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Produktdetails
  • Verlag: Edition Epoca
  • Seitenzahl: 206
  • Deutsch
  • Abmessung: 195mm
  • Gewicht: 310g
  • ISBN-13: 9783905513196
  • ISBN-10: 3905513196
  • Artikelnr.: 25619174
  • Herstellerkennzeichnung
  • Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.02.2001

Im Reich der seligen Rekorde
Gilbert Adairs Variationen über die Postmoderne

Was die Bibel mit dem Guinness-Buch der Rekorde verbindet, ist eine durchaus interessante Frage, denn sie gibt nicht nur Aufschluß über das Erfolgsrezept der wirklich großen Welt-Bestseller, sondern regt zugleich zum Nachdenken über zeitgemäße Wunder an. Ganz wie die Bücher der Heiligen Schrift erzählt nämlich auch das Guinness-Buch von Katastrophen unvorstellbaren Ausmaßes: Es berichtet von Erdbeben und Überschwemmungen, kündet von duldsam Leidenden (wie jenem amerikanischen Parkaufseher, der nicht weniger als siebenmal vom Blitz getroffen wurde) und selig Triumphierenden (wie den Rekordhaltern im Dauerduschen, Pfahlsitzen, Massenküssen, Golfballbalancieren und was dergleichen Prüfungen mehr sind). So bietet es modernen Lesern eine wahre Chronik der Welt und all des Wunderbaren, das sich in ihr ereignet hat.

Wie Gilbert Adair schlüssig nachweist, gehört es zum Wesen des Übernatürlichen, daß es am wirkungsvollsten dann ist, wenn es vom Natürlichen sanktioniert wird. Guinness-Buch und Bibel stimmen darin überein, daß sie uns in dieser Weise Wege aus dem grauen Alltag weisen: Das Reich der seligen Rekorde ist auf Erden zu erlangen.

Diese Einsicht gehört zu den interessanteren, die wir Adairs neuem Buch entnehmen können. "Wenn die Postmoderne zweimal klingelt" bietet eine Auswahl an Kurzprosa, zumeist Glossen und Kolumnen der Jahre 1986 bis 1997, die der Londoner Autor und Journalist aus seiner umfangreichen Produktion für eine deutschsprachige Ausgabe zusammengestellt hat. In bunter Folge lesen wir hier über Agatha Christie, Ellis Island, den Tod des Autors, Konzeptkunst, transtextuelle Texte, Derrida, den Untergang der Titanic, die Lust des Rauchens, postmoderne Theorie und was sich sonst noch alles auf drei bis fünf Seiten zu einer pointierten Plauderei gebrauchen läßt. Das gemeinsame Programm dieser vermischten Betrachtungen erklärt eingangs der Titelessay, der einzig längere Text der Sammlung: Es gelte, der zeitgenössischen Kultur, ob sie nun erhaben oder schlicht sei, Sinn und Bedeutung abzugewinnen.

Dieser Vorsatz folgt aus Adairs zeitkritischer Diagnose. "Unsere Zeit", so verkündet er in etwas angestrengtem Tonfall, sei "eine Zeit der Verschanzung anstatt des Experiments, der ebenso konsumtiven wie kreativen Besitzstandwahrung" und neige dazu, "all ihre verfügbaren Ressourcen, ihre bereits festgelegten Koordinaten praktisch bis zum Bersten zu dehnen, anstatt neue formale Maßstäbe zu setzen, durch die sich unser Blick auf die Welt möglicherweise neu bestimmen und beleben ließe". Wer jetzt noch Fragen hat, mag weiterlesen und seinen Blick in der beschriebenen Weise erweitern und beleben lassen. Doch bei aller Emphase, mit der Adair hier gegen kulturelle Stagnation und Saturiertheiten zu Felde zieht, bei der Lektüre seiner Essays zeigt sich bald, daß diese ihrerseits oftmals veraltet sind. Wen interessiert heute noch Londoner Kolumnenklatsch gegen postmoderne Kunst der achtziger Jahre, und wer will Glossen über den Titanic-Mythos lesen, ohne dabei über Camerons Filmepos nachzudenken?

So wirkt Adairs zeitkritischer Affekt zuweilen unfreiwillig komisch, während den gezielten Pointen durch Fußnoten nachgeholfen werden muß. Keine Frage, Gilbert Adair ist ein belesener Kultur-Connaisseur und dazu ein Autor, der sein Handwerk beherrscht. Seine erfolgreichen Romane, wie zuletzt "Blindband", vor zwei Jahren auf deutsch erschienen, sind perfekt inszenierte Verwirrspiele und Vexierbilder, die allen Lesern höchst spannende und intelligente Unterhaltung bieten. Sein kleiner Essayband hingegen zeigt nur, was vom Schreiben übrigblieb. Darunter findet sich wohl manches Lesenswerte, doch oft kann auch eins seiner allfälligen Barthes-, Benjamin-, Eco- oder Baudrillard-Zitate die schlichteren Einfälle kaum für die Nachwelt retten. Und somit kommen wir am Schluß zur Einsicht: Wenn die Postmoderne hier zum dritten Male klingelt, dürfen wir sie getrost draußen stehenlassen.

TOBIAS DÖRING

Gilbert Adair: "Wenn die Postmoderne zweimal klingelt". Variationen ohne Thema. Aus dem Englischen übersetzt von Thomas Schlachter. Edition Epoca, Zürich 2000. 207 S., geb., 39,50 DM.

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Adairs Essaysammlung zu den kulturellen Blüten der Postmoderne hat es dem Rezensenten angetan. Zwar gibt Hermann Wallmann ganz offen zu: "Adair ist ein Ketzer". Aber von dem Vergnügen, das es dem Autor etwa bereitet, das Guinessbuch mit der Bibel zu vergleichen oder Shakespeare mit Smalltalk, lässt er sich gerne anstecken. Gilbert Adair liefere eine "belesene und belustigte Kritik" des Zeitgeistes, so Wallmann, und hole uns dort ab, wo wir "stehen und gähnen". Und indem er mit uns "vom Bild zum Begriff tanzt, von der Analyse zur Anekdote springt", illustriert er eine Haltung des Gebens - ein Ketzer in der Event-Kultur.

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