Die Geschichte eines ungeheuren Erfolges: der Rettung eines der weltweit größten Unternehmens und des Erhalts von 320 000 Arbeitsplätzen.
In Zeiten wirtschaftlicher Depression, da die Elefanten der Ökonomie am Boden liegen, Politik und Management hilflos wirken, erzählt Louis V. Gerstner, wie er 1993 den vom Konkurs bedrohten IBM-Konzern übernimmt und in die Gewinnzone zurückführt.
In Zeiten wirtschaftlicher Depression, da die Elefanten der Ökonomie am Boden liegen, Politik und Management hilflos wirken, erzählt Louis V. Gerstner, wie er 1993 den vom Konkurs bedrohten IBM-Konzern übernimmt und in die Gewinnzone zurückführt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.01.2003Elefant im Ballettröckchen
Wie Lou Gerstner ein "nationales Kulturgut" gerettet hat
Louis V. Gerstner Jr.: Wer sagt, Elefanten können nicht tanzen? Der Wiederaufstieg von IBM. DVA, München 2002, 350 Seiten, 29,90 Euro.
Als Louis Gerstner 1993 dazukam, war International Business Machines schlachtreif. Der amerikanische Computerkonzern, dessen Kürzel IBM viele Jahrzehnte lang als Synonym für die amerikanische Erfolgsgeschichte schlechthin galt, machte erhebliche Verluste, hatte seine marktbeherrschende Stellung verloren, die Kunden vergrault und - scheinbar - in den meisten Gebieten den Anschluß an den Innnovationszug der Zeit verpaßt. Das einzig realisierbare Überlebenskonzept schien darin zu bestehen, den unbeweglich gewordenen Riesen in kleinere, agilere und überlebensfähigere Teile zu zerschlagen. Als Gerstner nicht ganz zehn Jahre später das Ruder der Geschäftsführung von IBM an seinen Ziehsohn Sam Palmisano übergab, war ein kleines Wunder geschehen: Das - im wesentlichen - ungeteilte Unternehmen erzielte wieder beneidenswerte Gewinne, hatte in vielen Gebieten die Marktführerschaft zurückerobert und neue Geschäftsbereiche erschlossen. Es durfte sich wieder im Wohlwollen der meisten seiner Kunden sonnen. So zumindest sieht es Lou Gerstner, von 1993 bis Ende März 2002 Vorsitzender des Vorstands von IBM und seither Chef des Aufsichtsrates.
Den Orden dafür, daß es zu diesem "Turnaround" oder Wiederaufschwung kommen konnte, will er sich freilich nicht ausschließlich an die eigene Weste hängen lassen. "Dazu haben alle Mitarbeiter beigetragen, ganz besonders auch die vielen tausend, von denen wir uns im Zuge der Umstrukturierung trennen mußten", sagt er. Für sie alle hat er die Geschichte des Wiederaufstiegs von "Big Blue" (im Branchenjargon) aufgeschrieben. Über IBM, seine Unternehmensgeschichte, den Aufstieg, den Niedergang und die Wende gibt es viele Bücher, zum Beispiel jenes, das Doug Garr 2000 mit dem Titel "Der IBM-Turnaround" veröffentlichte (F.A.Z. vom 19. März 2001). Gerstner ist jedoch davon überzeugt, daß außer ihm selbst und Thomas Watson Jr., dem Sohn des Firmengründers - der 1991 die IBM-Story mit dem Titel "Der Vater, der Sohn & die Firma" vorstellte -, bisher niemand die wahre Geschichte des Konzerns beschrieben hat.
Wie Gerstner sich überreden ließ, das "nationale Kulturgut IBM" zu retten, dessen Zerschlagung verhinderte ("die wichtigste strategische Entscheidung meiner gesamten beruflichen Laufbahn") und ihm neue Perspektiven gab, wird detailliert dargestellt. Es galt, verkrustete Unternehmensstrukturen aufzuweichen, selbstherrliche Regionalfürsten zu entmachten, neue, leistungsorientierte Gehaltsstrukturen einzuführen, dafür zu sorgen, daß die Entwicklung von Produkten nicht mehr am Markt vorbeilief, besser auf die Kundenwünsche zu hören sowie sicherzustellen, daß die einzelnen Abteilungen des Konzerns nicht mehr aneinander vorbei oder im schlimmsten Fall gegeneinander arbeiteten. "Es war, wie in einem fest vernagelten Gebäude die Türen und Fenster aufzubrechen, um frische Luft hereinzulassen", berichtet Gerstner. Dieses Bild gefällt ihm, ebenso wie jenes, das er schließlich zum Titel seines Buches gewählt hat: "Wir haben den (schwerfälligen) Elefanten gelehrt, auf der Spitze zu tanzen".
Und so soll es auch bleiben. Gerstner hat seinem Nachfolger Palmisano und dessen Führungstruppe eingeschärft, alles daranzusetzen, zu verhindern, daß das Unternehmen nicht wieder der Arroganz des Erfolges erliege. Denn der bekennende Nicht-Computer-Freak, dem zu Beginn seiner Amtszeit von Gegnern wegen seiner stämmigen Statur und der vorausgegangenen Beschäftigung als Chief Executive Officer des Nahrungsmittelkonzerns Nabisco der Spitzname "Krümelmonster" angehängt worden war und der sich heute noch immer nicht mit dem Innenleben von Rechnern auskennt, kann sich einen Seitenhieb auf die Konkurrenz nicht verkneifen. "In einer Branche, die zunehmend von verrückten Wissenschaftlern und Rattenfängern beherrscht wird, muß IBM weiterbestehen."
INGRID HIELLE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wie Lou Gerstner ein "nationales Kulturgut" gerettet hat
Louis V. Gerstner Jr.: Wer sagt, Elefanten können nicht tanzen? Der Wiederaufstieg von IBM. DVA, München 2002, 350 Seiten, 29,90 Euro.
Als Louis Gerstner 1993 dazukam, war International Business Machines schlachtreif. Der amerikanische Computerkonzern, dessen Kürzel IBM viele Jahrzehnte lang als Synonym für die amerikanische Erfolgsgeschichte schlechthin galt, machte erhebliche Verluste, hatte seine marktbeherrschende Stellung verloren, die Kunden vergrault und - scheinbar - in den meisten Gebieten den Anschluß an den Innnovationszug der Zeit verpaßt. Das einzig realisierbare Überlebenskonzept schien darin zu bestehen, den unbeweglich gewordenen Riesen in kleinere, agilere und überlebensfähigere Teile zu zerschlagen. Als Gerstner nicht ganz zehn Jahre später das Ruder der Geschäftsführung von IBM an seinen Ziehsohn Sam Palmisano übergab, war ein kleines Wunder geschehen: Das - im wesentlichen - ungeteilte Unternehmen erzielte wieder beneidenswerte Gewinne, hatte in vielen Gebieten die Marktführerschaft zurückerobert und neue Geschäftsbereiche erschlossen. Es durfte sich wieder im Wohlwollen der meisten seiner Kunden sonnen. So zumindest sieht es Lou Gerstner, von 1993 bis Ende März 2002 Vorsitzender des Vorstands von IBM und seither Chef des Aufsichtsrates.
Den Orden dafür, daß es zu diesem "Turnaround" oder Wiederaufschwung kommen konnte, will er sich freilich nicht ausschließlich an die eigene Weste hängen lassen. "Dazu haben alle Mitarbeiter beigetragen, ganz besonders auch die vielen tausend, von denen wir uns im Zuge der Umstrukturierung trennen mußten", sagt er. Für sie alle hat er die Geschichte des Wiederaufstiegs von "Big Blue" (im Branchenjargon) aufgeschrieben. Über IBM, seine Unternehmensgeschichte, den Aufstieg, den Niedergang und die Wende gibt es viele Bücher, zum Beispiel jenes, das Doug Garr 2000 mit dem Titel "Der IBM-Turnaround" veröffentlichte (F.A.Z. vom 19. März 2001). Gerstner ist jedoch davon überzeugt, daß außer ihm selbst und Thomas Watson Jr., dem Sohn des Firmengründers - der 1991 die IBM-Story mit dem Titel "Der Vater, der Sohn & die Firma" vorstellte -, bisher niemand die wahre Geschichte des Konzerns beschrieben hat.
Wie Gerstner sich überreden ließ, das "nationale Kulturgut IBM" zu retten, dessen Zerschlagung verhinderte ("die wichtigste strategische Entscheidung meiner gesamten beruflichen Laufbahn") und ihm neue Perspektiven gab, wird detailliert dargestellt. Es galt, verkrustete Unternehmensstrukturen aufzuweichen, selbstherrliche Regionalfürsten zu entmachten, neue, leistungsorientierte Gehaltsstrukturen einzuführen, dafür zu sorgen, daß die Entwicklung von Produkten nicht mehr am Markt vorbeilief, besser auf die Kundenwünsche zu hören sowie sicherzustellen, daß die einzelnen Abteilungen des Konzerns nicht mehr aneinander vorbei oder im schlimmsten Fall gegeneinander arbeiteten. "Es war, wie in einem fest vernagelten Gebäude die Türen und Fenster aufzubrechen, um frische Luft hereinzulassen", berichtet Gerstner. Dieses Bild gefällt ihm, ebenso wie jenes, das er schließlich zum Titel seines Buches gewählt hat: "Wir haben den (schwerfälligen) Elefanten gelehrt, auf der Spitze zu tanzen".
Und so soll es auch bleiben. Gerstner hat seinem Nachfolger Palmisano und dessen Führungstruppe eingeschärft, alles daranzusetzen, zu verhindern, daß das Unternehmen nicht wieder der Arroganz des Erfolges erliege. Denn der bekennende Nicht-Computer-Freak, dem zu Beginn seiner Amtszeit von Gegnern wegen seiner stämmigen Statur und der vorausgegangenen Beschäftigung als Chief Executive Officer des Nahrungsmittelkonzerns Nabisco der Spitzname "Krümelmonster" angehängt worden war und der sich heute noch immer nicht mit dem Innenleben von Rechnern auskennt, kann sich einen Seitenhieb auf die Konkurrenz nicht verkneifen. "In einer Branche, die zunehmend von verrückten Wissenschaftlern und Rattenfängern beherrscht wird, muß IBM weiterbestehen."
INGRID HIELLE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Dompteur
Wer Managementbücher liest, wähnt sich bisweilen im Zoo. Anleihen aus der Tierwelt gibt es zuhauf. Auch Lou Gerstner Jr., in schwierigen Zeiten Chef des Computer-Giganten, pardon, -Elefanten IBM, kommt nicht umhin, sich beim animalischen Vokabular zu bedienen. Gerstner selbst ist natürlich der Dompteur.
Beeindruckende Karriere
Eine steile Karriere hatte der Autor bereits hinter sich: Mit 35 Jahren war er als Seniorpartner bei McKinsey ausgestiegen, um zu American Express in eine leitende Position zu gehen. Weiter ging der Weg zu RJR Nabisco, einem Konsumgüter-Riesen. Von dort schließlich wechselte er 1993 zu IBM, das damals Gefahr lief, von der so genannten New Economy überrollt zu werden.
Innenwelten
Gerstner ist zunächst beeindruckt von den Arbeitsabläufen und dem bisweilen eigenartigen Gebaren innerhalb der Firma. Dabei wäscht er auch gern schmutzige Wäsche. Wenn er etwa vom obersten Personalchef erzählt, der für seine nächsten Angestellten ein 60-seitiges Manual verfasst hatte, wie mit ihm umzugehen sei: Man sollte zuckerfreies Kaugummi immer zur Hand und eine Ersatzpackung in der Schublade haben, denn der Chef kaute gern. In erster Linie aber bekommt der Leser in diesem Buch viel mit von Selbstverständnis und Arbeitsweise eines Topmanagers. Letztlich gibt der Erfolg Gerstner Recht: IBM schaffte den Wiederaufstieg, Arbeitsplätze blieben erhalten. Heute ist IBM wieder eine der wichtigsten Adressen der Computerindustrie. Wie dieser Coup gelang, kann man in diesem durchaus unterhaltsamen Lehrbuch für Manager nachlesen.
(Mathias Voigt, literaturtest.de)
Wer Managementbücher liest, wähnt sich bisweilen im Zoo. Anleihen aus der Tierwelt gibt es zuhauf. Auch Lou Gerstner Jr., in schwierigen Zeiten Chef des Computer-Giganten, pardon, -Elefanten IBM, kommt nicht umhin, sich beim animalischen Vokabular zu bedienen. Gerstner selbst ist natürlich der Dompteur.
Beeindruckende Karriere
Eine steile Karriere hatte der Autor bereits hinter sich: Mit 35 Jahren war er als Seniorpartner bei McKinsey ausgestiegen, um zu American Express in eine leitende Position zu gehen. Weiter ging der Weg zu RJR Nabisco, einem Konsumgüter-Riesen. Von dort schließlich wechselte er 1993 zu IBM, das damals Gefahr lief, von der so genannten New Economy überrollt zu werden.
Innenwelten
Gerstner ist zunächst beeindruckt von den Arbeitsabläufen und dem bisweilen eigenartigen Gebaren innerhalb der Firma. Dabei wäscht er auch gern schmutzige Wäsche. Wenn er etwa vom obersten Personalchef erzählt, der für seine nächsten Angestellten ein 60-seitiges Manual verfasst hatte, wie mit ihm umzugehen sei: Man sollte zuckerfreies Kaugummi immer zur Hand und eine Ersatzpackung in der Schublade haben, denn der Chef kaute gern. In erster Linie aber bekommt der Leser in diesem Buch viel mit von Selbstverständnis und Arbeitsweise eines Topmanagers. Letztlich gibt der Erfolg Gerstner Recht: IBM schaffte den Wiederaufstieg, Arbeitsplätze blieben erhalten. Heute ist IBM wieder eine der wichtigsten Adressen der Computerindustrie. Wie dieser Coup gelang, kann man in diesem durchaus unterhaltsamen Lehrbuch für Manager nachlesen.
(Mathias Voigt, literaturtest.de)
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Ingrid Hielle hält sich in ihrer Kritik mit Urteilen über dieses Buche, das den Wiederaufstieg des Computerkonzerns IBM beschreibt, sehr zurück. Mit leicht ironischem Unterton referiert sie, wie der Autor, der 1993 zum Unternehmen kam, um es vor dem Bankrott zu bewahren, das, wie er selbst sich ausdrückt, "kleine Wunder" vollbrachte, IBM wieder zum Aufschwung zu verhelfen. Es seien zwar bereits viele Bücher über IBM erschienen, der Autor nehme aber für sich in Anspruch, die "wahre Geschichte" des Computerriesen geschrieben zu haben, so Hielle ohne weiteren Kommentar. Immerhin rechnet sich Gerstner die Rettung des Konzerns nicht auf sein alleiniges Konto, sondern betont auch die Mitwirkung der Mitarbeiter, wie die Rezensentin befriedigt feststellt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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