«Die Krägen, die Knöpfe, die Muster reihten sich zu Sätzen über das, was in der Luft lag, was um uns war. Sätze einer Sprache, die ich mit dem ganzen Körper verstand.»
Es gibt Augenblicke, in denen das, was war, und das, was sein könnte, sich wie in einer Doppelbelichtung überlagern. Das bisher gelebte Leben, seine Erfahrungen, fügen sich zu einem Bild, in dem das Künftige schon mitschwingt wie ein Versprechen. Von solchen Momenten des Umbruchs handeln diese Geschichten.
Sie erzählen von Menschen von heute. Ihren Arbeits- und Liebesverhältnissen begegnen sie mit Witz und melancholischem Humor, oder sie tauchen ab, suchen Zuflucht am «fernsten Ort». Das kann das Kloster sein, in dem Ordensschwester Karolina lebt, oder Amsterdam, wo sich ihre Nichte, eine junge Modestudentin, vor der ganz normal verrückten Unternehmerfamilie versteckt.
Susanne Schedel schenkt ihren Figuren einen Raum außerhalb der Zeit, in dem das frühere Leben stillsteht, durchsichtig wird, bevor etwas Neues sich abzuzeichnen beginnt. Sie «lässt den Leser hinter die Fassaden der Normalität sehen und spürt unausgesprochene Träume auf» (Welt am Sonntag) in acht lebensklugen Geschichten voller «schöner Bilder und lang nachklingender Sätze» (Süddeutsche Zeitung).
Es gibt Augenblicke, in denen das, was war, und das, was sein könnte, sich wie in einer Doppelbelichtung überlagern. Das bisher gelebte Leben, seine Erfahrungen, fügen sich zu einem Bild, in dem das Künftige schon mitschwingt wie ein Versprechen. Von solchen Momenten des Umbruchs handeln diese Geschichten.
Sie erzählen von Menschen von heute. Ihren Arbeits- und Liebesverhältnissen begegnen sie mit Witz und melancholischem Humor, oder sie tauchen ab, suchen Zuflucht am «fernsten Ort». Das kann das Kloster sein, in dem Ordensschwester Karolina lebt, oder Amsterdam, wo sich ihre Nichte, eine junge Modestudentin, vor der ganz normal verrückten Unternehmerfamilie versteckt.
Susanne Schedel schenkt ihren Figuren einen Raum außerhalb der Zeit, in dem das frühere Leben stillsteht, durchsichtig wird, bevor etwas Neues sich abzuzeichnen beginnt. Sie «lässt den Leser hinter die Fassaden der Normalität sehen und spürt unausgesprochene Träume auf» (Welt am Sonntag) in acht lebensklugen Geschichten voller «schöner Bilder und lang nachklingender Sätze» (Süddeutsche Zeitung).
"Pures Erzähltalent. NDR Viele schöne Bilder und lang nachklingende Sätze." -- Süddeutsche Zeitung
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Frauen auf Abwegen begegnet Björn Hayer in den Erzählungen von Susanne Schedel. Dem Versuch, dem eigenen Alltag zu entkommen, gewinnt die Autorin laut Hayer mit psychologischem Gespür ungewöhnliche Momente und Perspektiven ab, "Unschärferelationen", wie der Rezensent es nennt, die den Texten im Band Magie verleihen. Für Hayer bedeutet das, nicht alles über das Innenleben der Figuren zu erfahren, wenn sich ihre Lebenskoordinaten verschieben. Jedenfalls findet Hayer die Erzählungen liebevoll gestaltet, ihre Vorliebe für alltagsflüchtiges Personal merkt er der Autorin an.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.10.2013Verzückung der Flüchtigen
Susanne Schedel begleitet Frauen an Wendepunkte
Diese Helden wollen weg, sie haben genug von der Welt, in der sie festsitzen. Die Autorin Susanne Schedel hat wahrlich ein Faible für Alltagsflüchtlinge und Wunschträumer, wie ihr zweiter Erzählband "Wer soll denn das anziehen, bitteschön" mit psychologischem Gespür illustriert. Zumeist sind es Frauen, die an einem Wendepunkt angelangt sind und noch einmal in die Fremde gehen, um vielleicht sich selbst besser zu verstehen. So zum Beispiel Maya.
Während Oliver auf einer Universitätsstelle in Alabama seinen Forschungen nachgeht, fühlt sich Maya zunehmend einsam in der Neuen Welt, träumt von einer Reise, um der beiderseitigen Entfremdung entgegenzuwirken. Am Ende wird es nur ein Kurztrip zu einem Space Center in Huntsville, den die junge Frau schließlich allein unternimmt. Das Ziel stellt sich für den Leser jedoch mehr als Beiläufigkeit heraus, zumal die Protagonistin dort nie ankommt. Stattdessen landet sie auf einem abgelegenen Friedhof. Besonders einige Spielzeugautos auf einem verwitterten Grabstein, die einen Autounfall symbolisieren, entfalten für Maya eine fast schon epiphanische Wirkung: "Es streckte die Gummirädchen in die Höhe wie ein Käfer, der auf den Rücken gefallen ist. Ein gefrorener Augenblick, aus der Zeit geschnitten."
Dass sie nicht mehr als derselbe Mensch zu Oliver zurückkehrt, ist Folge jenes inneren Funkenschlags, den die Außenperspektive des neutralen Erzählers jedoch nicht auflöst. Dem liegt aber kein Konstruktionsfehler zugrunde. Es sind genau jene Unschärferelationen, die Susanne Schedels Poetik magische Rätselhaftigkeit verleihen.
In keinem Falle aus der Zeit zu fallen, die Angst, nicht mehr Teil eines Ganzen sein zu können, das treibt Susanne Schedels Charaktere um. Sie setzt ihre literarische Sonde auf Augenblicke an, in denen sich die tektonischen Platten des Lebens verschieben und danach nichts mehr an dem Platz steht, wo es einmal war. Vom einen auf den anderen Tag steht auch die Ich-Erzählerin aus "Der fernste Punkt" vor einem Scherbenhaufen.
Nachdem ihre Beziehung gescheitert ist, verliert die Werbegraphikerin nun auch ihren Job. Auf einmal ist da dieses Gefühl "wie Treibgut, das aus der Mitte des Flusses an die Uferböschung geraten ist". Doch das Schicksal meint es gut mit ihr: Sie folgt der Einladung eines Cousins, ihn in die Toskana zu begleiten. Ein Herrenhaus erwartet sie dort, über allem liegt der Schleier meditativer Ruhe. Vor allem die Ahnengalerie übt eine Anziehung aus. Als sie letztlich aus der wohligen Weltfremde ins Ruhrgebiet zurückkehren muss, klebt sie einfach eines ihrer Passbilder dazu. So bleibt sie nicht nur dem Ort verbunden, sondern hinterlässt auch eine Spur in der Zeit.
Ihr ein Geschenk mitzugeben, das überdauert und möglicherweise einem Finder irgendwann in der Zukunft wieder als ein kleines Wunder auffallen mag, ist der Gedanke, der Susanne Schedels liebevolle Erzählungen am meisten durchdringt. Schließlich suchen ihre Heldinnen nach der einzigartigen Verzückung, die sie aus dem Alltag erretten soll. Am Ende steht zwar nicht immer ein Wunder, doch immerhin das Bewusstsein, die Welt etwas besser verstanden zu haben.
BJÖRN HAYER.
Susanne Schedel: "Wer soll denn das anziehen, bitteschön".
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2013. 224 S., geb., 18,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Susanne Schedel begleitet Frauen an Wendepunkte
Diese Helden wollen weg, sie haben genug von der Welt, in der sie festsitzen. Die Autorin Susanne Schedel hat wahrlich ein Faible für Alltagsflüchtlinge und Wunschträumer, wie ihr zweiter Erzählband "Wer soll denn das anziehen, bitteschön" mit psychologischem Gespür illustriert. Zumeist sind es Frauen, die an einem Wendepunkt angelangt sind und noch einmal in die Fremde gehen, um vielleicht sich selbst besser zu verstehen. So zum Beispiel Maya.
Während Oliver auf einer Universitätsstelle in Alabama seinen Forschungen nachgeht, fühlt sich Maya zunehmend einsam in der Neuen Welt, träumt von einer Reise, um der beiderseitigen Entfremdung entgegenzuwirken. Am Ende wird es nur ein Kurztrip zu einem Space Center in Huntsville, den die junge Frau schließlich allein unternimmt. Das Ziel stellt sich für den Leser jedoch mehr als Beiläufigkeit heraus, zumal die Protagonistin dort nie ankommt. Stattdessen landet sie auf einem abgelegenen Friedhof. Besonders einige Spielzeugautos auf einem verwitterten Grabstein, die einen Autounfall symbolisieren, entfalten für Maya eine fast schon epiphanische Wirkung: "Es streckte die Gummirädchen in die Höhe wie ein Käfer, der auf den Rücken gefallen ist. Ein gefrorener Augenblick, aus der Zeit geschnitten."
Dass sie nicht mehr als derselbe Mensch zu Oliver zurückkehrt, ist Folge jenes inneren Funkenschlags, den die Außenperspektive des neutralen Erzählers jedoch nicht auflöst. Dem liegt aber kein Konstruktionsfehler zugrunde. Es sind genau jene Unschärferelationen, die Susanne Schedels Poetik magische Rätselhaftigkeit verleihen.
In keinem Falle aus der Zeit zu fallen, die Angst, nicht mehr Teil eines Ganzen sein zu können, das treibt Susanne Schedels Charaktere um. Sie setzt ihre literarische Sonde auf Augenblicke an, in denen sich die tektonischen Platten des Lebens verschieben und danach nichts mehr an dem Platz steht, wo es einmal war. Vom einen auf den anderen Tag steht auch die Ich-Erzählerin aus "Der fernste Punkt" vor einem Scherbenhaufen.
Nachdem ihre Beziehung gescheitert ist, verliert die Werbegraphikerin nun auch ihren Job. Auf einmal ist da dieses Gefühl "wie Treibgut, das aus der Mitte des Flusses an die Uferböschung geraten ist". Doch das Schicksal meint es gut mit ihr: Sie folgt der Einladung eines Cousins, ihn in die Toskana zu begleiten. Ein Herrenhaus erwartet sie dort, über allem liegt der Schleier meditativer Ruhe. Vor allem die Ahnengalerie übt eine Anziehung aus. Als sie letztlich aus der wohligen Weltfremde ins Ruhrgebiet zurückkehren muss, klebt sie einfach eines ihrer Passbilder dazu. So bleibt sie nicht nur dem Ort verbunden, sondern hinterlässt auch eine Spur in der Zeit.
Ihr ein Geschenk mitzugeben, das überdauert und möglicherweise einem Finder irgendwann in der Zukunft wieder als ein kleines Wunder auffallen mag, ist der Gedanke, der Susanne Schedels liebevolle Erzählungen am meisten durchdringt. Schließlich suchen ihre Heldinnen nach der einzigartigen Verzückung, die sie aus dem Alltag erretten soll. Am Ende steht zwar nicht immer ein Wunder, doch immerhin das Bewusstsein, die Welt etwas besser verstanden zu haben.
BJÖRN HAYER.
Susanne Schedel: "Wer soll denn das anziehen, bitteschön".
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2013. 224 S., geb., 18,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Pures Erzähltalent. NDR