Wer ist der geheimnisvolle Fluggast in Fall Nummer 1? Wer hat die Juwelen wirklich gestohlen? Was geht im Tulpenexpress mitten in der Nacht vor sich?In sechs kniffligen Ratekrimis ist Köpfchen gefragt. Nur wer mitdenkt, kann die Nuss knacken. Es gilt, dem Täter oder dem Motiv auf die Spur zu kommen. Ein spannendes Kreuzworträtsel am Schluss des Buchs verrät, ob der Leser den richtigen Täter gefunden hat.
Die aufregenden Fälle der Reihe Wer knackt die Nuss? sind seit Jahrzehnten Kult und haben sich millionenfach verkauft. Hier sind sechs Ratekrimis in einem Band versammelt.
Die aufregenden Fälle der Reihe Wer knackt die Nuss? sind seit Jahrzehnten Kult und haben sich millionenfach verkauft. Hier sind sechs Ratekrimis in einem Band versammelt.
Logisch: Wolfgang Ecke ist wieder da
Latein ist gut für das logische Denken! Man hat diesen Satz gehört, als man die erste Lateinstunde bekam, und bis zur letzten Stunde neun Jahre später an ihn geglaubt. Dabei hätte man ihn nicht beweisen und noch nicht einmal erklären können. Wäre man gefragt worden, welche Gründe dieser zum Glück von niemandem bezweifelte Satz hatte, hätte es der Antwort genau an jener Klarheit und Bündigkeit gefehlt, durch die sich angeblich der Lateinschüler verriet. Dabei stand das Material für einen sauberen Analogieschluss im Bücherregal, allerdings nicht unter den Schulbüchern, sondern bei der von Lehrern und Eltern nicht empfohlenen, aber gebilligten Literatur. Es handelt sich um Ravensburger-Taschenbücher mit Titeln wie "Das Geheimnis der alten Dschunke" und "Schach bei Vollmond". Das Übersetzen eines lateinischen Satzes gleicht dem Lösen eines Krimi-Rätsels von Wolfgang Ecke.
Man hat es mit einer überschaubaren Anzahl von Elementen zu tun, die man so lange im Geist hin und her schiebt, bis alles einrastet und passt. Geduld wird verlangt, eine gleichförmige Aufmerksamkeit, aber rasch stellt sich Routine ein, so dass man mit einem zügigen Erledigungstempo belohnt wird - wie der Kaufhausdetektiv Perry Clifton und sein kugeliger Kollege Archibald Trix den bestohlenen Juwelier oder Botschaftsrat jedes Mal wieder verblüffen, indem sie schon bei Übernahme des Auftrags den Termin der Ergreifung des Perlenkettendiebes angeben können, auf Stunde und Minute genau.
Die Römer waren das Volk des Messens, und an den ständigen Zeitansagen erkennt man den Kontinent, auf dem Perry Clifton ermittelt, als lateinische Zivilisation. "Um 10 Uhr 10 betrat ein Gentleman mit buschigem Schnauzbart und Brille die eleganten Geschäftsräume." - "Endlich, um 12 Uhr 54, polterte Hank schnaufend herein." - "Um 18 Uhr 10 erhob er sich und ging in seine Wohnung am Ende des Ganges, um sich umzukleiden." - "Um 23 Uhr 05 glaubte der Polizist Salomon, der neben Goldkorn saß, sein letztes Stündlein habe geschlagen." Um sich im Hauptkassenraum des Londoner Kaufhauses Johnson & Johnson die Mittagseinnahmen aushändigen zu lassen, benötigt Simon Rodgers, "ein gerissener Gauner der Extraklasse", exakt 48 Sekunden.
England ist keine Insel in Wolfgang Eckes Welt. In der Schweiz trinkt man genauso viel Tee, und in Frankreich gehen die Uhren nicht anders. Die nationalen Hintergründe sind austauschbar, denn auf sie kommt es zur Überführung von Urkundenfälschern und Versicherungsbetrügern ebenso wenig an wie auf die Sitten der von Cäsar besiegten gallischen Stämme für die Beherrschung des Ablativus absolutus. Eine Ausnahme bildet die Enttarnung des "Hotelschrecks", der sich in Hamburg als französischer Weinhändler ausgab, in Hannover als Oxford-Professor und in Frankfurt als Programmdirektor der BBC, bis er in Zürich in dem Hoteldetektiv Armand Sutter seinen Meister fand: Dieser angebliche Zitrusgroßhändler aus Jerusalem mit Namen Schmul Stettiner, der jeden Morgen in der Hotelhalle mit der Lupe zwei hebräische Zeitungen las, war gar kein Jude - denn er bewegte die Lupe von links nach rechts. In diesem Fall wurde kulturelles Sachwissen honoriert: Wenn die Leser ihre Augen vorwärts und rückwärts über den Text wandern ließen, sahen sie irgendwann die spiegelverkehrte Spielfigur.
Gewöhnlich offenbart sich der Täter dadurch, dass er ein Tatwissen preisgibt, das ein Unschuldiger nicht haben kann. "Ich hatte nicht die geringste Ahnung", beteuert der Hilfskoch Shelton, der Neffe von Mrs Green, "dass sie ihren Schmuck in einer Katze aufbewahrte." Der Kunstexperte Bruce Allert, der als Abteilungsleiter bei Johnson & Johnson eingestellt werden soll, behauptet, nichts von dem Prozess gegen den Fälscher Alan Brandfield gehört zu haben - und wähnt, Perry Clifton habe gesagt, der Prozess habe in Dublin stattgefunden. Perry Clifton weiß naturgemäß, was er gesagt und nicht gesagt hat. Er hat sich noch nie verplappert.
Wolfgang Ecke, Jahrgangsgenosse von Günter Grass aus der Karl-May-Stadt Radebeul, führte in mehr als fünfzig Büchern und sechshundert Hörspielen ein Tätervolk vor, das unter Bekenntniszwang und Hybris leidet. Er starb 1983 bei einem Autounfall. Jetzt hat sich der Boje-Verlag seines Werkes angenommen und eine Zusammenstellung von Perry-Clifton-Fällen sowie eine Sammlung von Ratekrimis neu herausgebracht. Leider ist die Auswahl beliebig und die Gestaltung lieblos; man vermisst die Zeichnungen von Rolf Rettich aus den Ravensburger-Bänden oder Ersatz in heutigem Stil. Man passe auf, was man sage: Die pädagogische Botschaft der Ecke-Krimis mag die Verächter des Lateinischen in der Meinung bestärken, Förderung des logischen Denkens heiße Abtötung der Phantasie. Doch unterschätzen wir das Glück der Wiederholung im Verstandestraining nicht! Perry Cliftons Masche wies ihn als Profi aus.
Patrick Bahners
Wolfgang Ecke: "Spionagering Rosa Nelke. Ein Fall für Perry Clifton". 253 Seiten, geb., 12,90 Euro. - "Wer knackt die Nuss?" Ratekrimis. 144 Seiten, geb., 9,90 Euro. Beide im Boje-Verlag 2007. Ab 10 Jahren
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