"Schauen und Denken, das ist der Anfang aller Literatur. Warum also nicht noch einmal zurückkehren zu diesem Anfang? In aller Ursprünglichkeit noch einmal schauen, denken, sich erinnern? Am Flughafen von Brüssel beginnt Xaver Bayers Reise in den Kontinent namens Ich. Von anderen Weltgegenden ist bald die Rede, von einer seltsamen Nähe des Fremden und einer ungemütlichen Fremdheit des Nahen. "Wenn die Kinder Steine ins Wasser werfen" handelt von Physik und Metaphysik. Aus einem Fleck am Tresen des Flughafenrestaurants wachsen Assoziationen, aus chinesischen Feuerwerken oder dem Klang einer mechanischen Nachtigall des 19. Jahrhunderts. Weit verästelt ist der Strom des Bewusstseins, den Xaver Bayer scheinbar absichtslos in den Lauf seiner genauen Sprache bringt. Einen Punkt gibt es erst am Ende dieser magischen Prosa. Es zeigt sich, was der mit dem Hermann-Lenz-Preis ausgezeichnete österreichische Schriftsteller kann: Die Welt in einem Satz durchqueren."
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Xaver Bayers neue Erzählung "Wenn die Kinder Steine ins Wasser werfen" wirkt auf den Rezensenten Anton Thuswaldner ziemlich monoman, konzentriert sich doch das Interesse des Erzählers auf eine Sache: sein Ich mit seinen Gedanken und Assoziationen. Dagegen spielt die Handlung - ein Mann überbrückt auf einem Flughafen Wartezeit, geht in einen Duty-Free-Shop und trinkt ein Bier - nach Ansicht des Rezensenten in dem Buch keine Rolle. Tatsächlich kennt er in der Gegenwartsliteratur keinen Autor, der derart beflissen die Eindrücke eines Ich und die daran knüpfenden Gedanken und Erinnerungen schildert. Andere Menschen, die Welt überhaupt dienten dem egomanen Ich-Erzähler nur als Anstoß für seinen Gedankenstrom. Thuswaldner sieht darin eine "menschenabstoßende Form der Selbstgenügsamkeit und Leidenschaftslosigkeit" und er vermutet, dass Bayer damit etwas Wesentliches über den Menschen der Gegenwart erfasst hat.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Xaver Bayer kommt stets auf leisen Sohlen. Weder kündigt er sich aufschneiderisch an noch drängt er sich jemandem auf. Er ist frei und befreit mit seiner Unbeugsamkeit auch seine Leser, indem er ihre Blicke auf das Übersehene und vermeintlich Unwesentliche zurücklenkt. Er findet seine Geschichten stets dort, wo andere vorbeigehen. Seine Beharrlichkeit hinterlässt eine zarte Scham in unseren korrumpierten Seelen. Und fragt leise: Wie könnt Ihr so leben?Xaver Bayer lässt sich nie verführen. Weder von Kommerz, billigen Effekten oder abgeschmackten Erzählformen. Er betritt nie den Trampelpfad. Und man wird ihn stets am Rand des um Aufmerksamkeit heischenden Marktgeschreis finden. Man darf ihm als Leser unauffällig durch das Gewirr folgen. Man muss nur höllisch aufpassen, ihn nicht aus den Augen zu verlieren. - David Schalko[Die] bis zur Ansteckungsgefahr gekonnt gemachte Erzählung vom Ennui des Fotografen [...] mündet in einem trotz seiner augenscheinlichen Naivität erstaunlich stimmigen Ende, das durchaus ein glückliches sein könnte. - Georg Renöckl, NZZSo auf das Existenzielle versessen wie Bayer ist tatsächlich niemand sonst in der jüngeren Literatur. [...] Hier treffen wir auf die menschenabstoßende Form der Selbstgenügsamkeit und Leidenschaftslosigkeit. Es ist zu vermuten, dass Xaver Bayer den Kern des Gegenwartsmenschen freilegt. - Anton Thuswaldner, Frankfurter RundschauXaver Bayer, dieser fabelhafte Autor, hat in seinem neuen Buch eine literarische Versuchsanordnung entworfen, die in vielem an die Wahrnehmungsmanien des frühen Peter Handke, aber auch an die labyrinthischen Obsessionen der Prosa W.G. Sebalds erinnert. - Michael Braun, Der Tagesspiegel / Basler ZeitungBayer erzählt gewohnt präzise und dicht. Und scheut auch diesmal das Risiko nicht, sucht nach der adäquaten Form seines Erzählens, die für ihn eben die eines Satzes ist. - Peter Landerl, Wiener ZeitungSich als Autor der Sprache, dem Denken, der Erzählung überlassen und dabei dennoch als Subjekt souverän bleiben: Bayer schafft es scheinbar mühelos, und wir können getrost vermuten, daß dahinter einige Arbeit steckt. - Leopold Federmair[Der Wiener Autor Xaver Bayer] hat ein Buch über einen Flughafenwartenden geschrieben, das "Wenn die Kinder Steine ins Wasser werfen" heißt und gänzlich durchzogen ist von Gedankengängen. Die Idee, eine Erzählung in einem einzigen Satz zu schreiben, hatte der Hermann-Lenz-Preisträger schon vor Jahren. Das Ziel: der Rhythmus. Und der ist so eingängig, dass einem beim Lesen dieses wuchernden Satzes nie die Luft ausgeht. - Stephanie Doms, KurierXaver Bayer zeigt sich, und nicht nur in diesem jüngsten seiner Werke, als aufregender Stilist. Einer, der deutlich die kleine Form bevorzugt und ein ausgesprochenes Gefühl für Rhythmus besitzt. - Senta Wagner, culturmag.deAus einem einzigen fulminanten, weder durch Punkt noch Absatz unterbrochenen Monolog entsteht das Psychogramm eines Mannes in einer schweren Krise. [...] Ein vielschichtiger, sprachlich und formal anspruchsvoller Text voller literarischer Anspielungen von Joyce bis Kafka, der trotz eines Minimums an äußerer Handlung [...] die Spannung bis zum rasanten Ende hält und bei dem auch absurde Komik nicht zu kurz kommt. - Markus Hildenbrand, Die FurcheWenn die Kinder Steine ins Wasser werfen ist ein eminent zeitgenössischer Text, der den Transit als einen Ort des ortlosen Lebens auf einer elementaren Ebene begreifbar macht: als Conditio, unter der wir leben. Verblüffend, dass sich so etwas heute noch in einer solch schönen und antiquierten Form, nämlich literarisch, sagen lässt. - Klaus Kastberger, VolltextBayers Erzählung ist so virtuos wie mutig: Pathos im Erleben des Unscheinbaren trifft auf eine hintergründige Medienkritik - und mündet in der überzeitlich fundamentalen Frage nach dem rechten Leben. - Harald Gschwandtner, drehpunktkultur.at"