ausflüge aller Art sehr zu empfehlen. LENA BOPP
Philip Waechter: "Weltreise mit Freunden".
Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim 2023. 26 S., geb., 15,- Euro. Ab 5 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Philip Waechter kennt Rezensentin Lena Bopp als unaufgeregten und wohltuenden Erzähler, das ändert sich auch mit seinem neuen Buch nicht: Als Fortsetzung einer Geschichte um fünf befreundete Tiere, Waschbär, Dachs, Fuchs, Bär und Krähe, wollen die Freunde eine Weltreise unternehmen. Mit offenem Ziel brechen sie auf, berichtet Bopp, dabei hat jeder seine eigene Aufgabe von Verpflegung bis Schutz vor Ungeheuern. Das gestaltet Waechter mit detailreichen, aussagekräftigen Bildern, die am Rande oftmals schon eine neue Geschichte andeuten - auf diese neuen Abenteuer der Fünf ist die Kritikerin schon gespannt, wie sie zufrieden schließt.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
»Philip Waechters neues Kinderbuch erzählt von der Freiheit, zu tun und zu lassen, worauf man Lust hat, vom Mut, etwas Neues zu wagen, von der Leichtigkeit des Sommers, vom Spielen, von der Freundschaft.« Alexander Jürgs, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.8.2023 »Wieder einmal erzählt Philip Waechter mit federleichten Strich und liebevoll augenzwinkerndem Humor eine bedrückend schöne Geschichte über allerbeste Freunde und ihre gemeinsamen Erlebnisse.« BÜCHER Magazin, August/September 2023 »Kai Schüttler setzt die turbulente Geschichte von Jörg Isermeyer in seinen Bildern wunderbar um - man meint förmlich, Teil des fröhlichen Geplappers zu sein. Tolles Vorlesebuch für gute Laune.« Welt des Kindes, 4/2024