Sie kämpfen auf der richtigen Seite, für die spanische Republik und gegen das faschistische Regime Francos, und doch beherrschen Korruption, Grausamkeit und Verrat ihr Handeln. Der Amerikaner Robert Jordan, der die Partisanen unterstützt, weiß, dass sie nur Akteure in einem Stellvertreterkrieg sind. Hemingways großes Epos über den Spanischen Bürgerkrieg erzählt zutiefst verstörend von den Abgründen des Krieges.
Mit einem ausführlichen Nachwort.
Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK.
Mit einem ausführlichen Nachwort.
Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.01.2023„Ich unaussprechlich auf die Milch eurer Väter“
Werner Schmitz hat Hemingways Kriegsroman „Wem die Stunde schlägt“ neu übersetzt. Und lässt die Schimpfwörter einfach weg
Der Krieg sei „das beste Sujet von allen“, schrieb Ernest Hemingway Mitte der Zwanziger an F. Scott Fitzgerald. Dabei war er schon damals kein Greenhorn mehr. Als 18-Jähriger war er nach nur sechs Tagen Kriegseinsatz an der italienischen Front schwer verwundet worden. Und hatte sich prompt in die Krankenschwester Agnes von Kurowsky verliebt, die den 1899 geborenen Amerikaner allerdings für zu jung hielt, um sich auf ihn einzulassen. Davon erzählte er 1929 in seinem Roman „In einem anderen Land“.
Als 1940 „For Whom the Bell Tolls“ erschien, das mit Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“ bis heute als einer der modernen Klassiker des Antikriegsromans gilt, war Hemingway längst ein erfahrener Schriftsteller. Er hatte in Toronto, Chicago und Paris gelebt, war Europa-Korrespondent des Toronto Star und hatte mit seinen ersten beiden Ehefrauen Elizabeth Hadley Richardson und Pauline Pfeiffer drei Söhne bekommen. Gewidmet ist „Wem die Stunde schlägt“ allerdings Martha Gellhorn, der dritten und heute bekanntesten Ehefrau, ebenbürtig als Kriegsreporterin und verwegene Schriftstellerin, deren Werk auf Deutsch vom Zürcher Dörlemann-Verlag betreut wird.
Mitten im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine legt der Rowohlt-Verlag nun eine Neuübersetzung des Klassikers vor. Die bisherige deutsche Übersetzung von Paul Baudisch aus dem Jahr 1941, die etwa auch der weit verbreiteten Taschenbuch-Ausgabe des Fischer-Verlags zugrunde liegt, wirkt in der Tat angestaubt, etwa wenn sie „Frau“ mit „Weib“ wiedergibt. Die neue Übersetzung von Werner Schmitz ist nun deutlich klarer, transparenter und natürlich auch zeitgenössischer, ohne dass sie das Original für die Gegenwart aufmotzt. Auffallend ist, dass manche englische Redewendung mittlerweile ins Deutsche eingewandert ist.
Stört man sich etwa an einer Formulierung wie der Anblick von Kampfflugzeugen „macht was mit einem“, die zunächst allzu zu sehr nach dem Psycho-Jargon der Gegenwart klingt, dann stellt sie sich als nahezu wörtliche Übertragung des englischen Idioms does things to one heraus. Der Abstand zwischen dem Original und der Übersetzung von Schmitz wird auch durch den Wandel des Deutschen verringert, das sich dem Amerikanischen angenähert hat. Der berühmte lakonische Stil des Nobelpreisträgers von 1954 ist im Alltag wie in der Literatur ohnehin ein beinahe unhinterfragtes Stilideal geworden: Sag es kürzer, sag es cooler, vergiss die Hypotaxe.
„Wem die Stunde schlägt“ ist ein mehr als sechshundert Seiten langer Roman über den Spanischen Bürgerkrieg. Er spielt an nur drei Tagen Ende Mai 1937 in den Bergen Kastiliens. Robert Jordan, Spanischlehrer aus Montana, kämpft auf der Seite der Republik. Er soll eine Brücke sprengen, um das Nachrücken der Falangisten zu verhindern, und zwar genau in dem Moment, wenn der Angriff begonnen hat, um Segovia einzunehmen. Das republikanische Flugzeuggeschwader am Himmel ist für ihn das Signal, die Sprengladungen zu zünden. Um sie in dem unwegsamen Gelände zu präparieren, muss er mit zwei ziemlich chaotischen Guerillagruppen zusammenarbeiten, eine Strapaze, deren Bewältigung ebenso an seinen Nerven zerrt wie die vage Terminierung des Angriffs.
Was Hemingway meinte, als er Fitzgerald erklärte, der Krieg sei „das beste Sujet“, kann man 15 Jahre später in diesem Roman verfolgen. Er biete „das Maximum an Material“, beschleunige die Handlung und bringe Dinge hervor, auf die man „normalerweise ein Leben lang wartet“, schrieb er im Dezember 1925 an den etwas älteren, deutlich feinsinnigeren, vergleichbar alkoholaffinen Freund, den er im selben Jahr in einer Pariser Bar kennengelernt hatte.
Und tatsächlich verblüfft beim Wiederlesen, wie die bekannten Hemingway-Topoi in diesem Roman so zusammenwirken, dass Stoff und Stil ständig ineinander transformiert werden. Dabei ist es nicht die große Kriegsmaschinerie, die zur Darstellung kommt, nicht die Materialschlacht. Der Roman schildert vielmehr einen kleinen Ausschnitt des Spanischen Bürgerkriegs fast wie einen Wartesaal unter freiem Himmel. Obwohl auf weiten Strecken auktorial erzählt, stehen die Empfindungen und Wahrnehmungen Robert Jordans, der auf seinen Einsatz wartet, im Zentrum. Die erzählte Welt ist auf ihn zugeschnitten, so als käme es nur darauf an, dass er, der Amerikaner, der sich ein Jahr Zeit genommen hat für den Bürgerkrieg, eine Erfahrung macht, die sein ganzes Leben auf drei Tage komprimiert.
Wie oft wird der Himmel beschrieben, blau und hoch und klar und kalt, so kalt, dass es mitten im Mai zum Schneefall kommt, der die ganze Aktion gefährdet. Gleich am Anfang spielt Hemingway seinem Helden eine Geliebte zu, die junge Partisanin Maria, sie wurde von Franco-Anhängern vergewaltigt und ihre Familie getötet. Sie fesselt ihn mehr ans Leben, als ihm lieb ist. Seine Arbeit braucht einen kühlen Kopf, unzählige Male ermahnt er sich, dass Angst und Sorgen hinderlich sind. Für heutige Leserinnen ist Marias Unterwürfigkeit nur schwer zu ertragen. Sie ist die Klischee-Figur einer haltlos Liebenden, die nachts zu ihm in den Schlafsack kriecht, und zugleich der Inbegriff des männlichen Phantasmas, mit dem eigenen Phallus heilen zu können, was andere angerichtet haben. Dass sie ihm von Pilar zugespielt wird, der Frau von Pablo, dem ursprünglichen Anführer der Guerillagruppe, deren Logik, Hierarchien und unterschwellige Spannungen er in den drei Tagen zu durchschauen versucht, soll diese Peinlichkeit offenkundig verbrämen.
Gäbe es Pilar nicht – und neben ihr noch den alten Anselmo –, käme wenig Konkretes zur Sprache, das über Reflexionen zu Krieg und Traurigkeit, zu Sicherheit, Strategie und Risiko hinausgeht. Die Konstruktion von Männlichkeit kann man bei Hemingway geradezu schulbuchmäßig studieren. Pilar (so hieß übrigens auch Hemingways Motoryacht) lässt er in einem langen Passus erzählen, was der Bürgerkrieg in einer Kleinstadt bedeutet: das grausame Hinmetzeln von Leuten, die sich ein Leben lang kannten, das „Totprügeln“ der einen durch die anderen. Die Szene, in der Faschisten die Klippen hinuntergestoßen werden, ist ähnlichen Geschehnissen im andalusischen Ronda nachgebildet. Robert Jordan, der über seine Erlebnisse eines Tages ein „wahrhaftiges Buch“ schreiben will, falls er überleben sollte, erkennt in Pilar eine Erzählerin, die ihre Zuhörer „sehen“ lässt, was sie schildert.
So gut sich diese Neuübersetzung liest, insbesondere die Naturpassagen strahlen in klarem Licht, bleibt ein Widerspruch, der ins Auge sticht: Kann es wirklich sinnvoll sein, in einem Roman, der durchaus drastisch von verschiedenen Formen der Grausamkeit erzählt, in den Dialogen Flüche und Schimpfwörter auszusparen? „Nieder mit der zu Unrecht so genannten Republik, und ich unaussprechlich auf die Milch eurer Väter“, sagt da beispielsweise ein Landbesitzer, bevor er von Revolutionären mit Sicheln und Mähmessern „zerhackt“ wird. Auch wenn das Aussparen von Obszönitäten auf die amerikanische Ausgabe zurückgeht, wäre zumindest ein Nachwort des Übersetzers hilfreich. Umso mehr, weil der Antiziganismus und andere Formen des Rassismus bei Weitem nicht die gleiche Sensibilität erfahren. Öfter ist abwertend von „Zigeunern“ die Rede, selbst das N-Wort wird ausgeschrieben. Ein paar erläuternde Worte zur Herangehensweise hätten Übersetzer und Verlag da durchaus noch spendieren können.
MEIKE FESSMANN
Obszönitäten werden
ausgespart, aber selbst das
N-Wort wird ausgeschrieben
Ernest Hemingway und seine dritte Frau, die Kriegsreporterin und Schriftstellerin Martha Gellhorn, mit erlegten Fasanen bei einem Jagdausflug in Idaho.Foto: dpa
Ernest Hemingway:
Wem die Stunde schlägt. Roman. Aus dem Englischen von Werner Schmitz. Rowohlt Verlag, Hamburg 2023. 622 Seiten, 30 Euro.
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Werner Schmitz hat Hemingways Kriegsroman „Wem die Stunde schlägt“ neu übersetzt. Und lässt die Schimpfwörter einfach weg
Der Krieg sei „das beste Sujet von allen“, schrieb Ernest Hemingway Mitte der Zwanziger an F. Scott Fitzgerald. Dabei war er schon damals kein Greenhorn mehr. Als 18-Jähriger war er nach nur sechs Tagen Kriegseinsatz an der italienischen Front schwer verwundet worden. Und hatte sich prompt in die Krankenschwester Agnes von Kurowsky verliebt, die den 1899 geborenen Amerikaner allerdings für zu jung hielt, um sich auf ihn einzulassen. Davon erzählte er 1929 in seinem Roman „In einem anderen Land“.
Als 1940 „For Whom the Bell Tolls“ erschien, das mit Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“ bis heute als einer der modernen Klassiker des Antikriegsromans gilt, war Hemingway längst ein erfahrener Schriftsteller. Er hatte in Toronto, Chicago und Paris gelebt, war Europa-Korrespondent des Toronto Star und hatte mit seinen ersten beiden Ehefrauen Elizabeth Hadley Richardson und Pauline Pfeiffer drei Söhne bekommen. Gewidmet ist „Wem die Stunde schlägt“ allerdings Martha Gellhorn, der dritten und heute bekanntesten Ehefrau, ebenbürtig als Kriegsreporterin und verwegene Schriftstellerin, deren Werk auf Deutsch vom Zürcher Dörlemann-Verlag betreut wird.
Mitten im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine legt der Rowohlt-Verlag nun eine Neuübersetzung des Klassikers vor. Die bisherige deutsche Übersetzung von Paul Baudisch aus dem Jahr 1941, die etwa auch der weit verbreiteten Taschenbuch-Ausgabe des Fischer-Verlags zugrunde liegt, wirkt in der Tat angestaubt, etwa wenn sie „Frau“ mit „Weib“ wiedergibt. Die neue Übersetzung von Werner Schmitz ist nun deutlich klarer, transparenter und natürlich auch zeitgenössischer, ohne dass sie das Original für die Gegenwart aufmotzt. Auffallend ist, dass manche englische Redewendung mittlerweile ins Deutsche eingewandert ist.
Stört man sich etwa an einer Formulierung wie der Anblick von Kampfflugzeugen „macht was mit einem“, die zunächst allzu zu sehr nach dem Psycho-Jargon der Gegenwart klingt, dann stellt sie sich als nahezu wörtliche Übertragung des englischen Idioms does things to one heraus. Der Abstand zwischen dem Original und der Übersetzung von Schmitz wird auch durch den Wandel des Deutschen verringert, das sich dem Amerikanischen angenähert hat. Der berühmte lakonische Stil des Nobelpreisträgers von 1954 ist im Alltag wie in der Literatur ohnehin ein beinahe unhinterfragtes Stilideal geworden: Sag es kürzer, sag es cooler, vergiss die Hypotaxe.
„Wem die Stunde schlägt“ ist ein mehr als sechshundert Seiten langer Roman über den Spanischen Bürgerkrieg. Er spielt an nur drei Tagen Ende Mai 1937 in den Bergen Kastiliens. Robert Jordan, Spanischlehrer aus Montana, kämpft auf der Seite der Republik. Er soll eine Brücke sprengen, um das Nachrücken der Falangisten zu verhindern, und zwar genau in dem Moment, wenn der Angriff begonnen hat, um Segovia einzunehmen. Das republikanische Flugzeuggeschwader am Himmel ist für ihn das Signal, die Sprengladungen zu zünden. Um sie in dem unwegsamen Gelände zu präparieren, muss er mit zwei ziemlich chaotischen Guerillagruppen zusammenarbeiten, eine Strapaze, deren Bewältigung ebenso an seinen Nerven zerrt wie die vage Terminierung des Angriffs.
Was Hemingway meinte, als er Fitzgerald erklärte, der Krieg sei „das beste Sujet“, kann man 15 Jahre später in diesem Roman verfolgen. Er biete „das Maximum an Material“, beschleunige die Handlung und bringe Dinge hervor, auf die man „normalerweise ein Leben lang wartet“, schrieb er im Dezember 1925 an den etwas älteren, deutlich feinsinnigeren, vergleichbar alkoholaffinen Freund, den er im selben Jahr in einer Pariser Bar kennengelernt hatte.
Und tatsächlich verblüfft beim Wiederlesen, wie die bekannten Hemingway-Topoi in diesem Roman so zusammenwirken, dass Stoff und Stil ständig ineinander transformiert werden. Dabei ist es nicht die große Kriegsmaschinerie, die zur Darstellung kommt, nicht die Materialschlacht. Der Roman schildert vielmehr einen kleinen Ausschnitt des Spanischen Bürgerkriegs fast wie einen Wartesaal unter freiem Himmel. Obwohl auf weiten Strecken auktorial erzählt, stehen die Empfindungen und Wahrnehmungen Robert Jordans, der auf seinen Einsatz wartet, im Zentrum. Die erzählte Welt ist auf ihn zugeschnitten, so als käme es nur darauf an, dass er, der Amerikaner, der sich ein Jahr Zeit genommen hat für den Bürgerkrieg, eine Erfahrung macht, die sein ganzes Leben auf drei Tage komprimiert.
Wie oft wird der Himmel beschrieben, blau und hoch und klar und kalt, so kalt, dass es mitten im Mai zum Schneefall kommt, der die ganze Aktion gefährdet. Gleich am Anfang spielt Hemingway seinem Helden eine Geliebte zu, die junge Partisanin Maria, sie wurde von Franco-Anhängern vergewaltigt und ihre Familie getötet. Sie fesselt ihn mehr ans Leben, als ihm lieb ist. Seine Arbeit braucht einen kühlen Kopf, unzählige Male ermahnt er sich, dass Angst und Sorgen hinderlich sind. Für heutige Leserinnen ist Marias Unterwürfigkeit nur schwer zu ertragen. Sie ist die Klischee-Figur einer haltlos Liebenden, die nachts zu ihm in den Schlafsack kriecht, und zugleich der Inbegriff des männlichen Phantasmas, mit dem eigenen Phallus heilen zu können, was andere angerichtet haben. Dass sie ihm von Pilar zugespielt wird, der Frau von Pablo, dem ursprünglichen Anführer der Guerillagruppe, deren Logik, Hierarchien und unterschwellige Spannungen er in den drei Tagen zu durchschauen versucht, soll diese Peinlichkeit offenkundig verbrämen.
Gäbe es Pilar nicht – und neben ihr noch den alten Anselmo –, käme wenig Konkretes zur Sprache, das über Reflexionen zu Krieg und Traurigkeit, zu Sicherheit, Strategie und Risiko hinausgeht. Die Konstruktion von Männlichkeit kann man bei Hemingway geradezu schulbuchmäßig studieren. Pilar (so hieß übrigens auch Hemingways Motoryacht) lässt er in einem langen Passus erzählen, was der Bürgerkrieg in einer Kleinstadt bedeutet: das grausame Hinmetzeln von Leuten, die sich ein Leben lang kannten, das „Totprügeln“ der einen durch die anderen. Die Szene, in der Faschisten die Klippen hinuntergestoßen werden, ist ähnlichen Geschehnissen im andalusischen Ronda nachgebildet. Robert Jordan, der über seine Erlebnisse eines Tages ein „wahrhaftiges Buch“ schreiben will, falls er überleben sollte, erkennt in Pilar eine Erzählerin, die ihre Zuhörer „sehen“ lässt, was sie schildert.
So gut sich diese Neuübersetzung liest, insbesondere die Naturpassagen strahlen in klarem Licht, bleibt ein Widerspruch, der ins Auge sticht: Kann es wirklich sinnvoll sein, in einem Roman, der durchaus drastisch von verschiedenen Formen der Grausamkeit erzählt, in den Dialogen Flüche und Schimpfwörter auszusparen? „Nieder mit der zu Unrecht so genannten Republik, und ich unaussprechlich auf die Milch eurer Väter“, sagt da beispielsweise ein Landbesitzer, bevor er von Revolutionären mit Sicheln und Mähmessern „zerhackt“ wird. Auch wenn das Aussparen von Obszönitäten auf die amerikanische Ausgabe zurückgeht, wäre zumindest ein Nachwort des Übersetzers hilfreich. Umso mehr, weil der Antiziganismus und andere Formen des Rassismus bei Weitem nicht die gleiche Sensibilität erfahren. Öfter ist abwertend von „Zigeunern“ die Rede, selbst das N-Wort wird ausgeschrieben. Ein paar erläuternde Worte zur Herangehensweise hätten Übersetzer und Verlag da durchaus noch spendieren können.
MEIKE FESSMANN
Obszönitäten werden
ausgespart, aber selbst das
N-Wort wird ausgeschrieben
Ernest Hemingway und seine dritte Frau, die Kriegsreporterin und Schriftstellerin Martha Gellhorn, mit erlegten Fasanen bei einem Jagdausflug in Idaho.Foto: dpa
Ernest Hemingway:
Wem die Stunde schlägt. Roman. Aus dem Englischen von Werner Schmitz. Rowohlt Verlag, Hamburg 2023. 622 Seiten, 30 Euro.
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Wer in diesen Tagen "Wem die Stunde schlägt" liest, Ernest Hemingways meisterhaften Roman über den Spanischen Bürgerkrieg, der kann gar nicht anders, als ihn auf den Krieg in der Ukraine zu beziehen. Das Heldentum, die Opferbereitschaft, der Einsatz für ein freies, demokratisches Land, die internationale Anteilnahme und Solidarität für denKampf gegen einen verbrecherischen Angreifer, die ungleichen Kräfteverhältnisse, all dies ist in diesem Jahr - unter ganz anderen Vorzeichen - zurückgekehrt. Die gerade erschienene Neuübersetzung des Romans von Werner Schmitz liest sich auch deswegen so gegenwärtig, weil der Krieg als eine Seelenprüfung geschildert wird, als eine menschliche Ursituation, die niemandem das Recht lässt, unbeteiligt zu tun. Rückzug ist keine Option, Neutralität auch nicht. Richard Kämmerlings Welt am Sonntag 20221218
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensentin Meike Fessmann hat durchaus Einwände gegen Ernest Hemingways brühmenten Roman über den Spanischen Bürgerkrieg. Dass alles auf die Erfahrung des amerikanischen Helden zugeschnitten ist, geht ihr ebenso gegen den Strich wie die Klischees und die Frauendarstellungen. Aber gut, der Roman ist ein Klassiker. Die neue Übersetzung verwundert sie dennoch: Natürlich lese sie sich jetzt viel flüssiger und peppiger, als die angestaubte Übersetzung von 1941, gesteht Fessmann. Aber warum wurden - wie im amerikanischen Fernsehen - Flüche und Schimpfwörter gestrichen? "Nieder mit der zu Unrecht so genannten Republik, und ich unaussprechlich auf die Milch eurer Väter", zitiert Fessmann aus der Übersetzung, die nicht so zimperlich sei, wenn es um das "N-Wort" gehe, wie die Rezensentin konsterniert feststellt. Eine Erklärung hierfür hätte sie vom Verlag gern bekommen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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