Bereits in seiner ersten Buchpublikation entfaltet Robert Walser, was ihn unverwechselbar machen wird: einen kalkuliert naiven, eigenwilligen Blick auf die Welt. Vieles, was bis heute an Robert Walser fasziniert, ist in seinem ersten Buch, Fritz Kocher's Aufsätze, schon da: Im ersten Teil das eigenwillige Spiel mit vorgegebenen Textformaten, hier dem Schulaufsatz. Verblüffend »weise« und dann wieder provozierend »töricht« äußert sich der Vierzehnjährige über Allerweltsthemen wie »der Mensch«, »die Schule«, »das Vaterland«. Ein zweiter Teil beleuchtet, einfühlsam und scharf zugleich, jene…mehr
Bereits in seiner ersten Buchpublikation entfaltet Robert Walser, was ihn unverwechselbar machen wird: einen kalkuliert naiven, eigenwilligen Blick auf die Welt.
Vieles, was bis heute an Robert Walser fasziniert, ist in seinem ersten Buch, Fritz Kocher's Aufsätze, schon da: Im ersten Teil das eigenwillige Spiel mit vorgegebenen Textformaten, hier dem Schulaufsatz. Verblüffend »weise« und dann wieder provozierend »töricht« äußert sich der Vierzehnjährige über Allerweltsthemen wie »der Mensch«, »die Schule«, »das Vaterland«. Ein zweiter Teil beleuchtet, einfühlsam und scharf zugleich, jene Angestelltenwelt, die Walser aus eigener Erfahrung kennt. Mit Ein Maler kommt jenes Konkurrenzmedium zu Wort, an dem sich Walsers Schreiben immer wieder reiben und reflektieren wird. Es ist das Medium seines Bruders Karl, der mit seinen Illustrationen das Buch kongenial ausgestaltet. Der Schlussabschnitt feiert mit dem »Wald« eine poetisch überhöhte Natur als Gegenwelt zur Zivilisation.
Robert Walser wurde am 15. April 1878 in Biel geboren. Er starb am 25. Dezember 1956 auf einem Spaziergang im Schnee. Heute ist Walser durch seine Romane, seine feuilletonistische Prosa, seine Gedichte und seine Dramolette als einer der bedeutendsten Autoren des 20. Jahrhunderts anerkannt. Nach seiner Schulzeit absolvierte er eine Banklehre und arbeitete als Commis in verschiedenen Banken und Versicherungen in Zürich. Seine ersten Gedichte, die 1898 erschienen, ließen ihn rasch zu einem Geheimtip werden und verschafften ihm den Zugang zu literarischen Kreisen. Nach Erscheinen seines ersten Buches Fritz Kochers Aufsätze folgte er 1905 seinem Bruder Karl nach Berlin, der dort als Maler und Bühnenbildner den Durchbruch erzielt hatte. In rascher Folge publizierte Walser nun seine drei Romane Geschwister Tanner (1907), Der Gehülfe (1908) und Jakob von Gunten (1909). Infolge einer psychischen Krise geriet Walser Anfang 1929 gegen seinen Willen in die Psychiatrie, deren Rahmen er nie mehr verlassen konnte. 1933 von der Berner Klinik Waldau nach Herisau verlegt, gab er das Schreiben vollständig auf und lebte dort noch 24 Jahre als vergessener anonymer Patient. Sein Werk erscheint seit 1978 im Suhrkamp Verlag, seit 2018 auch in der neuen kommentierten Berner Ausgabe. Peter Utz ist Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Lausanne mit den Forschungsschwerpunkten Goethezeit, Jahrhundertwende, literarisches Feuilleton, Schweizer Autoren des 20. Jahrhunderts und literarisches Übersetzen sowie zahlreichen Publikationen zu Robert Walser. Seit 2018 ist Utz Mitherausgeber der Berner Ausgabe.
Rezensionen
»Die Texte des Buches ... spiegeln in ihrer spielerischen Eigensinnigkeit Walsers ureigenes literarisches Temperament, das immerhin stark genug ist, um mehr als hundert Jahre unverblüht überstanden zu haben.« WDR 20210108
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