Produktdetails
- Reihe Etikett
- Verlag: Dielmann
- Seitenzahl: 337
- Deutsch
- Abmessung: 205mm
- Gewicht: 404g
- ISBN-13: 9783933974563
- ISBN-10: 3933974569
- Artikelnr.: 12557341
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.03.2004Zartfühlend ist nur der Fahrer
Sibylle Nicolay schöpft für ihren Roman aus dem Politikerleben
WIESBADEN. Sibylle Nicolay hat es mit den Roten. "99 rote Rezepte" heißt ihr vor gut zwei Jahren im Eichborn-Verlag erschienenes Kochbuch, das eigentlich eine Wahlkampf-Broschüre für die SPD hatte werden sollen. Doch die Partei hat die von Nicolay zu orangerotem Papier gebrachte "perfekte Inszenierung eines ,roten Abends'" (Verlagstext) dem Vernehmen nach nicht richtig zu schätzen gewußt - wie auch, es ist traurig zu sagen, ihr damaliger Lebensgefährte Lothar Klemm offenbar nicht ausreichend zu schätzen wußte, was ihm mit und an ihr verlorengehen würde. Rund acht Jahre waren sie zusammen: der frühere hessische Wirtschaftsminister mit dem Grinsen im Jungen-Gesicht und die laut Kochbuch-Umschlag "bekannte und beliebte TV-Moderatorin und Schauspielerin". Doch dann hat er sich einfach umorientiert.
Das habe sie im vorigen Jahr kalt erwischt, räumt die in Frankfurt geborene Wiesbadenerin ein. Oder hat sie womöglich doch etwas geahnt von der anderen, von der Rivalin, die es vielleicht schon lange darauf abgesehen hatte, ihr den Platz an der Seite des prominenten Landespolitikers streitig zu machen? Eine Dreiecksbeziehung im Polit- und Medienmilieu jedenfalls steht auch im Mittelpunkt ihres ersten Romans. Und manchmal, sagt Nicolay, beschleiche sie das Gefühl einer Self-fullfilling Prophecy: "Als hätte ich es herbeigeschrieben."
"Wer wählt, wird Millionär", heißt der im Axel Dielmann-Verlag erschienene Roman, den die Autorin gestern in der Wiesbadener Spielbank präsentiert hat. Und ihre - von ihrem früheren ZDF-Kollegen Dieter Zimmer moderierend begleitete - Premiere schien beim Publikum gut anzukommen. Das Schmunzeln wich jedenfalls selten aus den Gesichtern der Zuhörer, manche brachen hin und wieder sogar in lautes Gelächter aus. Die Wahl auf den langjährigen ZDF-Wahlberichterstatter Zimmer als Moderator war kein Zufall. "Wer wählt, wird Millionär" nämlich ist eine spritzige Parodie auf einen Landtagswahlkampf und auf dessen vor allem sich selbst genügende Parteien-Matadore - bis hin zum Ende vor den Fernsehkameras, das wir hier aber offenhalten. Nur soviel sei verraten: Wirklich zartfühlend ist nur der Fahrer des Klaus Freidank. Letzterer schickt sich an, Landesvater zu werden - und ergreift doch nach 25 Ehejahren die erstschlechteste Gelegenheit, ohne Skrupel sein liebend' Eheweib zu betrügen. Die läßt vieles, aber nicht alles mit sich geschehen, rächt sich heimlich in der Wahlkabine: indem sie ihre beiden Kreuzchen bei den Roten macht statt bei den Schwarzen, die ihren Mann zum Ministerpräsidenten machen wollen.
Ihre Gegenspielerin Pia Roth aber hat den Kandidaten nicht nur mit allem, was ihr zu Gebote steht, ins Bett gezogen, wo sie sich im Wortsinn über Nacht ins Zentrum der politischen Macht gerückt wähnt. Die Producerin einer "an Quotenschwindsucht kränkelnden Kaffeeklatsch-TV-Sendung des Privatfernsehens" erfindet, damit auch ja nichts schiefgeht mit der erträumten Karriere zur "Landesmutter", ein gigantisches Lotteriespiel, um die wahlschlaffen Bürger an die Urnen zu bringen: "Wer wählt, wird Millionär . . ."
Nicolay kommt zugute, daß sie aus eigener Erfahrung für ihren Roman sowohl aus dem prallen Politikerleben schöpfen kann als auch aus ihrem subtilen Wissen um die Macht von Einschaltquoten. So mancher wird sich selbst und so manche Situation womöglich sogar wiedererkennen. Wenngleich natürlich auch die Passage, in der der christdemokratische Wahlkampfleiter Freibank seinem nicht sonderlich hellen Spitzenkandidaten Freidank ein für allemal die Forderung nach einem politischen "Programm" austreibt, satirisch überzeichnet ist.
HEIDI MÜLLER-GERBES
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Sibylle Nicolay schöpft für ihren Roman aus dem Politikerleben
WIESBADEN. Sibylle Nicolay hat es mit den Roten. "99 rote Rezepte" heißt ihr vor gut zwei Jahren im Eichborn-Verlag erschienenes Kochbuch, das eigentlich eine Wahlkampf-Broschüre für die SPD hatte werden sollen. Doch die Partei hat die von Nicolay zu orangerotem Papier gebrachte "perfekte Inszenierung eines ,roten Abends'" (Verlagstext) dem Vernehmen nach nicht richtig zu schätzen gewußt - wie auch, es ist traurig zu sagen, ihr damaliger Lebensgefährte Lothar Klemm offenbar nicht ausreichend zu schätzen wußte, was ihm mit und an ihr verlorengehen würde. Rund acht Jahre waren sie zusammen: der frühere hessische Wirtschaftsminister mit dem Grinsen im Jungen-Gesicht und die laut Kochbuch-Umschlag "bekannte und beliebte TV-Moderatorin und Schauspielerin". Doch dann hat er sich einfach umorientiert.
Das habe sie im vorigen Jahr kalt erwischt, räumt die in Frankfurt geborene Wiesbadenerin ein. Oder hat sie womöglich doch etwas geahnt von der anderen, von der Rivalin, die es vielleicht schon lange darauf abgesehen hatte, ihr den Platz an der Seite des prominenten Landespolitikers streitig zu machen? Eine Dreiecksbeziehung im Polit- und Medienmilieu jedenfalls steht auch im Mittelpunkt ihres ersten Romans. Und manchmal, sagt Nicolay, beschleiche sie das Gefühl einer Self-fullfilling Prophecy: "Als hätte ich es herbeigeschrieben."
"Wer wählt, wird Millionär", heißt der im Axel Dielmann-Verlag erschienene Roman, den die Autorin gestern in der Wiesbadener Spielbank präsentiert hat. Und ihre - von ihrem früheren ZDF-Kollegen Dieter Zimmer moderierend begleitete - Premiere schien beim Publikum gut anzukommen. Das Schmunzeln wich jedenfalls selten aus den Gesichtern der Zuhörer, manche brachen hin und wieder sogar in lautes Gelächter aus. Die Wahl auf den langjährigen ZDF-Wahlberichterstatter Zimmer als Moderator war kein Zufall. "Wer wählt, wird Millionär" nämlich ist eine spritzige Parodie auf einen Landtagswahlkampf und auf dessen vor allem sich selbst genügende Parteien-Matadore - bis hin zum Ende vor den Fernsehkameras, das wir hier aber offenhalten. Nur soviel sei verraten: Wirklich zartfühlend ist nur der Fahrer des Klaus Freidank. Letzterer schickt sich an, Landesvater zu werden - und ergreift doch nach 25 Ehejahren die erstschlechteste Gelegenheit, ohne Skrupel sein liebend' Eheweib zu betrügen. Die läßt vieles, aber nicht alles mit sich geschehen, rächt sich heimlich in der Wahlkabine: indem sie ihre beiden Kreuzchen bei den Roten macht statt bei den Schwarzen, die ihren Mann zum Ministerpräsidenten machen wollen.
Ihre Gegenspielerin Pia Roth aber hat den Kandidaten nicht nur mit allem, was ihr zu Gebote steht, ins Bett gezogen, wo sie sich im Wortsinn über Nacht ins Zentrum der politischen Macht gerückt wähnt. Die Producerin einer "an Quotenschwindsucht kränkelnden Kaffeeklatsch-TV-Sendung des Privatfernsehens" erfindet, damit auch ja nichts schiefgeht mit der erträumten Karriere zur "Landesmutter", ein gigantisches Lotteriespiel, um die wahlschlaffen Bürger an die Urnen zu bringen: "Wer wählt, wird Millionär . . ."
Nicolay kommt zugute, daß sie aus eigener Erfahrung für ihren Roman sowohl aus dem prallen Politikerleben schöpfen kann als auch aus ihrem subtilen Wissen um die Macht von Einschaltquoten. So mancher wird sich selbst und so manche Situation womöglich sogar wiedererkennen. Wenngleich natürlich auch die Passage, in der der christdemokratische Wahlkampfleiter Freibank seinem nicht sonderlich hellen Spitzenkandidaten Freidank ein für allemal die Forderung nach einem politischen "Programm" austreibt, satirisch überzeichnet ist.
HEIDI MÜLLER-GERBES
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main