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»An meine Kindheit habe ich keine einzige glückliche Erinnerung«, lautet der erste Satz in Édouard Louis' Roman »Das Ende von Eddy«. In seinem Buch »Wer hat meinen Vater umgebracht« sieht Louis das anders, mittlerweile versteht er die Wutausbrüche seines Vaters, der unter der sozialen Ungerechtigkeit einer Gesellschaft leidet, die für Menschen wie ihn keinen Platz hat. Louis erinnert sich an einen liebevollen und fürsorglichen Vater, der seinem Sohn wünscht, aus den einfachen Verhältnissen auszubrechen. Édouard Louis hat es geschafft. Eine überwältigende Hommage an den eigenen Vater und dessen gescheiterte Träume. …mehr

Produktbeschreibung
»An meine Kindheit habe ich keine einzige glückliche Erinnerung«, lautet der erste Satz in Édouard Louis' Roman »Das Ende von Eddy«. In seinem Buch »Wer hat meinen Vater umgebracht« sieht Louis das anders, mittlerweile versteht er die Wutausbrüche seines Vaters, der unter der sozialen Ungerechtigkeit einer Gesellschaft leidet, die für Menschen wie ihn keinen Platz hat. Louis erinnert sich an einen liebevollen und fürsorglichen Vater, der seinem Sohn wünscht, aus den einfachen Verhältnissen auszubrechen. Édouard Louis hat es geschafft. Eine überwältigende Hommage an den eigenen Vater und dessen gescheiterte Träume.
Autorenporträt
Édouard Louis wurde 1991 geboren. Sein autobiographischer Debütroman 'Das Ende von Eddy', in dem er von seiner Kindheit und Flucht aus prekärsten Verhältnissen in einem nordfranzösischen Dorf erzählt, sorgte 2015 für großes Aufsehen. Das Buch wurde zu einem internationalen Bestseller und machte Louis zum literarischen Shootingstar. Seine Bücher erscheinen in 30 Ländern und werden vielfach fürs Theater adaptiert und verfilmt. Über seine literarischen Positionen gab er u.a. Auskunft als Samuel Fischer-Gastprofessor an der Freien Universität Berlin (2018), bei der Mosse Lecture an der Humboldt-Universität Berlin (2019) oder 2023 bei den Tübinger Poetikvorlesungen. Zuletzt erschienen 'Wer hat meinen Vater umgebracht' und 'Die Freiheit einer Frau'. Édouard Louis lebt in Paris. Hinrich Schmidt-Henkel, geboren 1959, übersetzt Belletristik und Theaterstücke aus dem Französischen, Italienischen und Norwegischen, darunter Werke von Jon Fosse, Henrik Ibsen, Jean Echenoz, Louis-Ferdinand Céline, Yasmina Reza, Stefano Benni und Massimo Carlotto. Er ist u.a. Träger des Jane-Scatcherd-Preises der Ledig-Rowohlt-Stiftung, des Paul-Celan-Preises und des Deutschen Jugendliteraturpreises.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.06.2020

NEUE TASCHENBÜCHER
Geschichte
eines Lebens
„Du redest nicht.“ Weil der Vater von Édouard Louis, Fabrikarbeiter aus Nordfrankreich, nicht mit seinem Sohn geredet hat, muss der heute umso lauter sprechen: „Die Geschichte seines Lebens erzählen heißt, die Geschichte meiner Abwesenheit schreiben.“ Schon in seinem Debüt „Das Ende von Eddy“ hat sich der 1992 geborene Louis neben der Dorfgesellschaft im Speziellen am Vater abgearbeitet, der das Weiche seines homosexuellen Kindes verachtete. Im neuen Buch versucht Louis das Verhalten des Vaters zu verstehen, statt mit ihm abzurechnen. Er blickt zurück auf dessen Jugend: „Möglichst früh von der Schule abzugehen, war für dich ein Männlichkeitsbeweis und in deiner Welt zudem die Regel.“ Hier spricht der Soziologe Louis, der der Provinz entkam und bei Didier Eribon studierte. Was den Text so intensiv macht, bis er für jede Art von Schuld und Not irritierend vereinfachend die Politik verantwortlich macht, ist die Stimme des sich nach väterlicher Liebe verzehrenden Louis. Wie ein Kontrapunkt schiebt sie sich zwischen die sezierenden Bestandsaufnahmen: „Ich sagte, Papa, schau mal, schau mal, ich kämpfte, aber du sahst nicht hin.“ FLORIAN WELLE
Édouard Louis: Wer hat meinen Vater umgebracht? Aus dem Französischen v. H. Schmidt-Henkel. S. Fischer Verlag, Frankfurt/ M. 2020. 80 Seiten, 9 Euro.
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zugleich eine zärtliche Liebeserklärung, eine heftige Abrechnung und eine Art offener Brief Romain Leick Der Spiegel 20190121

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.01.2019

Die Rückkehr
Édouard Louis' eindrucksvoller Text über seinen Vater

Als im Oktober 2017 Frankreich Gastland der Frankfurter Buchmesse war, trat im Anschluss an die Eröffnungsfeier, bei der der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel zugegen gewesen waren, im "NM57" der Schriftsteller Édouard Louis zusammen mit seinem Übersetzer Hinrich Schmidt-Henkel auf. "Wer hat meinen Vater umgebracht" hieß der Text, aus dem er hier zum ersten Mal las und dabei eine Weile brauchte, um sich Gehör zu verschaffen. Denn unter den Zuschauern des von der Buchmesse und der F.A.S. veranstalteten Abends waren an einem Tisch auch Gäste der offiziellen Eröffnungsfeier versammelt, die offenbar eher mit Macron persönlich als mit einem Macron-Gegner gerechnet hatten: Ulrich Wickert, der Schauspieler Sebastian Koch und die Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken. Einige von ihnen schenkten Louis jedenfalls keine besondere Aufmerksamkeit, bis ein kleiner Mann mit kahlem Kopf und wütendem Gesicht, der sich als der weltberühmte amerikanische Literaturagent Andrew Wylie herausstellte, laut "Shut up, shut up!" durch den Raum schrie.

Édouard Louis, inzwischen 26 Jahre alt und durch seine Auftritte mit den Soziologen Didier Eribon und Geoffroy de Lagasnerie in Deutschland vielleicht sogar noch berühmter als in Frankreich, hat diesen Text, der sich wie ein Brief an den Vater liest, eine Anklage und eine gleichzeitige Verteidigungsschrift, jetzt als Buch veröffentlicht. Es ist nicht das erste Mal, dass Louis' Leser von diesem Vater hören. In seinem literarischen Debüt, "Das Ende von Eddy" erzählte er 2014, wie er sich von dem Arbeitermilieu, in dem er in der Provinz in Nordfrankreich aufwuchs, löste und als schwuler Intellektueller neu erfand. "Meine ganze Kindheit über hoffte ich, du würdest verschwinden", heißt es im neuen Buch, das von dem "Männlichkeitswahn" eines Vaters Zeugnis ablegt, der dem Sohn einschärft, als Mann dürfe man sich niemals wie eine Frau verhalten: "Ein Mann sein, das heißt, sich nicht wie ein Mädchen, wie eine Schwuchtel aufführen."

"Wer hat meinen Vater umgebracht" unternimmt nun eine Rückkehr nach Hause und wechselt den Blick. Nicht mehr nur um die Abgrenzung vom Vater geht es, die es Louis ermöglicht hat, eine eigene Identität zu finden. Es geht zugleich darum, dessen Perspektive einzunehmen, sich in ihn einzufühlen, ihn zu verstehen: "Letzten Monat habe ich dich in der kleinen Stadt besucht, wo du jetzt wohnst. Als du die Tür aufmachtest, erkannte ich dich erst nicht wieder."

Édouard Louis changiert in seinem Buch zwischen politischem Aufruf und eindrucksvoller literarischer Annäherung. "Jeder, der eine ,Gelbweste' beschimpft, beschimpft meinen Vater", hieß neulich ein Text von ihm, den er in der französischen Kulturzeitschrift "Les Inrockuptibles" veröffentlicht hat. Und wo diese politische Verteidigung der "Gelbwesten"-Bewegung und die Parteinahme für Jean-Luc Mélenchon bei Louis oft allzu pathetisch und plakativ ausfällt, sind sein Blick auf den Vater und die Sprache, die er dafür findet, umso einnehmender und machen ihn, gerade in dieser Widersprüchlichkeit, zum interessantesten französischen Schriftsteller seiner Generation.

Julia Encke

Édouard Louis: "Wer hat meinen Vater umgebracht". Aus dem Französischen von Hinrich Schmidt-Henkel. S. Fischer, 80 Seiten, 16 Euro

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Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension

Rezensentin Sigrid Brinkmann liest Edouard Louis' neues Buch als "Anklageschrift der französischen Bourgeoisie". Während sie den Prolog, in dem Louis das Wiedersehen mit seinem kranken, einst die Mutter prügelnden Vater schildert, "feinfühlig poetisch" findet, erscheinen ihr die sonstigen fragmentarischen Erinnerungen des Autors, der Einblicke in familiäre Konflikte und emotionale Abgründe gewährt, präzise und pathosfrei. Wenn der Autor, der Literatur erklärtermaßen als Mittel betrachtet, "um Scham in der Welt zu verbreiten", Chirac, Bertrand, Hollande oder Macron mit Mördern vergleicht, "die nie für ihre Morde bekannt geworden sind", geht er für Brinkmann dann doch ein wenig zu weit. Vielleicht sollte er von der Literatur in die Politik wechseln, meint sie.

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