22,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Versandfertig in über 4 Wochen
  • Broschiertes Buch

Im Oktober 1973 reiste der Dichter und Sänger Leonard Cohen - neununddreißig Jahre alt, berühmt, unglücklich und in einer kreativen Schaffenskrise - von seiner Heimat auf der griechischen Insel Hydra in das Chaos und Blutvergießen der Wüste Sinai, als Ägypten Israel am höchsten jüdischen Feiertag, Jom Kippur, angriff. Mit einer Gitarre und einer Gruppe einheimischer Musiker zog Cohen an der Front umher und traf Hunderte junger Soldaten, Männer und Frauen, die sich im schlimmsten Moment ihres Lebens befanden. Diejenigen, die überlebten, haben diese Erfahrung nie vergessen. Und der Krieg…mehr

Produktbeschreibung
Im Oktober 1973 reiste der Dichter und Sänger Leonard Cohen - neununddreißig Jahre alt, berühmt, unglücklich und in einer kreativen Schaffenskrise - von seiner Heimat auf der griechischen Insel Hydra in das Chaos und Blutvergießen der Wüste Sinai, als Ägypten Israel am höchsten jüdischen Feiertag, Jom Kippur, angriff. Mit einer Gitarre und einer Gruppe einheimischer Musiker zog Cohen an der Front umher und traf Hunderte junger Soldaten, Männer und Frauen, die sich im schlimmsten Moment ihres Lebens befanden. Diejenigen, die überlebten, haben diese Erfahrung nie vergessen. Und der Krieg veränderte auch Cohen. Er hatte angekündigt, seine Musikkarriere aufzugeben, aber stattdessen kehrte er nach Hydra und zu seiner Familie zurück und veröffentlichte eines der erfolgreichsten Alben seiner Karriere. In "Wer durch Feuer" schildert der Journalist Matti Friedman diese Wochen im Sinai in fesselnder Weise. Er stützt sich dabei auf Cohens bisher unveröffentlichte Texte und Originalberichte,um eine kaleidoskopische Darstellung eines erschütternden, prägenden Moments sowohl für ein junges Land im Krieg als auch für einen Sänger am Scheideweg zu schaffen.
Autorenporträt
ist ein preisgekrönter Journalist und Autor. Er wurde in Toronto geboren und lebt in Jerusalem. Seine Arbeiten erscheinen regelmäßig in der New York Times, The Atlantic, Tablet u. a.
Rezensionen
"Ein faszinierender und intensiver Bericht über Leonard Cohens Zeit in Israel während des 19-tägigen Jom-Kippur-Krieges von 1973. Ein Muss für jeden Leonard-Cohen-Fan, mit Auszügen aus seinen unveröffentlichten Manuskripten aus dieser Zeit. Gefühlvoll und durchdacht." Suzanne Vega "Ein kurzes, symphonisches Buch mit bemerkenswerten Geschichten über Sehnsucht, Liebe und Krieg, dessen Leitmotiv ein heimgesuchter Künstler ist, der geheime Akkorde trägt, die die Welt verzaubern." Rabbiner David Wolpe "Matti Friedman zeichnet sich dadurch aus, dass er in vergessenen Dingen die große Bedeutung findet: vergessene Manuskripte, vergessene Kriege, vergessene Spione. In diesem Bericht über Leonard Cohens vergessene Konzerttournee während des Jom-Kippur-Krieges wird nicht nur eine verborgene Seite Cohens enthüllt, sondern auch eine verborgene Seite Israels. ,Wer durch Feuer' ist ein Buch über die Veränderung, die geschieht, wenn man durch Flammen geht." David Bezmozgis "Ein aufschlussreicher und fesselnder Bericht über diese wenigen kurzen Wochen, in denen das Schicksal Israels am Abgrund stand, aber seine Enthüllungen werden den Leser viel länger begleiten, als es dauert, den schmalen Band zu lesen. ... Friedmans fesselnde Erzählung eines entscheidenden Krieges, der eine Nation, das jüdische Volk und einen Musiker unauslöschlich geprägt hat, zieht den Leser in seinen Bann und lässt ihn nicht mehr los, bis die letzte Seite zu Ende gelesen ist." Jewish Journal

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.11.2023

Gitarre gegen Panzer
Vor 50 Jahren zog Leonard Cohen an die Front des Jom-Kippur-Kriegs,
um für demoralisierte israelische Soldaten zu singen. Er wurde dort ein anderer.
Für die Prominenz wird Platz gemacht hinter der Front. Marilyn Monroe trat im Koreakrieg auf, John Wayne im Vietnamkrieg, und Bono stand im U-Bahn-Schacht von Kiew. Leonard Cohen hingegen wurde schon wegen seiner äußerlichen Sanftheit eher in den Reihen der Pazifisten verortet.
Dann aber wurde Israel am 6. Oktober 1973 von Ägypten und Syrien überfallen, am Feiertag Jom Kippur. Und in Cohens Kopf entsicherte sich etwas. Ein paar Tage später stand er in der Wüste des Sinai, die Gitarre in den Händen, um ihn herum Panzer. Es müssen denkwürdige Tage gewesen sein, über die es große Filme hätte geben können. Gab es aber nicht. Nicht mal das israelische Militär führte Buch. In den Nachrufen über den 2016 im Alter von 82 Jahren verstorbenen Cohen fand sich über dieses Kapitel seines Lebens kaum eine Silbe.
Das ändert sich nun. Der Journalist Matti Friedman konnte ein 45-seitiges von Cohen verfasstes Dokument in einer verstaubten Universitätsbibliothek nahe Toronto bergen. Angereichert um Augenzeugenberichte fertigte der in Jerusalem lebende Kanadier daraus das nun auf Deutsch erschienene Buch „Wer durch Feuer“ (Original: „Who by Fire“, angelehnt an den gleichnamigen Song Cohens). Es ist ein aus zwei Gründen eindringlicher Bericht.
Der eine Grund betrifft die Vergangenheit, denn man lernt etwas über Cohen, der die Wüste als Front-Musiker bekümmert betrat und bekümmert verließ – und doch ein anderer, ein erfüllterer Mensch geworden war. Das deutet schon der Untertitel „Die Wiedergeburt Leonard Cohens“ an. Der zweite Grund betrifft das Jetzt. Man muss sich beim Lesen ab und an daran erinnern, dass die Handlung im Jahr 1973 spielt und nicht im Oktober 2023. Wie heute war Israel unvorbereitet getroffen worden. Wie heute brach in diesen dunklen Stunden die Diaspora nach Israel auf, um sich dem Militär anzuschließen. „Hunderte schliefen an den El-Al-Schaltern in Heathrow und Orly“, schreibt Friedman, der mit Reporter-Akribie und minimalinvasiver Ironie das von ihm Rekonstruierte interpretiert. „Damals wirkte ein Notruf aus Israel auf manche wie das Bat-Signal aus dem Batman-Comics.“
Cohen lebte zu jener Zeit auf der griechischen Insel Hydra. Mit 39 war er weltberühmt und für einen Künstler nicht mehr jung, aber eben auch noch nicht alt. Sein Geisteszustand: Krise. „Ich habe Lieder im Kopf, aber ich weiß nicht, wie ich sie niederschreiben kann“, sagte er. Cohen, der in Kanada religiös aufwuchs und den Revolver seines früh gestorbenen Vaters hütete, wollte sich wieder spüren. So zog es ihn in seine „mythische Heimat“, nach Israel.
Dort schlief er wie die Soldaten auf dem Boden und aß von ihren Kampfrationen. Er nahm den hebräischen Namen Elieser an, lauschte den Stimmen, die er kaum verstand, weil die meisten kein Englisch sprachen und er selbst kein Hebräisch. Er spielte sich die Hände wund. Mit militärischem Gefühlsgeiz befand er: „Hier und da gab es Andeutungen, dass ich nützlich sei.“
Aber wer wollte er hier sein? Cohen kam als Mann, der sich mit Blick auf den Krieg kaum greifen ließ. Umso präziser analysiert Friedman, wie man diese oder jene Zeile hinsichtlich seines Pazifismus lesen kann: Cohen war nie ein Rambo und wurde es auch in Israel nicht. Aber er wollte, wie Friedman schreibt, auch „kein John Lennon sein“. Für Zeilen wie „Give Peace a Chance“ fehlte ihm die Naivität.
Es ist redlich, dass Matti Friedman den für seine Recherche so wichtigen Zeitzeugen Raum gibt. Und es ist die kleine Schwäche des Buchs, weil das gelegentlich den Lesefluss hemmt. Umso näher kommt man Cohen auf den übrigen Seiten: seiner Dandyhaftigkeit (vor der Abreise sagte er seiner Frau: „Weil es so furchtbar ist zwischen uns, werde ich gehen und Ägyptens Kanonenkugeln aufhalten“), vor allem aber seiner Sicht auf den Krieg.
Einen einzigen Song schrieb er dort, der wegen seines Titels fälschlicherweise als Liebeslied gedeutet wird. Aber „Lover Lover Lover“ ist, wenn überhaupt, eine Liebeserklärung an die Soldaten. Einer, der damals dabei war, erinnert sich, wie gerührt er war, als Cohen da verblüffend unverrätselt sang: „I went down to the desert to help my brothers fight.“ Ich ging in die Wüste, um meinen Brüdern im Kampf beizustehen. Doch so rechtschaffen fühlte er sich nicht dauerhaft.
Vermutlich, weil seine Notizen nur für ihn selbst bestimmt waren, geht Cohen darin aufrichtig mit sich selbst ins Gericht. Er beschreibt etwa, wie ein Hubschrauber im Stützpunkt landete, voll mit Verletzten. „Ich sehe ihre Verbände und unterdrücke meine Tränen. Es sind junge Juden, die sterben“, schrieb Cohen. Juden wie er. „Dann sagt mir jemand, dass es ägyptische Verwundete sind. Meine Erleichterung verblüfft mich. Ich hasse das. Ich hasse meine Erleichterung. Das kann nicht vergeben werden. Das ist Blut an deinen Händen.“
Aus dem Krieg zurückgekehrt schrieb Cohen: „Ich war ein ernst zu nehmender Mensch, der den Krieg gesehen hatte.“ Doch seine Schlüsse führten in den Augen mancher Israelis zum Verrat (dem ihm die meisten später verziehen). Jener Soldat, der damals noch so gerührt war, hörte das Lied später im Radio und konnte es nicht fassen: „Der Mistkerl hat den Text geändert.“ Der Satz, in dem Cohen seinen Brüdern beisteht, war weg. Im Krieg wurde Cohen kein Dogmatiker. Er zweifelte nur noch mehr.
MARCEL LASKUS
Leonard Cohen, hier 1970 bei einem Auftritt in Paris, ordnete sich selbst eher den Pazifisten zu – dann kam der Jom-Kippur-Krieg.
Foto: Philippe Gras/imago
Matti Friedman:
Wer durch Feuer.
Krieg am Jom Kippur und die Wiedergeburt
Leonard Cohens. Aus dem Englischen von Malte Gerken. Hentrich & Hentrich, Leipzig 2023.
204 Seiten, 22 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr