hätte sich das einige Jahre vorher vorstellen können! - und dazu gehörte ebenfalls eine Tagung zum Thema Widerstand und Opposition in der DDR, die im Juni 1997 in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin ihm zu Ehren stattfand. Deren Vorträge und Diskussionsergebnisse liegen hier vor.
Das Buch ist eine Art Zwischenbilanz der bisherigen Forschungen. Der erste Teil behandelt das Thema in drei allgemeineren Aufsätzen - von Fricke selber, von Joachim Gauck und von Peter Steinbach, dem früheren Leiter der Gedenkstätte in der Stauffenbergstraße - , der zweite Teil behandelt die Ära Ulbricht, der dritte die Ära Honecker, nach einzelnen Abschnitten gibt es Zusammenfassungen der anscheinend sehr lebhaften Diskussionen.
Falco Werkentin spricht in seiner besonders gut geschriebenen Studie über den Widerstand auf dem Land richtigerweise davon, dass es den Kommunisten um die "Zerstörung des bäuerlichen Sozialtypus" überhaupt gegangen sei, also eine Variante der auch sonst flächendeckenden einebnenden und nivellierenden Wirksamkeit der Kommunisten in ihrem ganzen Herrschaftsbereich. Thomas Ammer teilt Neues über den Widerstand von Schülergruppen mit - nicht ohne Bewegung liest man, wie häufig es diesen Widerstand in völlig aussichtsloser Lage gegeben hat, der zudem selbst heute nicht im entferntesten so wahrgenommen wird, wie er es verdient.
Der einleitende Aufsatz von Peter Steinbach sei vor allem deshalb hier hervorgehoben, weil er die NS- und die SED-Diktatur zusammen sieht und die jeweiligen Spezifika zwischen der Art der Diktatur und der des jeweiligen Widerstandes thematisiert, freilich immer noch unter dem Stichwort der "zweiten deutschen Diktatur" hinsichtlich des SED-Regimes, wodurch der gesamt(ost)europäische Zusammenhang dieser Diktatur vernachlässigt wird. Das Schwergewicht seiner Betrachtung liegt weniger auf den Typen des Widerstandes als zunächst einmal auf der Charakterisierung der beiden Diktaturen; erst dann, wenn man sie zutreffend charakterisiert hat, ergeben sich spezifische Widerstandsformen, die dann ihrerseits das Regime zu kennzeichnen vermögen, gegen die sie sich wenden. Richtigerweise wird - bei allen Unterschieden - etwa darauf abgehoben, dass diese Diktaturen keine Öffentlichkeit kannten, dass sie "beständig im Alarmzustand" waren oder dass sie durch "Erzeugung von Angst" und ohne feste Institutionen herrschten und dass sie Weltanschauungsdiktaturen waren. Darüber hinaus referiert Steinbach das Totalitarismus-Modell so ausführlich, dass man den Eindruck gewinnt, dass es schließlich doch dieses ist, das er allen anderen gegenüber bevorzugt, wofür in der Tat vieles spricht.
WOLFGANG SCHULLER
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