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Der Leser begegnet den Schicksalen einer Flüchtlingsfamilie in der Katastrophe des Jahres 1945 bis zur Ankunft und Aufnahme im restlichen, besetzten Deutschland sowie ihren ersten Erfahrungen mit Besatzern und der einheimischen Bevölkerung. In der auf hohem Reflexionsniveau erzählten Geschichte "von unten" erinnert Werner Terpitz eindringlich an das Vertreibungsschicksal von Millionen Deutschen, ohne dessen Ursachen und Hintergründe auszublenden. Januar 1945. Die Sowjets in Königsberg "Merkwürdig, diese Gespaltenheit, mit der unser Jahr 1945 begann. Vieles verlief so ärgerlich normal. Wußten…mehr

Produktbeschreibung
Der Leser begegnet den Schicksalen einer Flüchtlingsfamilie in der Katastrophe des Jahres 1945 bis zur Ankunft und Aufnahme im restlichen, besetzten Deutschland sowie ihren ersten Erfahrungen mit Besatzern und der einheimischen Bevölkerung. In der auf hohem Reflexionsniveau erzählten Geschichte "von unten" erinnert Werner Terpitz eindringlich an das Vertreibungsschicksal von Millionen Deutschen, ohne dessen Ursachen und Hintergründe auszublenden.
Januar 1945. Die Sowjets in Königsberg "Merkwürdig, diese Gespaltenheit, mit der unser Jahr 1945 begann. Vieles verlief so ärgerlich normal. Wußten wir denn nicht, daß in wenigen Monaten die siebenhundertjährige Geschichte des deutschen Ostens zu Ende gehen würde? Wir ahnten es. Aber unsere Ahnungen waren diffus. Natürlich lastete auf uns dieser ständige Druck. Das war die Angst vor dem Unheimlichen, vor Krieg, Qual, Tod. Schon darüber redeten wir kaum. Doch über historische Dimensionen? Es gab tatsächlich Leute, die jetzt noch vom Sieg sprachen, oder von der Rückkehr nach der Flucht. Man hielt sie für unvernünftig, doch im Stillen hoffte fast jeder."

Werner Terpitz: "Ich habe versucht, die beschriebenen Abläufe möglichst authentisch darzustellen. Meine eigenen Erinnerungen konnte ich anhand stichwortartiger Eintragungen und früh angelegter Notizen überprüfen. Die Aussagen über die Fluchtwege der Familienangehörigen und nahen Verwandten basieren auf deren Kalendereintragungen, Briefen, autobiographischen Notizen sowie auf sonstigen privaten und amtlichen Dokumenten, ferner auf allgemein zugänglichen zeitgeschichtlichen Dokumentationen."
Autorenporträt
Der Bearbeiter: Michael Schwartz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Zeitgeschichte, Außenstelle Berlin. Er hat das Manuskript ediert.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.08.1997

Amtsbrüder

OSTPREUSSEN. Bei allem Respekt, den man der historischen Quellenforschung entgegenbringt, besonders, wenn sie mit einem so umfangreichen Anmerkungsapparat versehen ist wie hier - der vorliegende Bericht von der Flucht einer Pastorenfamilie im Frühjahr 1945 ist eine mühselige Lektüre. Die penible Umständlichkeit, mit der versucht wird, Banalitäten in bedeutsame zeithistorische Details umzudeuten, verstimmt auf die Dauer. Über weite Strecken des Buches herrscht die betuliche Atmosphäre einer privaten Familienchronik. Immer wieder wird aus Briefen zitiert, die man einander damals schrieb, deren authentischer Quellenwert aber häufig dürftig ist. Wie so oft bei solchen Studien zur "Geschichte von unten" werden Berge von biographischem Material vor dem Leser aufgehäuft - in der irrtümlichen Hoffnung, daß ihn das nicht langweilt. Die eindrucksvollste Figur dieser bürgerlichen "Großfamilie" aus einer ostpreußischen Kleinstadt ist der Vater des Autors, ein robuster Landpastor, an dem Fontane seine Freude gehabt hätte. Er ist von preußisch-frommer Statur, besitzt eine wohltuende Lebensklugheit und weiß sich unter den widrigen Umständen der "Russenzeit" stets zu helfen. Man staunt über die Solidarität, die damals unter Seelsorgern herrschte: wann immer die Familie auf der Odyssee gen Westen ein Nachtlager oder Speise und Trank benötigte, eilte der energische Mann zum nächstgelegenen Pfarrhaus, pochte, manchmal mitten in der Nacht, an die Tür des unbekannten "Amtsbruders" - und wurde nie abgewiesen. Auch wie sein Sohn, der als Sechzehnjähriger noch im letzten Monat Soldat wurde, die Atmosphäre im bereits belagerten Königsberg schildert besitzt durchaus authentische Qualitäten. Während man ausführlich über das Schicksal aller Onkel, Tanten und sonstigen Verwandten des Autors unterrichtet wird, fällt einem manchmal das grandiose Tagebuch des Grafen Lehndorff ein, der den Untergang Ostpreußens in glanzvoller Prosa festgehalten hat. Die Aura heiterer Gelassenheit, die über dem Martyrium des aristokratischen Arztes liegt, macht ihn zum großen Chronisten der Tragödie. Davon kann hier, bei allem redlichen Bemühen, sein Scherflein zur Zeitgeschichte beizutragen, keine Rede sein. Hinzu kommt, daß der Herausgeber dieser Aufzeichnungen mit ellenlangen Fußnoten oft des Guten zu viel tut und damit den Leserkreis des peniblen Pastorensohnes kaum vergrößern dürfte. (Werner Terpitz: Wege aus dem Osten. Flucht und Vertreibung einer ostpreußischen Pfarrersfamilie. Bearbeitet von Michael Schwartz. Biographische Quellen zur Zeitgeschichte, Band 18. R. Oldenbourg Verlag, München 1997. 226 Seiten, 18 Abbildungen, 68,- Mark.) HENNING SCHLÜTER

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