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Die geschichtswissenschaftliche Studie weist nach, dass sich deutsche AktivistInnen zwischen dem Ende des 18. und der Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend mit AbolitionistInnen im atlantischen Raum vernetzten und eigene sklavereikritische Stellungnahmen in den grenzüberschreitenden Diskurs einbrachten. Die Untersuchung deutscher SklavereigegnerInnen erweitert und verändert nicht nur den Blick auf die Abolitionsbewegung als grenzüberschreitendes historisches Phänomen, sondern auch auf den deutschen Raum als Teil des sogenannten atlantischen Hinterlands.

Produktbeschreibung
Die geschichtswissenschaftliche Studie weist nach, dass sich deutsche AktivistInnen zwischen dem Ende des 18. und der Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend mit AbolitionistInnen im atlantischen Raum vernetzten und eigene sklavereikritische Stellungnahmen in den grenzüberschreitenden Diskurs einbrachten. Die Untersuchung deutscher SklavereigegnerInnen erweitert und verändert nicht nur den Blick auf die Abolitionsbewegung als grenzüberschreitendes historisches Phänomen, sondern auch auf den deutschen Raum als Teil des sogenannten atlantischen Hinterlands.

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Autorenporträt
Dr. Sarah Lentz ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Postdoc in der Arbeitsgruppe Frühe Neuzeit an der Universität Bremen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.12.2020

Falscher Zucker
Sarah Lentz über frühe deutsche Kritiker der Sklaverei

"Dürfen wir nicht unbeachtet lassen, dass auch wir durch allgemeinen Verbrauch der Erzeugnisse der Sklavenarbeit fortwährend zur Fortdauer der Sklaverei und des davon untrennbaren Sklavenhandels beitragen? Hierdurch sind wir in der That Mitschuldige ..." Die Gründungserklärung des 1848 in Darmstadt ins Leben gerufenen "Nationalvereins für Abschaffung der Sklaverei" griff mit ihrem Appell zu Konsumboykott auf Strategien zurück, welche die britische Abolitionsbewegung bereits sehr erfolgreich praktiziert hatte. Der Verzicht insbesondere auf von Sklaven angebauten Zucker gehörte in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts zu den zentralen Instrumenten der kleinen und verstreuten, aber durchaus aktiven Gruppe deutscher Sklavereigegner. Deren Praktiken und Ideen waren, wie Sarah Lentz in ihrer informativen, wenngleich recht umständlich geschriebenen Untersuchung zeigt, eng in einen größeren atlantischen Kontext eingebunden. Häufig wurden Aktionen in Zusammenarbeit mit Abolitionisten vor allem aus dem angloamerikanischen Raum angestoßen.

Lange Zeit galt, dass für Deutschland historische Erfahrungen von Sklaverei und sklavereiartige Formen der Unfreiheit eine höchst geringe Rolle gespielt haben. Diese Ansicht hat die jüngere Forschung revidiert. So kam deutschen Finanziers und Kaufleuten für den Sklavenhandel und die Entwicklung der auf Sklavenarbeit gründenden atlantischen Plantagenwirtschaft eine beträchtliche Bedeutung zu. Deutsche Textilien, Spirituosen, Glas-, Messing- und Metallwaren etwa machten einen signifikanten Anteil der Tauschprodukte im Handel mit Menschen aus.

Über Häfen wie Hamburg und Bremen reichten die Verflechtungen der Wirtschaft mit Sklavenhandel tief ins Hinterland. Um 1800 lebte rund die Hälfte der Einwohner Hamburgs direkt vom an die Plantagenökonomie gekoppelten Seehandel. Für den deutschsprachigen Raum haben neuere Studien überdies nachgewiesen, dass Händler, Missionare, Seemänner und Soldaten immer wieder als Sklavinnen und Sklaven gekaufte Menschen von ihren Reisen mitbrachten. Wollten sie diese Personen nicht selbst behalten, war ein Weiterverkauf im Reich angesichts der Möglichkeiten, einen dreifach höheren Preis als in den Kolonien zu erzielen, äußert lukrativ.

Wie die Autorin zeigt, beschränkten sich erste Formen der deutschen Kritik an Sklaverei vorwiegend auf wenige Schriftsteller und Gelehrte. In den ersten Dekaden des neunzehnten Jahrhunderts setzten überdies einige Sklavereigegner wie Alexander von Humboldt und Therese und Victor Aimé Huber verstärkt auf eine Vernetzung mit grenzüberschreitenden abolitionistischen Netzwerken. Insgesamt jedoch blieb das Thema in der öffentlichen Debatte äußerst randständig.

Dies änderte sich erst ein wenig in den 1840er Jahren und war eng mit den Aktivitäten einer größeren atlantischen Antisklavereibewegung verbunden. Gegner der Sklaverei im Deutschen Bund verorteten sich dabei zunehmend als Teil einer den Atlantik umspannenden Bewegung. Deutsche Abolitionisten profitierten dabei von den Bemühungen britischer, aber auch nordamerikanischer Aktivisten, die Mobilisierung der deutschen Bevölkerung in dieser Frage anzustoßen. Und nicht nur Protagonisten des liberalen Bürgertums nahmen sich der Sache an. Auch Vertreter anderer sozialer Gruppierungen begannen, sich für das Schicksal von Sklaven zu interessieren.

Große öffentliche Aufmerksamkeit erregte der Fall von Friedrich Wilhelm Marcellino, der 1854 als Sklave mit seinem Besitzer, einem deutschen Arzt, aus Brasilien nach Berlin kam. Er stritt für seine Freilassung vor Gericht, welches jedoch die Besitzrechte seines Eigentümers bestätigte. Die Empörung darüber führte schließlich zu einer Gesetzesänderung. Ab 1857 war der Zustand der Sklaverei mit Betreten des preußischen Bodens automatisch aufgehoben.

Sarah Lentz legt materialreich dar, dass zumindest einige Personen und Institutionen in Deutschland aktiven Anteil an der Bekämpfung von Sklaverei nahmen und partiell international kooperierten oder sich inspirieren ließen. Doch bleibt sie in ihrer anregenden Studie die Antwort darauf schuldig, wie substantiell und nachhaltig dieses Engagement am Ende eigentlich war.

ANDREAS ECKERT.

Sarah Lentz: "Wer helfen kann, der helfe!"

Deutsche SklavereigegnerInnen und die atlantische Abolitionsbewegung 1760-1860.

Vandenhoeck & Ruprecht Verlag, Göttingen 2020. 456 S., geb., 85,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Andreas Eckert findet Sarah Lentz' Studie zum deutschen Engagement gegen Sklaverei aufschlussreich. Die Autorin vermag laut Eckert zu zeigen, inwieweit die Aktivitäten deutscher Sklavereikritiker wie Alexander von Humboldt und Therese Huber in einem "größeren atlantischen Kontext" zu sehen sind und wie die Kritik erst ab ca. 1840 weitere Kreise zog, über Gelehrtenkreise hinaus. Materialreich und anregend, findet Eckert, wenngleich er gern mehr erfahren hätte über die Nachhaltigkeit des dargelegten Engagements.

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