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Steve Jones durchforscht das imposante Gedankengebäude Charles Darwins und hält sich an den Aufbau des berühmten Vorbildes. Seine Beispiele stammen jedoch aus der heutigen Welt und beruhen auf den atemberaubenden Ergebnissen der modernen Forschung.
So erklärt er, warum das Aids-Virus die Mechanismen der Evolution in Reinkultur demonstriert und welche Rolle der Mensch in der Entwicklungsgeschichte der Arten spielt (dazu hat sich nämlich Darwin in seinem Buch nicht geäußert). Durch seinen Humor und einen großen Anekdotenreichtum ist so ein Stück lebendige Wissenschaftsprosa entstanden.

Produktbeschreibung
Steve Jones durchforscht das imposante Gedankengebäude Charles Darwins und hält sich an den Aufbau des berühmten Vorbildes. Seine Beispiele stammen jedoch aus der heutigen Welt und beruhen auf den atemberaubenden Ergebnissen der modernen Forschung.

So erklärt er, warum das Aids-Virus die Mechanismen der Evolution in Reinkultur demonstriert und welche Rolle der Mensch in der Entwicklungsgeschichte der Arten spielt (dazu hat sich nämlich Darwin in seinem Buch nicht geäußert). Durch seinen Humor und einen großen Anekdotenreichtum ist so ein Stück lebendige Wissenschaftsprosa entstanden.

Autorenporträt
Jones, Steve
Steve Jones ist Professor für Genetik am University College in London. Auf deutsch liegen von ihm vor: 'Die Botschaft der Gene' (1995), 'Gott und die Gene' (1998).

Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.10.1999

Bärenauslese
Steve Jones veredelt Darwins Theorie / Von Thomas Weber

Wer immer noch an dem Wandel des Lebens durch natürliche Auslese zweifelt, sollte sich die traurige Geschichte der Versuche betrachten, des Aids-Virus Herr zu werden. Hier geschah und geschieht Evolution in Echtzeit. Mutation und Selektion machen die todbringenden Viren zu einem außerordentlich flüchtigen Ziel für das Immunsystem und Medikamente.

Was hätten die Gegner von Darwins Theorie über den Artenwandel gesagt, wenn sie mit diesen Befunden konfrontiert worden wären? Hundertvierzig Jahre nach dem Erscheinen von "Origin of Species" hat Steve Jones, Professor für Genetik am University College London, sich zur Aufgabe gemacht, Darwins Werk an den aktuellen Wissensstand anzupassen. Jones verpflichtete sich dazu, die Struktur seines großen Vorbildes so genau wie möglich beizubehalten, wohl auch, um so die "Modernität" von Darwins Werk zu belegen. In einem atemraubenden Tempo führt der Autor den Leser durch mehr als vierhundert Seiten Anekdoten und Beispiele.

Krankheitserreger sind eine zuverlässige und immer wiederkehrende Quelle für Beispiele der Evolution, aber auch Hundeshows und Schafe, die auf die Gesichtszüge ihrer Mutter geprägt bleiben, bieten einen Anlass, über Variation, Auslese und Artaufspaltung zu informieren und zu spekulieren. Steve Jones gelingt es mühelos, aktuelle Forschungsergebnisse unterhaltsam darzustellen. Trotzdem hat sein Projekt etwas Fragwürdiges: Ist es wirklich nötig, einen wissenschaftlichen Klassiker wie Darwins "Entstehung der Arten" auf diese Weise zu aktualisieren?

Steve Jones möchte seine eigenen "großen Tatsachen" für die Evolution sprechen lassen. Darwin behauptete zwar auch, das zu tun, war aber wohl mit diesem Anspruch etwas zu bescheiden: Sein Buch ist eben keine reine Tatsachensammlung, Darwin war kein naiver Induktivist, sondern dem "vera causa"-Ideal des Astronomen, Physikers, Chemikers und Philosophen John Herschel verpflichtet, dessen "Preliminary Discourse on the Study of Natural Philosophy" (1830) zu den einflussreichsten Büchern der Zeit zählte.

Die Suche nach diesen "wahren Gründen" erhielt ihre Rechtfertigung aus Isaac Newtons methodischen Überlegungen in seinen "Opticks" und deren Deutung durch Thomas Reid, den schottischen Philosophen des common sense. Reid und Herschel unterschieden zwischen wahren und hypothetischen Ursachen, die beide angemessene Erklärungen für eine Naturerscheinung boten. Sowohl Newtons Gravitationskraft als auch Descartes' Wirbel erklärten die Umlaufbahnen der Planeten, doch wurde Newtons "wahre" Erklärung durch unabhängige Evidenz unterstützt wie zum Beispiel die Gezeiten oder fallende Körper. Darüber hinaus betonte Herschel die Vereinheitlichung von Phänomenen durch allgemein gültige Naturgesetze.

Dieser Wissenschaftsphilosophie versuchte Charles Darwin zu entsprechen, um Anerkennung für seine revolutionäre Theorie zu gewinnen. Sein "langes Argument" beginnt mit einem Überblick über die Variabilität domestizierter Tiere und Pflanzen unter verschiedenen Lebensbedingungen und über die Erblichkeit dieser Varianten. Das bedeute, dass es in der Natur auch erbliche Varianten geben müsse und dass unter den Bedingungen des "Kampfes ums Dasein" vorteilhafte Varianten einen Überlebens- und Fortpflanzungsvorteil hätten. Der Mechanismus der natürlichen Auslese offenbart sich somit nicht einfach dem aufmerksamen Beobachter der Natur, sondern ist eine "vera causa", die durch Beobachtungen von domestizierten Tieren, Erbmechanismen und geologischem Wandel unabhängige Unterstützung findet und mühsam abgeleitet werden muss.

Behält man die Struktur des Werkes bei und modernisiert nur das Tatsachenfundament, so muss die methodologische Leistung Darwins auf der Strecke bleiben. Manche Wissenschaftsphilosophen begehen den Fehler, philosophische Errungenschaften des zwanzigsten Jahrhunderts, etwa von Karl Popper oder Carl Hempel, in Darwins Werk, einem Werk aus der viktorianischen Zeit, finden zu wollen, während viele Naturwissenschaftler die historische Bedingtheit von Darwins Werk übersehen. Im viktorianischen Großbritannien war für viele Leser die Idee der Wandelbarkeit der Arten die große Provokation, für andere, vor allem Darwins Kollegen, war die Überzeugungskraft der Beweisführung von Bedeutung.

Außerhalb der - in Europa relativ unbedeutenden - kreationistischen Kreise hat die Idee der Evolution sich längst durchgesetzt, und ein Verständnis von Darwins Argumentation verlangt ein Eintauchen in eine fremde und vergangene Wissenschaftswelt. Eine freiere Aktualisierung Darwins hätte wahrscheinlich wenig Ähnlichkeit mit dem Vorbild, da sich die Standards, mit denen eine Theorie beurteilt wird, grundsätzlich geändert haben. Die enge Orientierung an seinem Vorbild führt leider auch dazu, dass Jones einige Themen übergeht, welche die Evolutionsbiologie neuerdings beleben. Selbst im kürzlich in die Schlagzeilen geratenen amerikanischen Bundesstaat Kansas bezweifeln die Evolutionsgegner nicht apodiktisch, dass organischer Wandel in einem geringen Ausmaß geschehen kann. HIV und andere Krankheitserreger stellen das Weltbild vieler Kreationisten nicht notwendig in Frage, eine solche Mikroevolution darf sogar in den Schulen gelehrt werden. Nicht sie, sondern die Makroevolution mit ihren Übergängen zwischen den großen Gruppen des Tier- und Pflanzenreiches ist der Stein des Anstoßes. Möglicherweise kann "Wie der Wal zur Flosse kam" dazu anregen, Darwins Meisterwerk endlich im Original zu lesen. Jones bietet einen unterhaltsamen und gut lesbaren Katalog von Fallbeispielen, welche die Gestaltungskraft der natürlichen Auslese illustrieren, doch scheint er mehr auf eine Überwältigung des Lesers als auf elegante Überzeugungsarbeit zu setzen. Allzu erfolgreich und elegant war Charles Darwin selbst allerdings auch wieder nicht: John Herschel zeigte sich wenig beeindruckt von Darwins Buch und ließ die natürliche Auslese nicht als eine wahre Ursache und schon gar nicht als ein allgemein gültiges Naturgesetz gelten.

Steve Jones: "Wie der Wal zur Flosse kam". Ein neuer Blick auf den Ursprung der Arten. Aus dem Englischen von Sebastian Vogel. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 1999. 512 S., geb., 49,90 DM.

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"Das Prinzip des Lebens stellt sich dar als Abstammung mit Abwandlung, eine Konstruktion ohne Konstrukteur. Dies erklärt Jones anschaulich an einem persönlichen Beispiel - als Hilfsmonteur in einer Seifenfabrik in Liverpool wurde er zum ersten Mal mit der Evolutionstheorie konfrontiert. Was passiert, fragen sich die Mitarbeiter, wenn Flüssigkeit durch eine Düse spritzt und zu Seifenpulver wird? Wie sieht die optimale Düse aus? Die zuständigen Ingenieure konnten diesen Vorgang mathematisch nicht lösen. Sondern behalfen sich anders. Man nehme eine Düse, die schon ganz gut funktioniert und stelle Kopien davon her, die jeweils nach dem Zufallsprinzip ein wenig abgewandelt sind. Dann prüfe man, wie gut sie das Pulver herstellen ... und siehe da: Im Laufe der Generationen schält sich wie von Zauberhand ein neues, hervorragendes Rohr heraus, das eine komplizierte, überraschende Form besitzt." Süddeutsche Zeitung