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Ein literarisches Ereignis von Rang!
Kurz vor seinem Tod hat Walter Kempowski seinen langjährigen Mitarbeiter Dirk Hempel mit der Herausgabe des sogenannten »Sockeltagebuchs« betraut. Darin wird nicht nur die geistige Verfassung der jungen Bundesrepublik dokumentiert, sondern auch sein Werdegang zum Schriftsteller. Das Werk mit bisher unveröffentlichtem Material komplementiert seine bereits veröffentlichten vier Tagebücher.
Nach seiner Entlassung aus dem Zuchthaus Bautzen im März 1956 beginnt für Walter Kempowski im Westen ein zäher Kampf um eine bürgerliche Existenz. Abitur und
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Produktbeschreibung
Ein literarisches Ereignis von Rang!

Kurz vor seinem Tod hat Walter Kempowski seinen langjährigen Mitarbeiter Dirk Hempel mit der Herausgabe des sogenannten »Sockeltagebuchs« betraut. Darin wird nicht nur die geistige Verfassung der jungen Bundesrepublik dokumentiert, sondern auch sein Werdegang zum Schriftsteller. Das Werk mit bisher unveröffentlichtem Material komplementiert seine bereits veröffentlichten vier Tagebücher.

Nach seiner Entlassung aus dem Zuchthaus Bautzen im März 1956 beginnt für Walter Kempowski im Westen ein zäher Kampf um eine bürgerliche Existenz. Abitur und Pädagogikstudium, Dorfschullehrer, die Gründung einer Familie - das sind die Stationen. Präzise verzeichnet er in dem vorliegenden Tagebuch seine alltäglichen Lebensumstände und die damit verbundenen Geldsorgen, gibt Aufschluss über das politische Klima, über die Atmosphäre und geistige Situation der Adenauer-Zeit. Vor allem aber liefert das Buch ein Porträt des Autors als junger Mann. Unterdem Eindruck seiner Kafka-Lektüre beginnt er zu schreiben, treibt Familienforschung (woraus sehr viel später seine »Chronik« entsteht) und schafft es nach mehreren Anläufen, seinen Haftbericht »Im Block« zu veröffentlichen.

Walter Kempowski, dem Zeit seines Lebens der mythische Held Sisyphos Vorbild für sein Schaffen war, erleben wir hier beim ersten Wälzen eines gewaltigen Felsbrockens.

Ausstattung: Mit zahlreichen bisher unveröffentlichten s/w-Aufnahmen
Autorenporträt
Walter Kempowski wurde am 29. April 1929 als Sohn eines Reeders in Rostock geboren. Er besuchte dort die Oberschule und wurde gegen Ende des Krieges noch eingezogen. 1948 wurde er aus politischen Gründen von einem sowjetischen Militärtribunal zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Nach acht Jahren im Zuchthaus Bautzen wurde Walter Kempowski entlassen. Er studierte in Göttingen Pädagogik und ging als Lehrer aufs Land. Seit Mitte der sechziger Jahre arbeitete Walter Kempowski planmäßig an der auf neun Bände angelegten "Deutschen Chronik", deren Erscheinen er 1971 mit dem Roman "Tadellöser & Wolff" eröffnete und 1984 mit "Herzlich Willkommen" beschloss. Kempowskis "Deutsche Chronik" ist ein in der deutschen Literatur beispielloses Unternehmen, dem der Autor das mit der "Chronik" korrespondierende zehnbändige "Echolot", für das er höchste internationale Anerkennung erntete, folgen ließ.

Walter Kempowski verstarb am 5. Oktober 2007 im Kreise seiner Familie. Er gehört zu den bedeu

tendsten deutschen Autoren der Nachkriegszeit. Seit 30 Jahren erscheint sein umfangreiches Werk im Knaus Verlag.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2012

Der Chorleiter von Bautzen lebt

Zwischen Lakonie und Selbststilisierung: Walter Kempowskis Aufzeichnungen von 1956 bis 1970 zeigen seinen beschwerlichen Weg zum Schriftsteller.

Von Jan Wiele

Am 7. März 1956 telegrafierte er seiner Mutter drei Worte: "Ich bin frei." Acht Jahre Haft im Zuchthaus Bautzen lagen da hinter Walter Kempowski. Das Verrückte ist, dass man durch die Lektüre seiner nun veröffentlichten Aufzeichnungen aus den Jahren 1956 bis 1970 den begründeten Eindruck erhalten kann, dass er bereits während seiner Haft in Bautzen und sogar durch diese frei geworden ist.

So notiert er im Januar 1960 als Student in Göttingen: "Der freien Kontemplation und der Anerkennung der inneren Freiheit kam das Gefängnis insofern entgegen, als es für die leiblichen Bedürfnisse sorgte." Das ist recht nüchtern formuliert. Aber man wusste bereits aus späteren Äußerungen Kempowskis, dass er die Haft trotz aller Schrecknisse auch als "Segen" aufgefasst hat, weil sie so prägend für seine Persönlichkeit wie für sein Werk war. Nur wenige Monate nach seiner Entlassung spricht er im Brief an einen früheren Zuchthauskameraden gar von den "Jahren unserer Klosterzeit", an die er zumindest im Winter gern zurückdenke.

Kempowskis erste Schritte in der auch leiblichen Freiheit, wie er sie später in seinem Roman "Herzlich willkommen" beschrieben hat - die Ankunft in Hamburg, die Studienzeit in Göttingen -, begegnen uns hier nun in Form von Tagebucheinträgen und Briefen des Autors. Was dabei vor allem ins Auge fällt: Der lakonische Kempowski-Stil, die schlanke, unumwundene Analyse wie auch die manchmal seltsamen Grillen dieses Autors sind von Anfang an vorhanden. Nach einer Tanzparty im Mai 1956 in Hamburg beschreibt er zunächst das Glück einer kleinen Annäherung mit einer Tänzerin: "Es entwickelte sich auch mit ihr ein gewisser Kontakt." Dann aber heißt es übergangslos: "Wir schieden, ohne daß wir ein Wiedersehen verabredeten. Es lohnte nicht. - Lampions, Bowle. Ein Idiot war auch da, wie konnte es anders sein, ein Betriebswirt! Alles in allem ein erfreulicher Abend."

Sympathien und Antipathien werden immer klar ausgesprochen. Sehr belustigend wirkt der sachliche und mit Abkürzungen arbeitende Stil, wenn es um Intimitäten geht. So notiert Kempowski am 8. Juli 1958 unter dem Stichwort "Sexuelles": "Die erste bewußte E. stellte ich erst 1947 fest . . . und damit leider auch die M. Regungen anatomischer Art am P. beobachteten Ruth und ich gemeinsam, nach einer der so beliebten Balgereien, bei mir, damals war ich elf Jahre alt."

Gar nicht komisch sind dagegen die hier als erste Schreibversuche hervortretenden Schilderungen des Bautzener Gefängnisalltags. Diese zwischen den Tagebuchnotizen eingeschobenen Textblöcke werfen ein anderes Licht auf die besagte "Klosterzeit" und beschwören ihren ganzen Schrecken in nüchternen Bilanzen herauf: "60 Tote am Tag bei einer Belegschaft von 8000 Mann. 1500 TBC-Kranke, 450-Mann-Saal. œ Quadratmeter Raum für jeden". Dazu treten im Tagebuch die schon aus dem späteren Werk vertrauten Kernthemen: Kempowskis "Schuldkomplex", sein Gram angesichts von Unkenntnis und Unverständnis seiner Mitmenschen, was die Haft in Bautzen betraf, die Schikanen, denen sich der ehemalige Häftling in der neuen Heimat ausgesetzt sah. Frustriert schreibt er bereits im November 1956: "Was die Russen nicht geschafft haben, die Westdeutschen bringen's fertig."

Neben einer ausführlichen Dokumentation des pädagogischen Werdeganges bis zum Lehrerdasein in Breddorf und später Nartum sowie der Liebesgeschichte mit Hildegard Janssen, die 1960 seine Frau wurde, zeigen die Notizen und Briefwechsel mit Personen des Literaturbetriebs Kempowskis Weg zum Schriftsteller - hier gibt es Erstaunliches zu entdecken.

Die langjährige Korrespondenz mit dem damaligen Rowohlt-Lektor Fritz J. Raddatz erhellt, wie beschwerlich der Weg bis zur ersten Veröffentlichung war: Hier sieht man Ideen wachsen, so wie man sie auch gnadenlos verurteilt sieht, wenn Raddatz 1962 etwa ein vollkommen vernichtendes Verlagsgutachten mitsendet, das Kempowski einen "konventionell-dürftigen Ton" und "gepflegten Dilettantismus" bescheinigt. Kempowskis eigentümliche Reaktion auf solche Dämpfer zeigt sich in einem Wechsel aus dramatischen Selbstzweifeln und unerschütterlicher Durchhaltekraft, die schließlich mit dem Erscheinen des Haftberichts "Im Block" 1969 bei Rowohlt belohnt wird.

Sein allererstes Textangebot machte Walter Kempowski, wie man hier nun erfährt, allerdings schon 1958 dem Bärenreiter-Verlag: Es sollte von Bautzen erzählen, aber auf ganz andere Weise, als es "Im Block" dann später tat: nämlich von einem kirchenmusikalischen Erweckungserlebnis mit dem Gefängnischor, dessen Leitung Kempowski 1954 übernommen hatte. "Ich erlebte in sechs Jahren die Entwicklung der evangelischen Kirchenmusik im kleinen", schwärmt er. Auch wenn aus diesem Buchprojekt nichts wurde, sollte der Autor 1993 im Vorwort zum ersten Band des kollektiven Tagebuchs "Das Echolot" seine Rolle als Chorleiter abermals hervorheben - nämlich als Dirigent der Vielstimmigkeit dieses dokumentarischen Jahrhundertprojekts. Im Lichte der jüngst erschienenen Arbeit des Göttinger Germanisten Kai Sina, "Sühnewerk und Opferleben - Kunstreligion bei Walter Kempowski", sieht man an solchen Indizien freilich auch Kempowskis Tendenz zur (nachträglichen) Selbststilisierung.

Damit ist man auch bei der Frage nach der Gestalt der vorliegenden "Aufzeichnungen": Es ist zu bedenken, dass sie, wie auch die zuvor veröffentlichten Tagebücher Kempowskis, eine Auswahl und Bearbeitung darstellen, die dieser im Jahr 2005, zwei Jahre vor seinem Tod, unter der Bezeichnung "Sockeltagebuch" noch selbst auf den Weg gebracht hat und die sein langjähriger Mitarbeiter und Biograph Dirk Hempel nun im Sinne des Autors herausgegeben hat. Wie Hempel im Nachwort selbst betont, handelt es sich also um einen "literarisierten Text", der leserfreundlich ist, nicht um eine historisch-kritische Edition. Aber selbst das Bewusstsein, hier eine von Chorleiter Kempowski mit dem großen Konzertprogramm seines Werks nachträglich etwas harmonisierte Motette zu hören, kann das Klangerlebnis kaum schmälern.

Walter Kempowski: "Wenn das man gut geht!"

Aufzeichnungen 1956-1970.

Hrsg. von Dirk Hempel. Knaus Verlag, München 2012. 624 S., Abb., geb., 29,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Allzu viel Neues hat Rezensent Willi Winkler in Walter Kempowskis nun unter dem Titel "Wenn das man gut geht!" erschienenen Tagebüchern aus den Jahren 1956 - 1970 nicht erfahren. Während der Herausgeber Dirk Hempel das Wesentliche dieser Tagebücher bereits für seine kurze "bürgerliche Biografie" Kempowskis ausgewertet hatte, liest der Kritiker in diesen Aufzeichnungen neben Termineinträgen, Verzeichnungen von regelmäßigen und ungewöhnlichen Ereignissen und Haushaltsfragen insbesondere Notizen von ebenso "hohen wie niederen" Gedanken, die die ersten Schreibversuche des Autors dokumentieren. Während der Rezensent zwar das Fehlen der Deutung von einschneidenden Erlebnissen wie etwa der schweren Krankheit von Kempowskis Frau beklagt und in den Aufzeichnungen nur wenige literarische Glanzleistungen entdecken kann, schätzt er das Werk doch als "Epos einer Schriftstellerwerdung", in dem der Autor immer wieder seine Erfolge und Misserfolge dokumentiert. Und so möchte der Kritiker dieses Werk besonders jungen Autoren ans Herz legen.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ehrlich, komisch, anrührend." Kölner Stadtanzeiger Magazin, Orhan Pamuk