1970, nach dem "Schwarzen September", reiste Jean Genet in den Nahen Osten, besuchte die Palästinenserlager in Jordanien und Syrien und lebte mehr als ein Jahr auf Einladung von Arafat bei den Fedajin. Erst zahn Jahre später, im September 1982, reiste Genet erneut in den Nahen Osten. Er war in Beirut, als einen Tag nach der Ermordung des libanesischen Präsidenten Gemayel ein grausames, unbegreifliches Massaker in den Palästinenserlagern Sabra und Chatila stattfand. Genet suchte den Ort des Entsetzens auf und verfasste seinen Bericht "Vier Stunden in Chatila". Das Erlebte war Auslöser, sein jahrzehntelanges Schweigen noch einmal zu brechen: Nach der Rückkehr nach Paris schloss sich Genet ein und begann mit der Arbeit an seinem letzten Werk "Ein verliebter Gefangener", das er im Herbst 1985, nur wenige Monate vor seinem Tod am 15. April 1986 abschloss.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Endlich ein neues und dazu umfangreiches Prosawerk von Jean Genet, freut sich Rezensentin Ina Hartwig einerseits, andererseits habe dieser alles schon besser geschrieben. Zudem werde man erneut mit Genets notorischem Antisemitismus konfrontiert. "Ein verliebter Gefangener" habe Genet in seinen letzten Lebensjahren geschrieben, skizziert die Rezensentin sehr knapp das Geschehen, aufgrund einer erneuten Reise nach Palästina und einer Recherche nach einem früheren jugendlichen Liebhaber. So sei das Buch eine doppelte Liebeserklärung an die palästinensische Revolution und den Knaben Hamza. Für die Rezensentin ist das Resultat eine Mischung aus "Politkitsch" und "weltlichem Gebet eines lebensmüden, schwer kranken Homosexuellen". Als Provokateur und selbst ernannter "Verräter", gesteht die Rezensentin, habe Jean Genet ihr doch besser gefallen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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