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Was es heißt, Jude zu sein, ist eines der umstrittensten Themen in der jüdischen Gemeinschaft. Für Arthur Hertzberg ist es das Anderssein, das Auserwähltsein, das er als Verpflichtung zu einer universellen Ethik interpretiert. Im Licht einer starken These läßt Hertzberg ein historisches Panorama vom biblischen Israel bis zur Gegenwart lebendig werden: spannungsreich in der weltgeschichtlichen Entwicklung, überzeugend in der Charakterisierung der Protagonisten und aufklärend als kurze Geschichte des Judentums.
Seit den Zeiten ihres Stammvaters vor etwa viertausend Jahren ist der Charakter
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Produktbeschreibung
Was es heißt, Jude zu sein, ist eines der umstrittensten Themen in der jüdischen Gemeinschaft. Für Arthur Hertzberg ist es das Anderssein, das Auserwähltsein, das er als Verpflichtung zu einer universellen Ethik interpretiert. Im Licht einer starken These läßt Hertzberg ein historisches Panorama vom biblischen Israel bis zur Gegenwart lebendig werden: spannungsreich in der weltgeschichtlichen Entwicklung, überzeugend in der Charakterisierung der Protagonisten und aufklärend als kurze Geschichte des Judentums.

Seit den Zeiten ihres Stammvaters vor etwa viertausend Jahren ist der Charakter des jüdischen Volkes im wesentlichen derselbe geblieben. Die Juden sind Abraham nachgefolgt, indem sie anders waren und auf ihrem Anderssein beharrten. Und dies, so deuten es die Autoren durchaus provokativ, beruht auf dem Selbstbewußtsein, erwählt zu sein, nicht als Anspruch auf Superiorität, sondern als Verpflichtung zu einer universellen Ethik. Als die Erfahrung, immer und überall ausgeschlossen zu sein und sich beständig gegen eine sozial und kulturell andersartige Umwelt neu bestimmen zu müssen.

Das Buch ist ein Panorama. Es folgt der geschichtlichen Entwicklung, zeigt die großen Umbrüche und Konflikte in der jüdischen Geschichte und porträtiert bedeutende Gestalten von den Propheten und den Schriftgelehrten des Talmud bis zu den Schriftstellern, Künstlern, Wirtschaftsführern, Politikern und Gelehrten der Neuzeit und Moderne.

Rezension:
"Die schonungslose Selbstbefragung dringt so tief ins Innere ` und damit weit über die Klischeebilder dessen hinaus, was Nichtjuden als jüdische Identitätsdebatten von den Medien serviert bekommen -, daß Fragen moderner und postmoderner Existenz sichtbar werden, die uns alle betreffen: die Zerrissenheit zwischen dem Wunsch, anders sein zu können und doch dazuzugehören; die Spannung zwischen Universalität und Partikularismus, zwischen Jetzt und Ewigkeit." Frankfurter Rundschau

"Hertzberg, der nicht zulassen will, daß der orthodoxe Machtapparat für sich allein reklamiert, jüdische Identität zu definieren, liefert mit seinem Konzept des jüdischen Charakters einen so persönlichen wie provokativen Beitrag zu dieser Debatte. Er bestimmt den auf Abraham zurückgehenden jüdischen Charakter durch drei Züge: seine Erwähltheit, sein aufrührerisches Wesen und sein Außenseitertum." Der Falter

"In diesem Buch will Hertzberg für sich selbst als Jude sprechen. Seine Unverblümtheit und Direktheit sind dabei erstaunlich und machen das Buch zu einer spannenden Lektüre." Rheinischer Merkur

"Hertzberg und Hirt-Manheimer isolieren aus der historisch gewachsenen Vielfalt des Judentums integrierende Grundpositionen, um damit die Ära der jüdischen Selbstverleugnung, die mit der Aufklärung begann, zu beenden. Ihre streitbare und intellektuell anregende jüdische Geschichte ist insofern Schlußpunk und Ausgangspunkt zugleich." Frankfurter Allgemeine Zeitung
Rezensionen
"Die schonungslose Selbstbefragung dringt so tief ins Innere - und damit weit über die Klischeebilder dessen hinaus, was Nichtjuden als jüdische Identitätsdebatten von den Medien serviert bekommen -, daß Fragen moderner und postmoderner Existenz sichtbar werden, die uns alle betreffen: die Zerrissenheit zwischen dem Wunsch, anders sein zu können und doch dazuzugehören; die Spannung zwischen Universalität und Partikularismus, zwischen Jetzt und Ewigkeit." Frankfurter Rundschau

"Hertzberg, der nicht zulassen will, daß der 'orthodoxe Machtapparat' für sich allein reklamiert, jüdische Identität zu definieren, liefert mit seinem Konzept des 'jüdischen Charakters' einen so persönlichen wie provokativen Beitrag zu dieser Debatte. Er bestimmt den auf Abraham zurückgehenden 'jüdischen Charakter' durch drei Züge: seine Erwähltheit, sein aufrührerisches Wesen und sein Außenseitertum." Der Falter

"In diesem Buch will Hertzberg 'für sich selbst als Jude sprechen'. Seine Unverblümtheit und Direktheit sind dabei erstaunlich und machen das Buch zu einer spannenden Lektüre." Rheinischer Merkur

"Hertzberg und Hirt-Manheimer isolieren aus der historisch gewachsenen Vielfalt des Judentums integrierende Grundpositionen, um damit 'die Ära der jüdischen Selbstverleugnung, die mit der Aufklärung begann', zu beenden. Ihre streitbare und intellektuell anregende jüdische Geschichte ist insofern Schlußpunk und Ausgangspunkt zugleich." Frankfurter Allgemeine Zeitung

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.06.2000

Wider die modernen Zeloten
Arthur Hertzberg und Aron Hirt-Mannheimer zeigen, wo ein entschiedenes Judentum die Grenze zieht

Üble Judenriecherei betrieb seit dem Fin de Siècle der rassistische Literaturkundler Adolf Bartels unter den deutschen Literaten. In ihren Werken, ihrem Aussehen und Lebensstil spürte er dem vermeintlich Jüdischen nach und publizierte seine Befunde mit großem Erfolg. Selbst Thomas Mann sah sich genötigt, wiewohl "überzeugter Philosemit", den Verdacht gegen ihn und seinen Bruder öffentlich zu entkräften.

In Zeiten des Multikulturalismus scheint Wesensschau dieser Art, ob positiv, ob negativ, unmöglich. Doch dann liest man zweitausend Sätze wie: "Um unser Porträt der Juden entwerfen zu können, haben wir einen Begriffsrahmen geschaffen, innerhalb dessen der jüdische Charakter durch drei Grundbegriffe bestimmt wird: der Jude als Erwählter, als Aufrührer und als Außenseiter" und "Tragen die Juden möglicherweise selbst zum Antisemitismus bei? Die Antwort lautet grundsätzlich und unweigerlich: ja. Ihr Beitrag zum Judenhass besteht darin, darauf zu bestehen, Juden zu sein."

Deren Verfasser, Arthur Hertzberg und Aron Hirt-Mannheimer, wissen um die Provokation, die ihr Buch "Wer ist Jude?" bedeutet. Lessings Satz fällt ein: "Ich liebe keine Urteile über ganze Völker." Dass Hertzberg Religionswissenschaftler und ehemaliger Rabbiner, Hirt-Mannheimer Herausgeber der Zeitschrift "Reform Judaism" ist, nimmt wenig von dem Risiko, "Wesen und Prägung" der Juden auf knapp vierhundert Seiten bannen zu wollen.

Gleichwohl steht der Versuch in langer Tradition. Aus ganz anderer Position polemisierte Leo Baeck 1905 mit seinem Erstlingswerk "Das Wesen des Judentums" gegen Thesen in Adolf von Harnacks populärem "Wesen des Christentums" (1900). William S. Schlamm forderte 1964 unter demselben Titel "Wer ist Jude?" zur Gründung eines eigenen Staates das Ende der Diaspora und von den Juden kategorisch Assimilation oder Auswanderung nach Israel.

Immer erschien es problematisch, sogar schädlich, jüdische Charakteristika zu bestimmen, die Rassismus begünstigen und die Existenz von Juden in modernen Gesellschaften erschweren könnten. Dagegen setzen Hertzberg und Hirt-Mannheimer ihre Überzeugung: "Die Auflösung des Antisemitismus erfordert, dass die Juden an den Tisch treten und zu ihren Verfolgern sagen: Ja, wir sind anders." Fast unnötig zu erwähnen, dass dies Anderssein auf einer geistigen, religiösen Entscheidung beruht. Wie Ernest Renan eine Nation durch das "tägliche Plebiszit" des Volkes, definieren die Verfasser ganz unorthodox Juden als diejenigen, die sich "als Teil des jüdischen Volkes betrachten". Darunter ist kein Lippenbekenntnis zu verstehen, sondern die lebendige Fortführung einer "einzigartigen" Tradition. Zu ihr gehört das Bewusstsein der Erwähltheit nicht als "Verdienst, sondern als Verantwortung oder gar Heimsuchung", "eine wichtige Rolle zu spielen bei der Vervollkommnung der Welt".

Allein schon die Missachtung von Denktabus über das jüdische Wesen macht den intellektuellen Reiz der Lektüre aus, der gesteigert wird durch die reiche Textur des Buches. Das Grundgewebe bildet eine konzentrierte, gleichwohl differenzierte Geschichte des Judentums anhand bedeutender Persönlichkeiten wie Abraham, Flavius Josephus, Maimonides, Spinoza, Moses Mendelssohn, Baal Schemtow, Herzl, Rosenzweig, Buber. Nach dem babylonischen Exil, nach der Tempelzerstörung oder selbst nach der Schoa, immer wieder setzten Juden mit einer gewissen "Halsstarrigkeit" auf Neuanfang; zuletzt mit der Gründung des Staates Israel.

Durchwoben sind die historischen Kapitel von Erinnerungen Hertzbergs an seine Ghetto-Kindheit in Polen, an Treffen mit Kardinälen, mit Ben Gurion und Gelehrten wie Mordechaj Kaplan, die - getreu der talmudischen Tradition - Vergangenheit und Gegenwart verknüpfen. Gesäumt ist alles von einem leidenschaftlichen Plädoyer für ein tolerantes, selbstbewusstes und in das Weltgeschehen eingreifendes Judentum und gegen die Ultraorthodoxie mit ihrem aggressiven Chauvinismus: "Die bewaffneten Propheten in der West-Bank und ihre ultranationalistischen Anhänger stellen die jüdische Zukunft auf dasselbe brüchige Fundament wie die Zeloten, die sich einst gegen Rom erhoben, nämlich dass Gott die Zerstörung Jerusalems nie zulassen würde." Ultranationalistische Positionen gefährden nach Meinung den Autoren den Fortbestand des Judentums stärker als Assimilation oder Antisemitismus. Denn sie zerstören das gemeinsame Dach des Judentums, dessen Pluralität geradezu konstitutiv für seine Geschichte war ("Zwei Juden, drei Meinungen"), und stempeln Andersdenkende zu Ketzern oder gar Attentatszielen (Rabin).

Hertzberg und Hirt-Mannheimer isolieren dagegen, halb deskriptiv, halb normativ, aus der historisch gewachsenen Vielfalt des Judentums integrierende Grundpositionen, um damit "die Ära der jüdischen Selbstverleugnung, die mit der Aufklärung begann", zu beenden. Ihre streitbare und intellektuell anregende jüdische Geschichte ist insofern Schlusspunkt und Ausgangspunkt zugleich.

ROLF-BERNHARD ESSIG

Arthur Hertzberg, Aron Hirt-Mannheimer: "Wer ist Jude?" Wesen und Prägung eines Volkes. Aus dem Amerikanischen von Udo Rennert. Hanser Verlag, München 2000. 360 S., geb., 45,- DM.

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