Am 21. August 1984 wurde die »Erregung«, wie die Gattungsbezeichnung von Thomas Bernhards erstem Wien-Roman Holzfällen lautet, vom Suhrkamp Verlag an die Buchhandlungen ausgeliefert. Zehn Tage später ging beim Wiener Landgericht der Eilantrag auf die Beschlagnahme des Buches ein, da es Persönlichkeitsrechte verletze. Eine Richterin gab dem Antrag statt, so daß der Roman aus sämtlichen österreichischen Buchhandlungen entfernt wurde. Diese Erregung um eine Erregung bildete einen Grund, warum Bernhard in seinem Testament sich jede Verbindung mit dem österreichischen Staat verbat.
Die vorliegende Ausgabe dokumentiert zum ersten Mal in allen Details die Prozeßlage, deren Hintergründe und Konsequenzen. Die positive Seite des Skandals bestand für Bernhard darin, daß die gesamte deutsche Öffentlichkeit die Kunst dieses Schriftstellers wahrnahm. So charakterisierte die Zeit ihn mit den Worten: »Der größte Tragiker der zeitgenössischen mitteleuropäischen Literatur ist auch ihr größter Komiker. Und am komischsten, wenngleich nicht immer lustigsten, sind Bernhards Schimpfpredigten.«
Die vorliegende Ausgabe dokumentiert zum ersten Mal in allen Details die Prozeßlage, deren Hintergründe und Konsequenzen. Die positive Seite des Skandals bestand für Bernhard darin, daß die gesamte deutsche Öffentlichkeit die Kunst dieses Schriftstellers wahrnahm. So charakterisierte die Zeit ihn mit den Worten: »Der größte Tragiker der zeitgenössischen mitteleuropäischen Literatur ist auch ihr größter Komiker. Und am komischsten, wenngleich nicht immer lustigsten, sind Bernhards Schimpfpredigten.«
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Der hier rezensierende Schriftsteller Daniel Kehlmann präsentiert auf einer ganzen Seite ein Wiederlesen dieses Buches, das vor dreiundzwanzig Jahren erschienen und wegen der deutlichen Wiedererkennbarkeit einiger Figuren zunächst in Österreich verboten worden war. Was bleibt von diesem Buch, so fragt der Rezensent, wenn man es als Literatur und nicht als Skandalon betrachtet? Kehlmann beschäftigt sich hier mit dem Text als Konstruktion zwischen Realität und Fiktion. Seine Entdeckung ist die Doppelgesichtigkeit des Schriftstellers Bernhard, der einerseits meisterhaft seinen Abscheu vor Menschen des künstlerischen Wiener Milieus seiner Zeit zum Ausdruck bringe, andererseits aber auch ein "versierter kulturpolitischer Fädenzieher" gewesen sei. Beweis: Bernhards Invektiven gegen das Burgtheater als ständig Grillparzer spielendes, bürgerliches Langweilertheater. Sie erfolgten zu einer Zeit, als man dort längst schon osteuropäische Avantgarde spielte und vor allem: kurz nachdem Bernhard als Direktor des Burgtheaters abgelehnt worden war. In solchen Momenten hört Kehlmann in den Ausfällen Bernhards "falsche Töne". Nur dort, wo Bernhard selbst schreibt, das beschriebene Milieu sei sein eigenes und er selbst nicht besser als die anderen, so Kehlmann, werde "ein prekäres Buch voller Ausfälle gegen alte Freunde" wieder zu "Kunst".
© Perlentaucher Medien GmbH
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