45,99 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Versandfertig in über 4 Wochen
payback
23 °P sammeln
  • Broschiertes Buch

"When Maps Become the World explores how scientific theories, models, and concepts used to represent and intervene in the world function as maps, and the consequences of this, both good and bad. Maps are not the territory they describe but abstractions from it, or models of it. By preserving certain features of the modeled world at the expense of distorting others, scientific abstractions can be useful within a set scope and for particular purposes. Maps not only summarize, organize, and clarify, they also often disclose new, previously unnoticed facts. In this book Rasmus Winther examines the…mehr

Produktbeschreibung
"When Maps Become the World explores how scientific theories, models, and concepts used to represent and intervene in the world function as maps, and the consequences of this, both good and bad. Maps are not the territory they describe but abstractions from it, or models of it. By preserving certain features of the modeled world at the expense of distorting others, scientific abstractions can be useful within a set scope and for particular purposes. Maps not only summarize, organize, and clarify, they also often disclose new, previously unnoticed facts. In this book Rasmus Winther examines the properties, promises, and limits of scientific knowledge and practice through a philosophical analysis of scientific maps. Because, he argues, they should always be considered fallible and limited, he teaches his readers to use analytic tools to resist "when maps become the world.""--
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Rasmus Grønfeldt Winther is a philosopher of science, researcher, writer, educator, diver, and explorer.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Die Welt ist nicht gegeben
Rasmus Winther verknüpft überzeugend Kartographie und Wissenschaftsphilosophie

Im Jahr 1931 prägte der inzwischen nur Kennern der Science-Fiction-Geschichte bekannte polnisch-amerikanische Privatgelehrte Alfred Korzybski den Satz "Die Karte ist nicht das Gebiet" ("The map is not the territory"). Der an der University of California in Santa Cruz lehrende Wissenschaftsphilosoph Rasmus Winther nutzt in seinem Buch Kartierung und Kartographie, um zu zeigen, welche zentrale Rolle räumliche Beziehungen schaffende Repräsentationen in Geistes- und Naturwissenschaften spielen: Wissenschaftliche Theorien stehen im gleichen Verhältnis zur Welt wie Karten zum Territorium. Diese Analogie erlaube es, wissenschaftliche Praktiken der Repräsentation - Theorien, Modelle, Abbildungen - in all ihrer Vielfalt besser zu verstehen und gleichzeitig ihre oft nicht offen ausgesprochenen Grundannahmen aufzudecken. Die Vielfalt von Karten und kartographischen Methoden steht dabei ein für ein pluralistisches Verständnis von Wissenschaft und Wissenschaftsphilosophie.

Jede Repräsentation - ob nun eine Karte, eine wissenschaftliche Theorie oder ein philosophisches System - bildet immer nur einen Ausschnitt der Realität ab. Der Benutzer einer Karte darf nicht vergessen, in welchem politischen, sozialen und wissenschaftlichen Kontext diese entstand. Der Autor illustriert das am Beispiel der Mercator-Projektion, die lange die Darstellung der Erdoberfläche in Atlanten dominierte. Solche Karten zeigen Gebiete in Polnähe stark vergrößert, weshalb Europa im Verhältnis zu Afrika flächenmäßig dominant erscheint. Dies war nicht die ursprüngliche Absicht von Gerardus Mercator (1512 - 1594), denn der wollte bloß eine winkeltreue Projektion schaffen, welche die Navigation auf den Weltmeeren vereinfachte. Doch diese Projektion setzte sich auch für geographische Kartenwerke durch und diente in der Kolonialzeit als symbolische Unterstützung der europäischen Dominanz über Afrika und Südamerika. Der Kontext der Navigation, den Mercator ursprünglich im Auge hatte, wurde nach und nach vergessen.

Welche Alternativen zur Mercator-Projektion möglich sind, zeigt Winther dann anhand der wesentlichen Schritte bei der Erstellung einer Karte: von der Vermessung, Datenanalyse, Auswahl und Klassifizierung der darzustellenden Eigenschaften über Wahl des Maßstabes bis zur Wahl der Kartensymbole. Diesen Abstraktionsschritten stellt Winther dann deren Ontologisierung gegenüber - wenn das Territorium nach Maßgabe einer Karte vorgestellt wird. Ein Autofahrer sieht das durch eine Karte repräsentierte Gebiet anders als ein Naturliebhaber, und das durch eine Repräsentation motivierte Handeln kann das Territorium verändern.

Winther bewegt sich agil zwischen kartographischen und wissenschaftsphilosophischen Betrachtungen. Dies ist vor allem von Bedeutung im Kapitel über das Konzept der kontextabhängigen Objektivität. Karten sind nicht wahr oder auch nur ungefähr wahr, sondern entsprechen ausgewählten Aspekten der repräsentierten Objekte auf geeignete Weise. Die berühmte Karte des Londoner U-Bahn-Netzes stellt die relative Lage der U-Bahn-Stationen zueinander angemessen dar, während eine Straßenkarte Ortsverhältnisse ziemlich exakt repräsentiert.

Genauso wie Karten haben wissenschaftliche Modelle und Theorien einen bestimmten Anwendungsbereich, daher entsprechen diese Repräsentationen immer nur einem Ausschnitt der Welt. Die Integration verschiedener Repräsentationen ist nötig, um die Grenzen jeder einzelnen Darstellungsweise zu erkennen und um zu vermeiden, dass eine Karte, ein Modell oder eine Theorie mit der Wirklichkeit gleichgesetzt wird. Winther setzt auf eine sorgfältige Archäologie der Grundannahmen, die hinter jeder Repräsentation stehen, und auf "Gegen-Kartierungen" (counter maps): Kartierungen, die einen Minderheiten- oder Außenseiterblickpunkt illustrieren und somit die Kontextabhängigkeit anderer Karten zeigen. Er illustriert seine Herangehensweise mit Beispielen von Kartierungen in der Kosmologie, der Gehirnforschung und der Genetik. Dabei zeigt er eindrücklich, welche Grenzen Kartierungen von Genen und Gehirnfunktionen haben und auf welche Weise "counter maps" neue Perspektiven öffnen können.

Winthers Buch ist ein unorthodoxes und leidenschaftliches Plädoyer für eine Vielfalt von Perspektiven - von Gliederungen, Ordnungen und Zusammenfassungen - in Kartographie, Wissenschaft und der Wissenschaftsphilosophie. Und damit gleichzeitig eine überzeugende Behandlung der Neigung, Karten mit der von ihnen beschriebenen Realität zu verwechseln.

THOMAS WEBER

Rasmus Grønfeldt Winter: "When Maps Become the World".

The University of Chicago Press, Chicago 2020.

318 S., Abb., geb., 38,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr