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Ein Leben an der Grenze zum Wahnsinn - "brillant geschrieben und sehr bewegend" Irish Time
Nach Jahren des Vorsatzes, ja nicht zu werden wie sein Vater, muss sich John Burnside eingestehen, dass er genau den gleichen Weg zur Hölle eingeschlagen hat wie der Mann, den er zutiefst verachtet: Drogen, Alkohol, Lügen und die systematische Weigerung, für sich und sein Handeln Verantwortung zu übernehmen. Ganz unten angekommen beschließt er, ein "bürgerliches" Leben zu führen, zu sein wie alle anderen. Radikal ehrlich erzählt Burnside hier von seinem langen gewundenen Weg in die Normalität.

Produktbeschreibung
Ein Leben an der Grenze zum Wahnsinn - "brillant geschrieben und sehr bewegend" Irish Time

Nach Jahren des Vorsatzes, ja nicht zu werden wie sein Vater, muss sich John Burnside eingestehen, dass er genau den gleichen Weg zur Hölle eingeschlagen hat wie der Mann, den er zutiefst verachtet: Drogen, Alkohol, Lügen und die systematische Weigerung, für sich und sein Handeln Verantwortung zu übernehmen. Ganz unten angekommen beschließt er, ein "bürgerliches" Leben zu führen, zu sein wie alle anderen. Radikal ehrlich erzählt Burnside hier von seinem langen gewundenen Weg in die Normalität.
Autorenporträt
John Burnside, geboren 1955 in Schottland, ist einer der profiliertesten Autoren der europäischen Gegenwartsliteratur. Der Lyriker und Romancier wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Corine-Belletristikpreis des ZEIT-Verlags, dem Petrarca-Preis und dem Spycher-Literaturpreis. Sein Prosawerk erscheint auf Deutsch seit vielen Jahren im Knaus Verlag.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Christian Mayer geht mit John Burnside durch die Hölle. Und er macht das mit Freude. Das liegt an Burnsides beinahe heiterer Art, seine allesamt scheiternden Versuche zu beschreiben, ein normales Leben zu führen. Das ist nicht ganz so düster und gewalttätig wie in den Romanen, meint Mayer. Doch auch Burnsides Erinnerungsbuch hat es laut Rezensent faustdick hinter den Buchdeckeln. Die Psychiatriehölle, die der Autor durchlebt, sein Kampf mit den Dämonen, dann die Einsicht, dass es kein Entkommen gibt, all das schildert Burnside für Mayer mit Meisterschaft, da er die Bruchstücke dieser Zeit "wie ein Archäologe" zusammenfügt. Nebenher, erklärt Mayer, entsteht auch ein Bild der Thatcher-Jahre.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.03.2017

Verwandlungskunst
John Burnside in der Frankfurter Romanfabrik

Was geschieht und was anschließend in einem Buch daraus wird, sind verschiedene Dinge. Erinnerungen sind schön und gut, sagt John Burnside, aber sie sind lückenhaft, also muss eine Erzählung aus ihnen werden, damit sie eine Form bekommen, die ihnen gerecht wird, die sie fassbar und begreiflich macht. "Das ist wie Schwimmen", sagt der Schriftsteller in der Frankfurter Romanfabrik. Die Form, die ein Schwimmer im Becken abgibt, und die Spur, die er im Wasser hinterlässt, sehen immer wieder anders aus. Mal ist er dünner, mal dicker, mal gleitet er elegant durch das Wasser, mal unbeholfen. Als junger Mann hat Burnside ziemlich wild im Wasser herumgeplantscht, das Erinnerungsbuch, in dem er auf diese Zeit zurückblickt, zeigt das Plantschen, zieht seine Bahnen aber geordnet und gewohnt virtuos.

In Frankfurt liest Burnside aus "Wie alle anderen", dem zweiten Band seiner Erinnerungen, deren erster, "Lügen über meinen Vater", auch in Deutschland erfolgreich war. Auf Englisch ist der Nachfolger unter dem Titel "Waking Up In Toytown" schon vor sieben Jahren erschienen, auf Deutsch ist er bei Knaus erst im vorigen Jahr herausgekommen. Als Burnsides deutscher Verlag ihn bat, im März in Deutschland zu lesen, war der Autor zunächst gar nicht begeistert - es ist die Zeit, in der er gerne Frühjahrsferien macht. Als er hörte, dass es nach Frankfurt in die Romanfabrik gehen sollte, sagte er allerdings sofort zu. Hier liest er gern. Nun sitzt der große, schwere Schotte auf der Bühne im vollbesetzten Saal und unterhält sich mit dem Frankfurter Anglisten Jan Wilm, neben ihm der Schauspieler Jochen Nix, der die deutschen Passagen vorträgt.

"Wie alle anderen" schildert den Weg des aus dem ersten Band bekannten Jugendlichen aus schwierigen Verhältnissen hinein in Margaret Thatchers achtziger Jahre. Wie alle anderen möchte er leben, der Mann mit der beengten Herkunft und der reichen Vorstellungskraft. "Das war es, was ich wollte - ein normales Leben, ohne Träume", heißt es im Buch: "Ich wollte die Ordnung, die andere Menschen zu haben schienen." Denn der junge John trinkt, aus Langeweile, Ratlosigkeit und als Ersatz für das, was er nicht haben kann. Er arbeitet in einer Fabrik, versucht, dem Alkohol zu entkommen, lässt die Heimat hinter sich und zieht in eine Londoner Vorstadt. Er findet eine Stelle im öffentlichen Dienst und eine besser bezahlte in der Privatwirtschaft, setzt den ersten Fuß auf die Eigentumsleiter, schafft und ackert.

Und trotzdem sind da Momente wie jener Sonntagmorgen, an dem er nicht gemütlich im Bett liegen bleibt, sondern eine Vorstadtladenzeile mit der auf Edward Hoppers Gemälde "Early Sunday Morning" vergleicht. John, der zu schreiben begonnen hat, merkt, dass das Stillhalteleben ihm nicht genügen wird. Denn darum, sagt Burnside in der Romanfabrik, verfertige der Mensch schließlich Kunstwerke, entwerfe Bilder aus Farben und Wörtern: "Um uns daran zu erinnern, dass alles verwandelt werden kann." Alles kann zu etwas anderem werden, alles soll seine eigentliche Form erhalten. Die Ordnung, die John braucht, ist im Alltag nicht zu finden, der Mann, den Burnside auf den Seiten dieses Buches beschreibt, wird erst bei sich angekommen sein, wenn er bemerkt hat, dass die Ordnung, um die es ihm geht, die der Welt im Kunstwerk ist. Das Buch, das Burnside aus alldem gemacht hat, enthält die Passage, die ihm in allen seinen Werken die liebste ist. Sie handelt von einem Mann, der plötzlich spürt, wie ihm Schnee auf das Gesicht fällt. Das sei es, was er anstrebe, sagt er: "In eine Art Weiße zu gehen." Wohlgeordnet, selbstverständlich.

FLORIAN BALKE

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"John Burnside hat ein grandioses Buch über den - zum Glück - gescheiterten Versuch geschrieben, wie alle anderen zu sein, und über die Frage, was überhaupt normal und was verrückt ist." Deutschlandradio Kultur, Tobias Wenzel