Die Kraftströme des Fußballs
Fußball ist zum vielleicht letzten großen Thema geworden, auf das sich fast alle einigen können. Aber worum geht es dabei eigentlich? Und welche Kräfte werden dabei frei? Auf der Suche nach einer Antwort hat sich Christoph Biermann auf eine Heimreise begeben. Zurück ins Ruhrgebiet, wo Fußball und Leben bis heute so eng miteinander verbunden sind wie sonst nirgends hierzulande.Niemand bezweifelt, dass Fußball zum Spiegel der Gesellschaft geworden ist. Aber was sehen wir da eigentlich? Ein Geschäft, in dem allein das Geld zählt? Eine professionelle Illusionsmaschine, die verlorene Kinderträume und sentimentale Heimatgefühle nur noch vermarktet? Oder ist Fußball ein letzter Ort für Gemeinsamkeiten und liefert gar ein Gegenmodell zu den Zumutungen des modernen Lebens?Seit mehr als 25 Jahren schreibt Christoph Biermann über Fußball, jetzt hat er dem Zusammenhang von Fußball und Leben vor Ort nachgespürt. Dazu hat er Protagonisten des Fußballs wie Jürgen Klopp, Julian Draxler oder Peter Neururer getroffen sowie Lokalpolitiker, Museumsmacher, Schriftsteller, Sozialwissenschaftler, Pfarrer, Journalisten und passionierte Fans.Er hat den großen Fußball der Champions League in Dortmund und Schalke besucht und war bei den Abgehängten in Wattenscheid und Herne, die nur noch Erinnerungen an bessere Zeiten haben. Er ist in Oberhausen dem Kult ums Malochen nachgegangen, dem Zauber des Niedergangs in Essen und überall stieß er auf eine seltsame Geschichtsbesessenheit.Am Beispiel des Ruhrgebiets beschreibt Christoph Biermann, wie Fußball zu der großen Erzählung wurde, die kaum jemanden kalt lässt. Um deren Inhalt wird deshalb so aufgeregt debattiert, weil es nicht nur um Fußball geht. Sondern darum, wie wir leben wollen.
Fußball ist zum vielleicht letzten großen Thema geworden, auf das sich fast alle einigen können. Aber worum geht es dabei eigentlich? Und welche Kräfte werden dabei frei? Auf der Suche nach einer Antwort hat sich Christoph Biermann auf eine Heimreise begeben. Zurück ins Ruhrgebiet, wo Fußball und Leben bis heute so eng miteinander verbunden sind wie sonst nirgends hierzulande.Niemand bezweifelt, dass Fußball zum Spiegel der Gesellschaft geworden ist. Aber was sehen wir da eigentlich? Ein Geschäft, in dem allein das Geld zählt? Eine professionelle Illusionsmaschine, die verlorene Kinderträume und sentimentale Heimatgefühle nur noch vermarktet? Oder ist Fußball ein letzter Ort für Gemeinsamkeiten und liefert gar ein Gegenmodell zu den Zumutungen des modernen Lebens?Seit mehr als 25 Jahren schreibt Christoph Biermann über Fußball, jetzt hat er dem Zusammenhang von Fußball und Leben vor Ort nachgespürt. Dazu hat er Protagonisten des Fußballs wie Jürgen Klopp, Julian Draxler oder Peter Neururer getroffen sowie Lokalpolitiker, Museumsmacher, Schriftsteller, Sozialwissenschaftler, Pfarrer, Journalisten und passionierte Fans.Er hat den großen Fußball der Champions League in Dortmund und Schalke besucht und war bei den Abgehängten in Wattenscheid und Herne, die nur noch Erinnerungen an bessere Zeiten haben. Er ist in Oberhausen dem Kult ums Malochen nachgegangen, dem Zauber des Niedergangs in Essen und überall stieß er auf eine seltsame Geschichtsbesessenheit.Am Beispiel des Ruhrgebiets beschreibt Christoph Biermann, wie Fußball zu der großen Erzählung wurde, die kaum jemanden kalt lässt. Um deren Inhalt wird deshalb so aufgeregt debattiert, weil es nicht nur um Fußball geht. Sondern darum, wie wir leben wollen.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Den Malocherkicker, hier gibt es ihn noch, im Ruhrpott, freut sich Harry Nutt. Oder ist das nur noch Marketing? Der Fußballjournalist Christoph Biermann gibt ihm Hinweise darauf, wenn er vom Wandel des Sports in der Region erzählt, autobiografisch und mit Hilfe von Zeitzeugen, wie Schorsch Kamerun, wie Nutt erläutert. Die Seele des Spiels findet Nutt beim Lesen dennoch. Irgendwo zwischen dem Mythos und seiner Demontage, die Biermann, so Nutt, ohne steile Thesen, dafür klug und auch ein bisschen wehmütig vornimmt. Herauskommt laut Rezensent eine gut lesbare Sozialgeschichte des Ruhrgebiets.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.10.2014Vom Malocher-Fußball
Das Ruhrgebiet ist nicht nur eine Region, sondern auch ein Gefühlsraum. Geprägt von Sehnsüchten, von Nostalgie, von Verklärung. Die Hochzeit von Kohlebergbau und Stahlindustrie ist zwar längst vorüber, die damit einhergehenden Emotionen und Einstellungen leben aber weiter: vor allem in der Idee des Malochens, die sich im Fußball in der Forderung nach ehrlichem und gemeinschaftsorientiertem Arbeiten zeigt. Vom Malochen, so schreibt Christoph Biermann in seinem jüngst erschienenen Buch "Wenn wir vom Fußball träumen", sei das Ruhrgebiets geradezu "besessen". Das spezielle Gefühl ist über den Pott hinaus zu einem Kult geworden, mit und von dem die Profiklubs gut leben. Etwa wenn die Schalker Fans vor einem Spiel "Der Steiger kommt" singen, wenn Rot-Weiß Oberhausen mit dem Slogan "Elf Kumpel sollt ihr sein" wirbt, wenn der VfL Bochum den Spielertunnel im Ruhrstadion mit einer Fototapete zum Kohleflöz umgestaltet und das Motto "Mein Revier ist hier" verbreitet, oder wenn Borussia Dortmund Leitlinien entwirft, in denen der Klub sich zu den Guten zählt: "Stolz bekennt sich der BVB zu seiner Herkunft und Geschichte und bleibt sich und seinem Wesen treu, aufrichtig und bodenständig."
Überall wird das Malocher-Ideal hochgehalten, als würde es immer noch um die Kohle gehen, die früher massenweise zutage gefördert wurde, und nicht um jene "Kohle", die vonnöten ist, um im Millionengeschäft Fußball erfolgreich mitzumischen. Der Autor analysiert eindrucksvoll, wie kompliziert, mitunter aber auch wie starr die Frontlinie zwischen Geld und Gefühl verläuft. Besonders extrem musste das Mario Götze erleben, nachdem sein Wechsel vom BVB zum FC Bayern bekanntgeworden war. Vom Vorbild wurde er zum Verräter, weil er nicht der Region und den Fans treu blieb, sondern dem Ruf des Mammons folgte. Sollte Julian Draxler irgendwann Schalke 04 verlassen, droht ihm ähnliches Ungemach. Der Weltmeister weiß im Gespräch mit dem Autor den Konflikt zwischen Identifikation und Abgrenzung indes genau einzuschätzen.
Der im Ruhrgebiet aufgewachsene Wahl-Berliner Biermann räumt in seinem umfassend recherchierten Buch, das er im Untertitel "Eine Heimreise" nennt, mit vielerlei Mythen auf. Beispielsweise wenn er aufzeigt, dass der Begriff "Derby" zwischen Schalke und Dortmund noch nicht allzu lange gebräuchlich ist, und dass das allgegenwärtige Ruhrpottgefühl erst in den späten neunziger Jahren entstand und damit ein recht neues Phänomen ist. Nach Lektüre des Buches sieht man vielleicht nicht die Welt mit anderen Augen, aber doch jenen Teil, der sich Ruhrpott nennt.
kle.
Christoph Biermann: Wenn wir vom Fußball träumen. Eine Heimreise. Verlag Kiepenheuer & Witsch Köln 2014, 256 Seiten, gebunden 18,99 Euro, E-Book 16,99 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Das Ruhrgebiet ist nicht nur eine Region, sondern auch ein Gefühlsraum. Geprägt von Sehnsüchten, von Nostalgie, von Verklärung. Die Hochzeit von Kohlebergbau und Stahlindustrie ist zwar längst vorüber, die damit einhergehenden Emotionen und Einstellungen leben aber weiter: vor allem in der Idee des Malochens, die sich im Fußball in der Forderung nach ehrlichem und gemeinschaftsorientiertem Arbeiten zeigt. Vom Malochen, so schreibt Christoph Biermann in seinem jüngst erschienenen Buch "Wenn wir vom Fußball träumen", sei das Ruhrgebiets geradezu "besessen". Das spezielle Gefühl ist über den Pott hinaus zu einem Kult geworden, mit und von dem die Profiklubs gut leben. Etwa wenn die Schalker Fans vor einem Spiel "Der Steiger kommt" singen, wenn Rot-Weiß Oberhausen mit dem Slogan "Elf Kumpel sollt ihr sein" wirbt, wenn der VfL Bochum den Spielertunnel im Ruhrstadion mit einer Fototapete zum Kohleflöz umgestaltet und das Motto "Mein Revier ist hier" verbreitet, oder wenn Borussia Dortmund Leitlinien entwirft, in denen der Klub sich zu den Guten zählt: "Stolz bekennt sich der BVB zu seiner Herkunft und Geschichte und bleibt sich und seinem Wesen treu, aufrichtig und bodenständig."
Überall wird das Malocher-Ideal hochgehalten, als würde es immer noch um die Kohle gehen, die früher massenweise zutage gefördert wurde, und nicht um jene "Kohle", die vonnöten ist, um im Millionengeschäft Fußball erfolgreich mitzumischen. Der Autor analysiert eindrucksvoll, wie kompliziert, mitunter aber auch wie starr die Frontlinie zwischen Geld und Gefühl verläuft. Besonders extrem musste das Mario Götze erleben, nachdem sein Wechsel vom BVB zum FC Bayern bekanntgeworden war. Vom Vorbild wurde er zum Verräter, weil er nicht der Region und den Fans treu blieb, sondern dem Ruf des Mammons folgte. Sollte Julian Draxler irgendwann Schalke 04 verlassen, droht ihm ähnliches Ungemach. Der Weltmeister weiß im Gespräch mit dem Autor den Konflikt zwischen Identifikation und Abgrenzung indes genau einzuschätzen.
Der im Ruhrgebiet aufgewachsene Wahl-Berliner Biermann räumt in seinem umfassend recherchierten Buch, das er im Untertitel "Eine Heimreise" nennt, mit vielerlei Mythen auf. Beispielsweise wenn er aufzeigt, dass der Begriff "Derby" zwischen Schalke und Dortmund noch nicht allzu lange gebräuchlich ist, und dass das allgegenwärtige Ruhrpottgefühl erst in den späten neunziger Jahren entstand und damit ein recht neues Phänomen ist. Nach Lektüre des Buches sieht man vielleicht nicht die Welt mit anderen Augen, aber doch jenen Teil, der sich Ruhrpott nennt.
kle.
Christoph Biermann: Wenn wir vom Fußball träumen. Eine Heimreise. Verlag Kiepenheuer & Witsch Köln 2014, 256 Seiten, gebunden 18,99 Euro, E-Book 16,99 Euro.
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» Wenn wir vom Fußball träumen ist ein weiteres großartiges Buch eines der renommiertesten Fußball-Schreiber der Republik [...].« Reutlinger General-Anzeiger 20150107