Die siebzigjährige Virginia Stone lebt von Geburt an auf Bulborrow Court, dem ländlichen Herrenhaus ihrer Eltern. Wie ihr Vater hat sie ihr Leben der Schmetterlingsforschung verschrieben. Virginias jüngere Schwester Vivien hat das Elternhaus bereits in jungen Jahren verlassen und ist nach London
gegangen.
Schon früher waren die Schwestern, obwohl eng befreundet, sehr gegensätzlich - Ginny die…mehrDie siebzigjährige Virginia Stone lebt von Geburt an auf Bulborrow Court, dem ländlichen Herrenhaus ihrer Eltern. Wie ihr Vater hat sie ihr Leben der Schmetterlingsforschung verschrieben. Virginias jüngere Schwester Vivien hat das Elternhaus bereits in jungen Jahren verlassen und ist nach London gegangen.
Schon früher waren die Schwestern, obwohl eng befreundet, sehr gegensätzlich - Ginny die ordnungsliebende Forscherin, Vivi die impulsive Chaotin. Jetzt kommt Vivien überraschend nach Jahrzehnten wieder zu Besuch. Nach der ersten Wiedersehensfreude ist Virginia vor allem misstrauisch. Sie fühlt sich durch die Anwesenheit ihrer Schwester irritiert, zu sehr hat sie sich an die Einsamkeit gewöhnt und hasst jede Störung ihrer Ruhe.
Während Virginia über den wahren Grund der Wiederkehr ihrer Schwester nachgrübelt, versinkt sie in Erinnerungen an ihr Leben mit Vivien vor über vierzig Jahren. Sie erinnert sich an glückliche Tage in ihrer Kinderzeit und Jugend - aber auch an dunkle Familiengeheimnisse, die sie längst verdrängt geglaubt hat und die nie wieder an die Oberfläche kommen sollten ...
Ein abgelegenes Herrenhaus, eine verschrobene Besitzerin und dunkle Familiengeheimnisse - dies sind die bewährten Zutaten, die sich Poppy Adams für ihren Debütroman zurechtgelegt hat. Gleich mehrere Fragen fesseln den Leser, sowohl in der Gegenwart als auch im Handlungsstrang, der in der Vergangenheit spielt. Schon früh ist erkennbar, dass Virginia sich zwar über das Wiedersehen mit Vivien freut, dass aber auch Spannungen und viel Unausgesprochenes in der Luft liegen und es womöglich zu einem Streit mit ungewissem Ausgang kommen mag. Nach und nach wird das anfänglich gezeichnete Bild von der Idylle einer wohlhabenden Forscherfamilie zerstört, indem immer mehr Enthüllungen aus der Vergangenheit ans Tageslicht geholt werden. In ihrer Liebe zu Vivi verwickelt sich die junge Ginny in eine verhängnisvolle Aufgabe und man ahnt, dass das Vorhaben der beiden Schwestern ein böses Ende nehmen muss. Auch über dem Tod der Mutter liegt ein Schatten und Ginny muss sich nach all den Jahren mit einer möglichen neuen Ursache auseinander setzen.
Die Charaktere sind gut gelungen. Da ist die lebhafte Vivien, stets unbekümmert und spontan, die eindeutige Anführerin, obwohl drei Jahre jünger als Virginia. Ganz anders Virginia. Schon früh entdeckt sie ihren Forscherdrang und eifert ihrem berühmten Vater nach. Stundenlang beobachtet sie Raupen und Schmetterlinge, katalogisiert sie, tötet sie zu Untersuchungszwecken. Was Vivien mit der Zeit öde wurde, bleibt bis an Virginias Lebensende ihre Leidenschaft. Auch dem Leser wird die bunte Welt der Schmetterlinge nahegebracht, immer wieder lässt sich Ich-Erzählerin Virginia zu kleinen Abschweifungen hinreißen, die nie ins Belehrende gleiten, sondern eindrucksvoll ihre Liebe zu dieser Wissenschaft unterstreichen. Das Familienbild ist angenehm vielschichtig geraten. Was anfangs nach Harmonie aussieht, beginnt bald zu bröckeln und hält einige düstere Entwicklungen bereit.
Ein paar Mankos sind Poppy Adams bei ihrem Debüt dennoch untergekommen. Zum einen vermisst man ein wenig mehr Zeitgeist im Handlungsstrang der Vergangenheit. Die Schwestern werden in den turbulenten Vierzigerjahren geboren, doch von Krieg oder Nachkriegszeit ist nicht viel zu spüren; stattdessen macht die Handlung einen durchweg modernen Eindruck. Zudem kann das Ende nicht ganz die geweckten Erwartungen bestätigen.