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Anfang 1920 wird Friderike von Winternitz, die zwei Romane geschrieben hat, Stefan Zweigs Frau, eine resolute, wie aus den Ehebriefen hervorgeht. Sie bekundet stets regen Anteil an seinen literarischen Arbeiten und erteilt ihm hin und wieder auch einen Tadel: »Mir ist es traurig zu denken, daß ein Mensch, der wie Du so besonders glückliche Gaben besitzt, der also den Göttern immerzu danken müßte, auch mit Zufriedenheit und Ausgeglichenheit, so unbedenklich ist, Menschen in seiner nächsten Umgebung so schwer zu verkränken und zu demütigen ...« Stefan Zweig hingegen übt gelegentlich Kritik an…mehr

Produktbeschreibung
Anfang 1920 wird Friderike von Winternitz, die zwei Romane geschrieben hat, Stefan Zweigs Frau, eine resolute, wie aus den Ehebriefen hervorgeht. Sie bekundet stets regen Anteil an seinen literarischen Arbeiten und erteilt ihm hin und wieder auch einen Tadel: »Mir ist es traurig zu denken, daß ein Mensch, der wie Du so besonders glückliche Gaben besitzt, der also den Göttern immerzu danken müßte, auch mit Zufriedenheit und Ausgeglichenheit, so unbedenklich ist, Menschen in seiner nächsten Umgebung so schwer zu verkränken und zu demütigen ...«
Stefan Zweig hingegen übt gelegentlich Kritik an Friderikes Erziehung ihrer schwierigen Töchter: »Lass sie schwimmen! Einen Schwimmgürtel hat man ihnen umgetan, dass sie nicht untergehen können, also in Not geraten - um alles andere kümmere Dich nicht, dann werden sie selbst genötigt sein, sich durchzuschlagen.«
Bis Anfang 1934 lebt das Paar samt Töchtern in Salzburg, dann getrennt, er in London, wo er und seine Sekretärin Lotte Altmann einander schätzen und lieben. Nach der Auslöschung Österreichs 1938 erfolgt die Scheidung von Friderike, bei Kriegsbeginn die Heirat Lottes und Stefans. Ihre Exilbriefe an Friderike spiegeln den Leidensweg wider bis zum selbstgewählten Ende.

Die Neuausgabe der Korrespondenz zwischen Friderike und Stefan ist als Erzählung konzipiert und enthält revidierte und bislang unveröffentlichte Briefe, auch einige von Lotte Zweig.
Autorenporträt
Stefan Zweig wurde am 28. November 1881 in Wien geboren und lebte ab 1919 in Salzburg, bevor er 1938 nach England, später in die USA und schließlich 1941 nach Brasilien emigrierte. Mit seinen Erzählungen und historischen Darstellungen erreichte er weltweit in Millionenpublikum. Zuletzt vollendete er seine Autobiographie ¿Die Welt von Gestern¿ und die ¿Schachnovelle¿. Am 23. Februar 1942 schied er zusammen mit seiner Frau 'aus freiem Willen und mit klaren Sinnen' aus dem Leben. Friderike Zweig, geb. Burger, wurde am 4. Dezember 1882 in Wien geboren. Ihre Ehe mit Felix von Winternitz wurde 1914 geschieden. 1912 hatte sie Stefan Zweig näher kennen gelernt; die Eheschließung mit ihm erfolgte erst 1920, nachdem eine Wiederverheiratung nach österreichischem Gesetz möglich geworden war. Nach ihrer Scheidung von Stefan Zweig 1938 emigrierte die Schriftstellerin und Übersetzerin nach Frankreich, 1941 in die USA, wo sie am 18. Januar 1971 in Stamford, Conn., gestorben ist. Jeffrey B. Berlin, geboren 1946, war Professor of Comparative Literature am Holy Family College in Langhorne, Pa, USA, und ist durch seine Arbeiten und Herausgeberschaften als Kenner des Werkes von Stefan Zweig ausgewiesen. Gert Kerschbaumer, geboren 1945 in Spital am Semmering, lebt seit den 60er Jahren in Salzburg; arbeitete in der Industrie, studierte nebenher deutsche Literatur und Geschichte; Forschungs- und Lehrtätigkeit. Publikationen zu den Themen Kunst im Dritten Reich und Kunstraub.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.01.2007

Ich will nur freien Kopf
Tucholsky mochte ihn nicht: Stefan Zweig in Biographien

An kritischen Stimmen wie jener Kurt Tucholskys hat es Stefan Zweig nie gefehlt: "Frau Steiner war aus Frankfurt am Main, nicht mehr furchtbar jung, ganz allein und schwarzhaarig; sie trug Abend für Abend ein anderes Kleid und saß still an ihrem Tisch und las feingebildete Bücher. Ich will sie ganz kurz beschreiben: Sie gehörte zum Publikum Stefan Zweigs. Alles gesagt? Alles gesagt."

Vielen erschienen Zweigs Werke, vornehmlich Novellen und historische Biographien, als zu leicht, substanzlos und blumig, was seinem geradezu beispiellosen Erfolg beim zeitgenössischen Publikum keinen Abbruch tat. In den zwanziger und dreißiger Jahren gehörte er zu den meistgelesenen deutschen Schriftstellern, dessen Werk in zahllosen Übersetzungen kursierte.

Zum 125. Geburtstag des Autors liegen nun drei Publikationen vor, die zur Begegnung mit seiner Biographie einladen. 1881 als Sohn eines jüdischen Textilunternehmers in Wien geboren, verschrieb sich Stefan Zweig früh der Literatur. Abnabelungskämpfe von seiner Familie und materielle Sorgen blieben ihm erspart. Von Anfang an konnte er es sich leisten, mehrmals jährlich quer durch Europa zu reisen und ein Netzwerk an Kontakten und Freundschaften zu knüpfen, das sich ständig ausweitete. Seine Korrespondenz ist uferlos und erfasst fast alle Literaturgrößen jener Jahre. Nebenher wachsen sein Werk und sein Bekanntheitsgrad mit geradezu mechanischer Gleichmäßigkeit, nachdem er nach ersten tastenden Versuchen die ihm gemäße Form gefunden hat.

Oliver Matuschek nähert sich Zweigs Biographie unter der Prämisse eines dreigeteilten Lebenslaufs. Er unterscheidet die Kindheit und literarischen Anfänge Zweigs in Wien, die mit dem Ersten Weltkrieg ihr Ende finden, von dem Leben des in Salzburg residierenden Erfolgsschriftstellers der Zwischenkriegszeit. Mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus, dessen Auswirkungen Zweig spätestens mit einer Hausdurchsuchung 1934 auch in Österreich zu spüren bekommt, beginnt die dritte Periode, die Zweig als rastlos Getriebenen zeigt, der seinem Leben schließlich 1942 im brasilianischen Exil ein vorzeitiges Ende setzt.

So überzeugend diese Struktur auf der Makroebene ist, so wenig macht sie sich Matuschek für die Durchdringung seines Stoffes wirklich zunutze. Er referiert Zweigs Leben in getreu chronologischer Manier Jahr für Jahr, was seiner Biographie über weite Strecken ein diffuses und dabei monotones Erscheinungsbild verleiht. Sein Verfahren funktioniert nur dort, wo es Bruchstellen in Zweigs Leben gibt. Den Wandel vom Sympathisanten Deutschlands zum überzeugten Pazifisten während des Ersten Weltkriegs macht Matuschek etwa äußerst anschaulich. In den zwanziger Jahren aber, als ein ewiges Einerlei von Buchproduktion und Reisen Zweigs Leben bestimmt, verschwimmen die großen Linien zugunsten zusammenhangloser Details.

Nach der Lektüre von Matuscheks äußerst sprödem Stil wirkt die schwungvolle Herangehensweise von Alberto Dines wie eine Wohltat. Dines kann schreiben, keine Frage, und er konzentriert sich im Gegensatz zu Matuschek auf wenige Leitlinien. Gibt dieser einen annähernd gleichmäßigen Überblick über das Leben Zweigs mit dem Schwerpunkt auf seinen Anfängen, so rückt Dines ganz entschieden dessen letzte Jahre ins Zentrum seiner Darstellung. Ihn interessieren zuvörderst die brasilianischen Erfahrungen Zweigs und die Beweggründe für seinen Selbstmord. Die Entwicklung des Pazifisten und Moralisten Zweig sowie dessen Bezugnahmen auf seine jüdische Herkunft sind weitere Leitthemen seiner Darstellung.

Zweigs Verhältnis zu Brasilien erscheint wie eine Kette von Missverständnissen. Seine erste Reise durch das Land war 1936 eine beispiellose Triumphfahrt und prägte seine Wahrnehmung bis zum Ende. Aus einem zunehmend feindlichen Europa kommend, nahm er in Brasilien nur das Positive wahr. Das Land erscheint ihm als "Paradies", wo "Juden und Christen" friedlich zusammenleben und es keine "Rassenfragen" gibt. Die diktatorischen Züge seines Gastgebers, des Staatspräsidenten Vargas, und die gegenüber Juden rigorose Immigrationspolitik übersieht er ebenso, wie er das massenhafte Elend als exotische Anspruchslosigkeit und Einfachheit verklärt. Kein Wunder, dass er sich dieses Paradies einige Jahre später als Rückzugsort wählt, nachdem sein englisches Exil vom Krieg bedroht ist und die Vereinigten Staaten ihm nicht die nötige Ruhe bieten. Von intellektuellen Freunden und Büchern isoliert und von den kriegerischen Entwicklungen aufgeschreckt, wird das Paradies aber schnell zur Hölle, aus der sich Zweig freiwillig zurückzieht: "Ich bin glücklich, eine grausam und verrückt gewordene Welt verlassen zu können."

Dines' Versuch, dieses Leben ganz von der Perspektive seines gewaltsamen Endes her zu lesen, ist zweifellos eindrucksvoll. Er gibt seinem Buch damit einen Spannungsbogen, der indes kaum siebenhundert Seiten lang durchzuhalten ist. Schwerer wiegen die weihevollen, fast schon hagiographischen Töne, die sein Werk dadurch an manchen Stellen gewinnt, sowie gewisse Einseitigkeiten in der Darstellung. So zeigt er sich insgesamt doch sehr von jenem Bild beeinflusst, das Zweigs erste Frau Friderike von ihrem Mann, seiner zweiten Frau Lotte und dem gemeinsamen Selbstmord entworfen hat. Matuscheks quellenkritische Einleitung kann in diesem Punkt als Korrektiv dienen. Dass Dines' ungemein materialreiche Darstellung, deren erste Fassung 1981 in Brasilien erschienen ist, für den deutschen Markt um einige gute Dutzend Seiten hätte gekürzt werden können, fällt ebenfalls ins Auge.

Ein großer Liebender war Zweig eher nicht. Der Lieblingsschriftsteller der Damenwelt war an unverfänglichen amourösen Abenteuern und dem Fortschreiten seines Werks interessiert, kaum an gefühlsintensiven Bindungen. Friderike von Winternitz, Zweigs erste Frau, hätte jedenfalls wissen können, auf wen sie sich einlässt. Jahrelang hat die verheiratete Mutter zweier Kinder den um ein Jahr älteren Schriftsteller umworben und ihm geradezu demutsvoll ihre Dienste angeboten. Als nach vielen Hindernissen ihre Ehe 1920 schließlich förmlich besiegelt wurde, hatte sie sich zwar materielle Sicherheit und einen berühmten Gatten erworben, aber wohl nur selten häusliches Glück. Von erotischen Abenteuern ließ sich Zweig so wenig abhalten wie von seinen zahllosen Reisen, auf denen man ihn selten an der Seite Friderikes sieht. Dass sie sich mehr als einmal auf die Rolle einer "Wirtschafterin und Sekretärin" reduziert sah, verwundert kaum.

Bei aller Egozentrik des Erfolgsschriftstellers wirft die erweiterte Neuausgabe des Briefwechsels, den Friderike nach Zweigs Tod stark zensiert publiziert hatte, aber auch ein neues Bild auf diese Ehe und Friderikes Rolle darin. Die Unterschiede der beiden Partner liegen von Anfang an auf der Hand. Während er seinen Alltag möglichst störungsfrei organisieren möchte, ist sie an Repräsentanz interessiert. Seine Reisen tragen zunehmend den Charakter einer Flucht vor den häuslichen Verhältnissen. Politische Kontroversen kommen hinzu. Ist ihm Salzburg und Österreich bald unerträglich, so lässt sie sich nach dem Verkauf des gemeinsamen Domizils erneut dort nieder, in der "größten Nazi-Stadt, die mich erniedrigt hatte", wie Zweig gegenüber Romain Rolland beklagt.

Mit geradezu beängstigender Konsequenz und Härte betreibt Zweig in den dreißiger Jahren seine völlige Loslösung von Österreich und Friderike, ja von seinem ganzen früheren Leben, nachdem er in seiner Sekretärin Lotte Altmann eine neue Gefährtin gefunden hat: "Ich muss ja die alte Correspondenz abräumen oder verbrennen! Photographien etc., all diese Sachen müssen ja weg oder vernichtet werden. Ich hänge an gar nichts, will nur freien Kopf." So klischeehaft dieser "Wechsel" auch anmutet: Über Lotte gibt es von ihm nie jene Klagen, wie sie sich in seiner Korrespondenz über Friderike finden, mit der er, nach der Scheidung wieder versöhnlich gestimmt, bis zu seinem Tod einen intensiven Briefkontakt pflegt.

Alle drei Bücher zeigen eindringlich, wie Zweig mit dem Erfolg des Nationalsozialismus seinen Halt verliert und sein Leben ständig umzustrukturieren versucht, ohne noch einmal Heimat und Ruhe zu finden. Dass der nach wie vor erfolgreiche und gut verdienende Schriftsteller dabei zunehmend neurotisch reagiert und sich als direkt Verfolgter fühlt, obschon ihm unter den jüdischen Flüchtlingen ein wahrhaft privilegierter Status zukommt, ist kaum zu übersehen.

Sein Werk indes bleibt von diesen Wirrungen scheinbar unberührt. Immerhin, in der postum erschienenen Autobiographie "Die Welt von Gestern" versichert er sich fern der Heimat seiner geistigen Wurzeln, die unwiederbringlich verloren sind, und in der "Schachnovelle" setzt er sich direkt mit den Folgen des nationalsozialistischen Terrors auseinander. Ob jedoch weitere Teile seines Werks die Zeiten zu überdauern vermögen, beantworten die Publikationen nicht. Sie erhellen das aus dem Ruder laufende Leben eines Erfolgsschriftstellers, sind aber an literarischen Wertungsfragen uninteressiert. Das Verdikt Tucholskys bleibt somit vorerst bestehen.

THOMAS MEISSNER

Oliver Matuschek: "Stefan Zweig. Drei Leben - Eine Biographie". S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2006. 406 S., geb., 19,90 [Euro].

Alberto Dines: "Tod im Paradies". Die Tragödie des Stefan Zweig. Aus dem Portugiesischen übersetzt von Marlen Eckl. Edition Büchergilde, Frankfurt a. M. 2006. 725 S., geb., 29,90 [Euro].

Stefan Zweig / Friderike Zweig: "Wenn einen Augenblick die Wolken weichen". Briefwechsel 1912-1942. Herausgegeben von Jeffrey B. Berlin und Gert Kerschbaumer. S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2006. 434 S., geb., 24,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Einen detailreichen Einblick in die turbulente Beziehung des Schriftstellers Stefan Zweig zu seiner ersten Frau Friderike gewährt der Briefwechsel der beiden, findet der Rezensent Oliver Pfohlmann. Durch die neue Ausgabe ergibt sich für den Rezensenten endlich ein Bild des Schriftstellers, über dessen Leben bisher wenig bekannt wurde. Insbesondere werden aber durch die Ausgabe ältere Editionen korrigiert, in denen sich zahlreiche Fälschungen, die von der Witwe selbst vorgenommen wurden, befanden, lobt Pfohlmann. In einer referierenden, aber kurzweiligen Rezension hebt er amüsante und empörende Details des Briefwechsels noch einmal hervor: So bezeichnete Stefan Zweig seine damalige Geliebte Friderike als "Oberhasl", die seine Beziehung zu einem französischen "Unterhasl" tolerieren musste. Jedoch war es nicht Friderike, sondern der Krieg, der dieses "völkerverbindende Dreieck" beendete, wie der Rezensent scharfzüngig schließt.

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