Alle medienkritischen Bewegungen der letzten hundert Jahre hatten vor allem ein Ziel: die Emanzipation des vermeintlich geknechteten, unmündigen Zuschauers. Denn eines schien immer klar zu sein: Sowohl im bürgerlich-dramatischen Theater als auch zu Hause vor dem Bildschirm zeige sich der Zuschauer grundsätzlich beherrscht von dem Geschehen auf Bühne und Mattscheibe ein passiver Empfänger, Konsument, machtlos.Ulf Heuner zeigt auf, dass vielmehr der Zuschauer grundsätzlich das Geschehen auf Bühne und Bildschirm beherrscht und sogenannte avantgardistische Bestrebungen, den Zuschauer in die Aktionen einzubinden, oft weniger der Versuch sind, den Zuschauer zu emanzipieren, als ihn (endlich) zu unterwerfen. Seine medien- und theatertheoretischen Reflexionen belegt Heuner mit einer Vielzahl von Beispielen. So schildert er u.a., wie er einmal selbst als Zuschauer auf eine Bühne gezerrt wurde. Das Buch versteht sich nicht zuletzt als Kritik an den Dominanz beanspruchenden kulturwissenschaftlichen Theorien, die unter Stichworten wie Performanz, Entgrenzung, Mit-Teilung, Postdramatik etc. dem falschen Versprechen von der Emanzipation des Zuschauers das Wort reden.Ulf Heuner, Dr. phil., Studium der Philosophie, Theater- und Medienwissenschaft in Erlangen und Berlin, 1999 Promotion in Leipzig mit einer Arbeit zum griechischen Theater (J.B. Metzler2001), Lehraufträge in Berlin, Bochum und Leipzig, 1998-2003 Mitarbeit im European Network of Research&Documentation of Performances of Ancient Greek Drama (Athen/Oxford). Heuner arbeitet heute als Verleger sowie freier Lektor und hat selbst zuletztein Buch über Missgeschicke publiziert (Klett-Cotta 2007); bei Parodos bereits erschienen: Klassische Texte zum Raum (3. Aufl . 2008)