Während des Kalten Krieges standen Schriftsteller und Künstler vor einer schwierigen Herausforderung: In der Sowjetunion erwartete man von ihnen die Glorifizierung des herrschenden Sozialismus. Die westliche Welt hingegen rühmte die freie Meinungsäußerung als die nobelste Errungenschaft der liberalen Demokratie. Aber diese Freiheit hatte ihren Preis. In "Wer die Zeche zahlt..." dokumentiert die Historikerin und Literaturwissenschaftlerin Frances Stonor Saunders ein geheimes Programm der amerikanischen Regierung, durch das einige der stimmgewaltigsten Vertreter der westlichen intellektuellen Elite - wissentlich oder unwissentlich, willentlich oder unwillentlich - zu Werkzeugen des amerikanischen Geheimdienstes wurden. Gestützt auf umfassendes Archivmaterial und Interviews mit Zeitzeugen, zeigt Saunders, wie der CIA mit Hilfe einer eigens gegründeten schlagkräftigen Organisation - dem "Kongress für kulturelle Freiheit" - bis in die sechziger Jahre hinein jede Nische des westlichen Kulturbetriebs infiltrierte: Er finanzierte und kontrollierte Radiosender, Zeitungen und Zeitschriften wie "Der Monat" oder den "Encounter", organisierte Ausstellungen, Konzerte und Kongresse, vergab Preise und Stipendien und schickte ganze Symphonie-Orchester um die Welt. Die Liste der vom CIA Geförderten liest sich wie ein Kulturlexikon der Nachkriegszeit: George Orwell, Arthur Koestler, Mary McCarthy, Manes Sperber, Nicolas Nabokov, der Bruder des Schriftstellers, Ignazio Silone, W. H. Auden, Isaiah Berlin, Bertrand Russell und viele andere, die oftmals gerade dem linken Spektrum zuneigten. Denn darin bestand der Coup der CIA: Nicht die Rechte, sondern die nicht-kommunistische Linke sollte sich als beste Waffe im Kampf gegen den Kommunismus erweisen.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Norbert Seitz referiert vollständig die "umfangreiche Studie" der britischen Historikerin Frances Stonor Saunders über die Rolle des CIA im Kulturkampf des Kalten Krieges. Einerseits signalisiert ein solches Referat wohl Zustimmung auf Seiten des Rezensenten, andererseits ist die Stimme der Autorin von der Meinung des Rezensenten nur dort zu unterscheiden, wo wörtlich zitiert wird. Saunders Untersuchung, so Seitz, zeigt, wie prominente westliche Intellektuelle beabsichtigt oder unbeabsichtigt zu Werkzeugen des amerikanischen Geheimdienstes wurden. Mit Ausstellungen, Konzerten, der Gründung von Zeitschriften wie "Der Monat", "Preuves" und "Encounter", Kongressen, Preisen und Stipendien habe der CIA versucht, ein Gegengewicht zur kommunistischen Kulturpropaganda zu schaffen. Die Strategie des CIA sei dabei gewesen, nicht-kommunistische Vertreter der Linken zu gewinnen. Nach dem fatalen Ergebnis der extrem polarisierten "Cultural and Scientific Conference for World Peace" 1949 in New York, sollte der "Kongress für kulturelle Freiheit" 1950 in Berlin zum intellektuellen Schlag gegen den Kommunismus werden. Manche Beobachter haben den CIA für seine Verdienste um die Kultur gelobt, denn bei weitem nicht alles von ihm Finanzierte war auch ideologisch konform, andere haben darin lediglich ein strategisches Spiel gesehen, nicht besser als das der Gegenseite, wie Seitz referiert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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