Sepp Maier, im vorigen Jahr zum deutschen Torwart des Jahrhunderts gewählt und einer der beliebtesten lebenden Sportler überhaupt, hat viel zu erzählen: aus seinem Leben und der Geschichte des Fußballs. Er befasst sich auch mit dem heutigen Fußballgeschehen und der Zukunft des deutschen Fußballs - und er nimmt dabei kein Blatt vor den Mund.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.05.2000Wenn Sepp Maier erzählt, gibt es Gaudi
MÜNCHEN. Im blau-roten Trainingsanzug trat Josef Maier, genannt Sepp, vor die zehn Mikrofone und acht Kameras, zur Präsentation seines neuen Buches. Das allein schon sollte unbewusst unterstreichen, was auch sein Verleger Vito von Eichborn so salbungsvoll von ihm berichtete. "Er mag keine klugscheißerischen Intellektuellen", sei "eine anständige und integre Haut" und überhaupt sei "die deutsche Geschichte auch Fußballgeschichte" und für die sei Maier ein wichtiger Vertreter. Für die Fußballgeschichte wohlgemerkt, als vormaliger Nationaltorwart und heutiger "BTT" (Bundestorwarttrainer).
Der Sepp, der hörte sich das alles geduldig an, dachte sich sein Teil oder auch nicht, und begann dann blumig und phantasiereich zu erzählen, wie man es von ihm erwartet. Ein Buch hat er also geschrieben. Aber eigentlich nicht er, sondern der Co-Autor Edwin Klein, zuletzt in den Schlagzeilen wegen seines kritischen Werkes "Rote Karte für den DFB". Sepp Maier sagt selbst: "Ich kann nur reden." Und das tat er. Dreißig Stunden Tonbandmaterial hatte Autor Klein am Ende auszuwerten, und heraus kam ein, laut Sepp Maier, "erzählendes Buch". Was auch sonst.
"Wer mit dem Ball tanzt . . ." ist der etwas phantasielose Titel. Denn jener Filmtitel wurde ja schon allzu oft zitiert und verballhornt bei allen noch so unpassenden Gelegenheiten. Etwas wehmütig denkt man da an Maiers erstes Buch. "Ich bin doch kein Tor" hieß das, und das hatte etwas, war in seiner ganzen Einfachheit beinah schon philosophisch. So ist ja Sepp Maier überhaupt, eigentlich recht einfach und direkt und gerade deshalb ein Fußball-Philosoph. Er wolle heutzutage kein Profi mehr sein, sagt er, denn "dazu bin ich viel zu sehr lebenslustig". Oberflächlich betrachtet ein banaler Satz. Aber es steckt schon etwas mehr dahinter.
Von Sepp Maier lässt man sich gerne etwas über Fußball erzählen. Vor allem wenn man lachen möchte. War sein kongenialer Vordermann im Spiel, Franz Beckenbauer, stets für das Weltmännisch-Repräsentative zuständig, ist er es für die Gaudi. Einfach und zum Schenkelklopfen, wenn er erzählt, wie er "jung und unverdorben" die vom Arzt verschriebenen Zäpfchen einfach in den Mund steckte. Oder auch verschwurbelt, wenn er meint, heute "wird nicht so viel trainiert, aber dafür mehr". Das erklärt er dann so: "Das ist so wie dem Unterschied zwischen kostenlos und umsonst. Sie sind kostenlos in die Schule gegangen, und ich umsonst."
Geistige Tiefe und atemraubende Enthüllungen darf man nicht erwarten. Noch heute findet Maier das Druckwerk des Torwart-Kollegen Toni Schumacher, der in den Achtzigern die Kollegen kritisierte, als unpassend. So was würde er nicht machen. Auch wenn der Verlag mit dem Pfund wuchert "40 Jahre Bayern München", und dass Maier bis heute als Bundestorwarttrainer "immer ganz nah dabei" gewesen sei. In der offiziellen Verlagsmitteilung heißt es: "Sepp Maier nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn er Zusammenhänge offen legt, Geheimnisse des Profisports lüftet, oder von Kollegen und Trainern . . . erzählt." "Es ist keine Abrechnung", sagt Maier selbst, "aber man hört immer so viel von früher und heute. Ich wollte einfach mal den Unterschied aufzeigen. Natürlich sind auch einige nicht so gut weggekommen." DFB-Pressechef Wolfgang Niersbach hatte Maier ganz aufgeregt angerufen, als er erfuhr, dass der unbequeme Edwin Klein der Autor sein würde. Doch der bayerische Torwarttrainer konnte ihn beruhigen, dass er den "Scharfschreiber Klein" schon gebremst habe.
Den sportinteressierten Lesefreund erwartet also ein nettes und harmloses Vergnügen, bestimmt aber ansprechender als vergleichbare Ergüsse tagebuchführender Kollegen. Ob es aber den literarischen Ritterschlag erhält, da ist auch Sepp Maier noch sehr gespannt: "Der Marcel Reich-Ranicki, der hat das Buch schon. Aber er hat noch kein Urteil dazu abgegeben."
DETLEF DRESSLEIN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
MÜNCHEN. Im blau-roten Trainingsanzug trat Josef Maier, genannt Sepp, vor die zehn Mikrofone und acht Kameras, zur Präsentation seines neuen Buches. Das allein schon sollte unbewusst unterstreichen, was auch sein Verleger Vito von Eichborn so salbungsvoll von ihm berichtete. "Er mag keine klugscheißerischen Intellektuellen", sei "eine anständige und integre Haut" und überhaupt sei "die deutsche Geschichte auch Fußballgeschichte" und für die sei Maier ein wichtiger Vertreter. Für die Fußballgeschichte wohlgemerkt, als vormaliger Nationaltorwart und heutiger "BTT" (Bundestorwarttrainer).
Der Sepp, der hörte sich das alles geduldig an, dachte sich sein Teil oder auch nicht, und begann dann blumig und phantasiereich zu erzählen, wie man es von ihm erwartet. Ein Buch hat er also geschrieben. Aber eigentlich nicht er, sondern der Co-Autor Edwin Klein, zuletzt in den Schlagzeilen wegen seines kritischen Werkes "Rote Karte für den DFB". Sepp Maier sagt selbst: "Ich kann nur reden." Und das tat er. Dreißig Stunden Tonbandmaterial hatte Autor Klein am Ende auszuwerten, und heraus kam ein, laut Sepp Maier, "erzählendes Buch". Was auch sonst.
"Wer mit dem Ball tanzt . . ." ist der etwas phantasielose Titel. Denn jener Filmtitel wurde ja schon allzu oft zitiert und verballhornt bei allen noch so unpassenden Gelegenheiten. Etwas wehmütig denkt man da an Maiers erstes Buch. "Ich bin doch kein Tor" hieß das, und das hatte etwas, war in seiner ganzen Einfachheit beinah schon philosophisch. So ist ja Sepp Maier überhaupt, eigentlich recht einfach und direkt und gerade deshalb ein Fußball-Philosoph. Er wolle heutzutage kein Profi mehr sein, sagt er, denn "dazu bin ich viel zu sehr lebenslustig". Oberflächlich betrachtet ein banaler Satz. Aber es steckt schon etwas mehr dahinter.
Von Sepp Maier lässt man sich gerne etwas über Fußball erzählen. Vor allem wenn man lachen möchte. War sein kongenialer Vordermann im Spiel, Franz Beckenbauer, stets für das Weltmännisch-Repräsentative zuständig, ist er es für die Gaudi. Einfach und zum Schenkelklopfen, wenn er erzählt, wie er "jung und unverdorben" die vom Arzt verschriebenen Zäpfchen einfach in den Mund steckte. Oder auch verschwurbelt, wenn er meint, heute "wird nicht so viel trainiert, aber dafür mehr". Das erklärt er dann so: "Das ist so wie dem Unterschied zwischen kostenlos und umsonst. Sie sind kostenlos in die Schule gegangen, und ich umsonst."
Geistige Tiefe und atemraubende Enthüllungen darf man nicht erwarten. Noch heute findet Maier das Druckwerk des Torwart-Kollegen Toni Schumacher, der in den Achtzigern die Kollegen kritisierte, als unpassend. So was würde er nicht machen. Auch wenn der Verlag mit dem Pfund wuchert "40 Jahre Bayern München", und dass Maier bis heute als Bundestorwarttrainer "immer ganz nah dabei" gewesen sei. In der offiziellen Verlagsmitteilung heißt es: "Sepp Maier nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn er Zusammenhänge offen legt, Geheimnisse des Profisports lüftet, oder von Kollegen und Trainern . . . erzählt." "Es ist keine Abrechnung", sagt Maier selbst, "aber man hört immer so viel von früher und heute. Ich wollte einfach mal den Unterschied aufzeigen. Natürlich sind auch einige nicht so gut weggekommen." DFB-Pressechef Wolfgang Niersbach hatte Maier ganz aufgeregt angerufen, als er erfuhr, dass der unbequeme Edwin Klein der Autor sein würde. Doch der bayerische Torwarttrainer konnte ihn beruhigen, dass er den "Scharfschreiber Klein" schon gebremst habe.
Den sportinteressierten Lesefreund erwartet also ein nettes und harmloses Vergnügen, bestimmt aber ansprechender als vergleichbare Ergüsse tagebuchführender Kollegen. Ob es aber den literarischen Ritterschlag erhält, da ist auch Sepp Maier noch sehr gespannt: "Der Marcel Reich-Ranicki, der hat das Buch schon. Aber er hat noch kein Urteil dazu abgegeben."
DETLEF DRESSLEIN
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