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Haben Sie dieses Jahr wieder nicht mehr Geld im Portemonnaie? Dann sind Sie keine Ausnahme, denn seit Jahren sinken die Realeinkommen der deutschen Beschäftigten. Michael Sauga, Wirtschaftsredakteur beim "Spiegel", sagt, warum das so ist und was getan werden muss. Er fordert nichts weniger als einen Komplettumbau des bisherigen Sozialstaates. Kein europäischer Staat beutet seine Arbeitnehmer so aus wie der deutsche. Bei jeder "Reform" Gesundheit, Steuer, Pflege wird der Faktor Arbeit am stärksten belastet. Die Zeche zahlen stets die Arbeitnehmer. Deshalb ist unser Sozialstaat aus der Balance…mehr

Produktbeschreibung
Haben Sie dieses Jahr wieder nicht mehr Geld im Portemonnaie? Dann sind Sie keine Ausnahme, denn seit Jahren sinken die Realeinkommen der deutschen Beschäftigten. Michael Sauga, Wirtschaftsredakteur beim "Spiegel", sagt, warum das so ist und was getan werden muss. Er fordert nichts weniger als einen Komplettumbau des bisherigen Sozialstaates. Kein europäischer Staat beutet seine Arbeitnehmer so aus wie der deutsche. Bei jeder "Reform" Gesundheit, Steuer, Pflege wird der Faktor Arbeit am stärksten belastet. Die Zeche zahlen stets die Arbeitnehmer. Deshalb ist unser Sozialstaat aus der Balance geraten, deshalb gibt es die "Drei-Drittel-Gesellschaft". Und bleibt es bei der bisherigen Politik, wird sich diese Entwicklung fortsetzen. Willkommen im Prekariat!
Autorenporträt
Michael Sauga, geb. am 25. Juli 1959 in Vienenburg am Harz, studierte Volkswirtschaftslehre an der Universität zu Köln. Er war Redakteur der Wirtschaftswoche in Düsseldorf, in den Ressorts 'Special', 'Unternehmen' und 'Politik', zuletzt mit Sitz in Bonn. Von 1997-99 hat er als Korrespondent für das Nachrichtenmagazin 'FOCUS' gearbeitet. Seit 2000 ist er im Berliner Parlamentsbüro des Nachrichtenmagazins 'Der Spiegel' der zuständige Redakteur für Arbeit und Soziales.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.10.2007

Kein Geld für die Arbeit

Michael Saugas These lautet: Die breite Mittelschicht der normal verdienenden Arbeitnehmer, also der abhängig Beschäftigten, hat in den letzten Jahren am meisten verloren. Verlust wird dabei von Sauga relativ interpretiert, also im Vergleich zu anderen Gruppen der Gesellschaft. Das sind die Selbständigen, die Bezieher von Kapitaleinkommen, aber auch die Pensionäre, die Rentner und sogar die Empfänger von staatlichen Transferleistungen.

In der Tat liegen die Nettorealeinkommen pro Arbeitnehmer auf dem gleichen Niveau wie 1987, wenn sie auch pro Stunde ein wenig gestiegen sind. Neben der Integration der bevölkerungsreichen Länder China und Indien in die internationale Arbeitsteilung liegt die Ursache im Anstieg der Sozialabgaben, die einen immer größeren Keil zwischen Brutto- und Nettolohn treiben.

Besonders verblüffend ist, dass sich das Nettoeinkommen der Transferempfänger wie der Rentner und - bis 2000 - auch der Arbeitslosen relativ verbessert hat, während es bei den abhängig Beschäftigten konstant geblieben ist.

Dies lässt sich nur dadurch erklären, dass die Politik den Sozialstaat zu ihrer Beute gemacht hat und bei der Verteilung ihrer Wahlgeschenke verdrängt, welche Gruppe die Sozialleistungen finanzieren muss - die beschäftigten Arbeitnehmer. Das wirkt zwangsläufig negativ auf die Leistungsbereitschaft derjenigen, die das zu verteilende Sozialprodukt erstellen müssen.

Sauga empfiehlt viererlei als Lösung: erstens eine Gesundheitsprämie. Trotz des oft bemühten Arguments von der ungleichen Belastung der Sekretärin und ihres Chefs durch die Prämie bietet sie wegen der Steuerfinanzierung etwa der Ausgaben für Kinder eine breitere und gerechtere Finanzierungsbasis als die Bürgerversicherung. Sein zweites Element ist ein gleitender Freibetrag für Sozialabgaben im unteren Lohnsegment. Dabei beantwortet er die Frage der Finanzierung jedoch nicht. Seine dritte Empfehlung ist eine Erwerbstätigenrente, bei der alle einbezogen werden. Und viertens spricht sich Sauga - in Grenzen - für Steuern statt Beiträge aus, darunter die Erbschaftsteuer.

Das Buch liest sich gut, ist informativ, enthält manche journalistische Hintergrundinformation und macht auch institutionelle Fehlanreize an schönen Beispielen deutlich, so, wenn der Autor auf Seite 68 erklärt, dass die Rentenformel die Renten steigen lässt, wenn immer mehr Arbeitskräfte entlassen werden, weil dies die für die Rentenberechnung maßgebliche Arbeitsproduktivität der noch Beschäftigten steigen lässt. Das Buch ist also lesenswert.

Was allerdings entschieden zu kurz kommt, ist der zweite Teil der von Sauga genannten Doppelstrategie, nämlich stärker auf die Eigenvorsorge zu setzen. Dabei ist es notwendig, das Risiko, das die soziale Absicherung abdecken soll, genau zu betrachten. Unbestritten ist, dass das Risiko, länger und schwer krank zu werden, durchaus im Sinne des Rawlsschen Fairness-Kriteriums angegangen werden kann, also solidarisch abgedeckt werden muss. Aber wenn die Menschen in einer Gesellschaft fünf Jahre länger leben, ist es dann Aufgabe des Staates, für ein Einkommen in diesem Lebensabschnitt zu sorgen? Ist hier nicht jeder Einzelne selbst gefordert?

Außerdem: Ist es zwingend, dass der Staat bei der Arbeitslosenversicherung auch den Einkommensverlust in der ersten Woche der Arbeitslosigkeit auffängt? Oder kann dies nicht jeder selbst aus eigenen Ersparnissen tun? Müssen Sportunfälle durch eine öffentlich organisierte Versicherung abgedeckt werden? Zusammengefasst: Was sind die großen Risiken, wie beispielsweise eine lang andauernde Krankheit, die die Gemeinschaft dem Einzelnen abnehmen muss? Und was sind die kleinen Risiken, die jeder selbst übernehmen kann? Eine Diskussion entlang dieser Linien passt offensichtlich nicht mehr in die Zeit.

Was in dem Buch auch zu kurz kommt, ist eine Debatte darüber, wie wir wieder zu einem kräftigerem Anstieg der Stundenproduktivität von bisher nur 1,4 Prozent pro Jahr in diesem Jahrzehnt kommen können und welche Rolle dabei das Humankapital, die Organisation von Forschung und Entwicklung und die Gestaltung der Universitäten spielen sollten. Das Problem ist, dass wir nicht nur die Mitte, sondern auf Dauer in einer alternden Gesellschaft auch unsere Wachstumskraft verlieren. Diese Fragen hätten aber vielleicht das Thema gesprengt.

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