Der Sommer der sechzehnjährigen Schwedin Alicia könnte so schön und entspannt sein, wenn sie eine richtige, hundertprozentige Schwedin wäre. So jedoch hat sie eine polnische Mutter und diese wirbelt ihr Leben gehörig mit ihrer direkten und unkomplizierten Art durcheinander, denn für Muttern gibt es
keine Probleme, die man nicht lösen und nicht ansprechen kann. So quartiert sie erst mal die etwas…mehrDer Sommer der sechzehnjährigen Schwedin Alicia könnte so schön und entspannt sein, wenn sie eine richtige, hundertprozentige Schwedin wäre. So jedoch hat sie eine polnische Mutter und diese wirbelt ihr Leben gehörig mit ihrer direkten und unkomplizierten Art durcheinander, denn für Muttern gibt es keine Probleme, die man nicht lösen und nicht ansprechen kann. So quartiert sie erst mal die etwas entfernte Cousine Sylwia mit ihrer Tochter Celestyna illegaler weise bei sich ein, um ihr zur Fluch vor ihrem alkoholkranken zweiten Ehemann zu helfen, und schmuggelt bei dieser Gelegenheit auch gleich noch illegale polnische Handwerker und Lebensmittel über die Grenze.
Eine Schwedische Jugend Mitte der 1980er Jahre in der Nähe von Ystad, lange vor Mankells Wallander (auch wenn Alicja mal Polizistin werden will). Eine Welt ohne Handys, aber mit Kassetten. Eine Zeit, als Per Gessle noch bei Gyllene Tider und nicht Roxette spielte. Eine Zeit, als in Polen noch Kommunismus herrschte und der Papst Johannes Paul II hieß. Das ist meine Jugendzeit, und ja, ich habe eine polnische Mutter (OK, schlesisch, aber das ist ganz ähnlich). Einiges mag für normale Deutsche oder Schweden seltsam und überdreht klingen, aber es stimmt sehr vieles, was die Autorin so erzählt. Noch heute bringen meine Eltern aus dem Polenurlaub Wurst, Tomaten und Honig (ein Onkel brachte auch immer ein Sack Kartoffeln) mit. Ja, die Polen waren verrückt nach Johannes Paul II, in Gleiwitz am Bahnhof hingen noch 20 Jahre später die Plakate vom Papstbesuch, ganz ausgeblichen und hellblau, aber keiner wollte sie entfernen, denn da war der Papst drauf. Und ja, polnische Handwerker können alles und generell beschäftigen auch im Ausland lebende Polen Landsleute (die mittlerweile sogar ganz legal in Deutschland arbeiten und verkaufen dürfen). Ja, auch polnischen Festen (nicht nur Hochzeiten) fließt dieser gewisse Schnaps in 500 ml Flaschen in rauen Mengen und auch der polnische Kartoffelsalat wird Badewannenweise hergestellt (wir geben aber keinen Senf hinein). Ja, nicht nur polnische Mütter sind sehr direkt, sprechen alles an und ecken (auch in Deutschland) heute noch immer wieder damit an.
Prinzipiell somit eine wirklich witzige, nostalgische polnisch/schwedische Jugendgeschichte, wenn da nicht die obligatorische erste Teenieliebe wäre, die ich eher langweilig bis peinlich fand, weil Alicja sich teilweise dermaßen dämlich verhält, dass man es kaum glauben kann, auch ihre Cousine Celestyna scheint keinen besonders hohen IQ zu haben.
Das Buch ist dreisprachig, und nicht alles wird übersetzt. Für mich OK, ich kann Deutsch, Polnisch und Englisch. Ich habe einige neue polnische Wörter gelernt, die so nicht in meinem Lehrbuch standen und hier möglicherweise nicht durch den Filter gehen würden. Die Verwendung polnischer Worte ist teilweise aber inkonsistent. Warum wird die Großmutter babcia (S. 75), also polnisch Großmutter genannt, aber die Tante nicht ciocia oder der Onkel = wujek?
Dieses Buch ist kein Jugendbuch, sondern eher für Mittdreißiger, die diese Zeit erlebt haben und wissen, wer Per Gessle ist oder Ferdinand, der Stier von 1938 noch kennen und vielleicht noch Erinnerungen an den Kommunismus in Osteuropa haben. Zudem ist einiges sehr typisch schwedisches in der Handlung, wie das Textilhandelsunternehmen Lindex, das für nicht Schweden eher unbekannt sein dürfte, da hätte ich Fußnoten begrüßt, aber wozu gibt es Wikipedia.