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Von Kindesbeinen an ist András Vajda von der Welt der Frauen fasziniert. Der Duft von Puder und Parfüm, der ihn bei den Teegesellschaften seiner Mutter in der elterlichen Budapester Wohnung umfängt, weckt bereits früh sein sinnliches Verlangen. Dieses Verlangen wird András ein ganzes Leben lang begleiten und in die Arme zahlloser Frauen führen, immer auf der Suche nach den Geheimnissen der Liebe, des Eros und des Glücks.

Produktbeschreibung
Von Kindesbeinen an ist András Vajda von der Welt der Frauen fasziniert. Der Duft von Puder und Parfüm, der ihn bei den Teegesellschaften seiner Mutter in der elterlichen Budapester Wohnung umfängt, weckt bereits früh sein sinnliches Verlangen. Dieses Verlangen wird András ein ganzes Leben lang begleiten und in die Arme zahlloser Frauen führen, immer auf der Suche nach den Geheimnissen der Liebe, des Eros und des Glücks.
Autorenporträt
Stephen Vizinczey, geboren 1933, erlitt das Schicksal vieler Ungarn im 20. Jahrhundert: Sein Vater wurde von den Nazis ermordet, sein Onkel von den Kommunisten. 1956 Flucht nach Montreal. Seit 1996 Veröffentlichungen. Der Autor lebt in London.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Gerrit Bartels wünscht diesem Buch, dass es in Deutschland endlich den Erfolg hat, der international seit dem ersten Erscheinen 1965 anhält. "So heiter und charmant, so luftig und unterhaltend", wie Setphen Vicinczey erzählt - das müsste doch "auch heute noch locker ein paar zehntausend neue Leser ansprechen". Der Philosophieprofessor Varda, ein junger Mann noch, erlernt "die Feinheiten des Lebens genauso wie das Handwerk und die Feinheiten der Liebe" in den Armen älterer Frauen. Doch mögen die Betten auch ein Hauptschauplatz des Romans sein - das Beste an ihm ist nach Ansicht des Rezensenten, dass er die Erotik mit historischen Ereignissen und Politik verschlingt.

© Perlentaucher Medien GmbH
´Ein Meisterwerk ... wie alle großen Romane versucht er, seine Leser die Wahrheit über das Leben zu lehren. Es ist ein Bildungsroman, den man jungen Leuten beiderlei Geschlechts schenken sollte, sobald sie die wunderbaren und furchteinflößenden Gestande der Sexualität erreichen ... ein faszinierender Roman, eine Abhandlung über die Menschheit, ausgestattet mit all den Verführungskünsten des Humors, der Leichtigkeit und Tiefe, ein großer Roman in europäischer Tradition. Vizinczeys Intelligenz ist so erfrischend, so ansteckend, dass die Lektüre dieses Buchs Sie in ein Bad des Glücks tauchen wird`.
Le Monde
´Erotik voller Tiefgang und Witz ... Vizinczeys Prosa ist kristallklar und von anmutiger Prägnanz. Man liest den Roman mit einem Gefühl ständigen hormonellen Entzückens.`
Diario 16
´Ein erotischer Klassiker voll subtiler Komplexität und Humor. Eine Einladung, sich auf die Liebe, auf das Abenteuer einzulassen. Gleichzeitig ist er jedoch auch das Porträt eines Menschen, der uns aus den Geschichten unserer Angehörigen vertraut ist, eines Menschen, dem wir alle irgendwann schon einmal begegnet sind. Vielleicht ist der große Erfolg darauf zurückzuführen - und auf den Stil, der so ungekünstelt, so natürlich und zugleich von einer so perfekten Genauigkeit ist.`
La Vanguardia

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2004

Alle beteten für mich, damit ich mein Bestes gab
Das Abc der Leiber: Stephan Vizinczey tut einen schwindelnden Blick in die Zukunft der Vergänglichkeit / Von Werner Spies

Ein Buch kommt zurück. Stephen Vizinczeys "In Praise of Older Women" soll seit seinem ersten Erscheinen vor vierzig Jahren fünf Millionen Leser erreicht haben. Die Beschreibung unbeständiger, immer neuer Annäherung an Anatomie und Seele findet im Geschick, das dem Titel zuteil wurde, einen Widerhall. Die deutsche Erstausgabe, die 1967 auf den Markt kam, lautete "Frauen zum Pflücken". Aus dieser albernen Anpreisung eines Erntefests wurde 1980 "Lob der erfahrenen Frauen". Und nun, beim dritten Anlauf, verkündet eine neue Übersetzung des Romans: "Wie ich lernte, die Frauen zu lieben".

Eine derartige Unbeständigkeit wollte einem als Symbol für die Tantaluslüste vorkommen, die auf diesen Seiten in immer neuen Variationen beschrieben werden. Doch eigentlich spricht sich im Versuch des Verlegers, es mit dem Titel zu treiben, ein gründliches Mißverständnis aus. Hier geht verloren, was der Autor unübertrefflich zum Ausdruck bringt, die verschattete Melancholie spasmischer, unwiederbringlicher Annäherungen. Denn im Unterton schwingt bei Vizinczey etwas von dem mit, was Tanizakis Initiation in die japanische Psyche zum Ausdruck zu bringen vermag: der Traktat "In Praise of Shadows" (1933/34) begründet den Anstieg der Leidenschaft, zu dem der elegische Filter, das Verdämmern an der Grenze von Raum und Zeit führen. Und wenn wir wissen, daß das vorliegende Buch, das sich sichtbar auf autobiographische Erfahrung stützt, aus der Feder eines gebürtigen Ungarn stammt, ist es kaum von der Hand zu weisen, daß die Experimente mit Gräfin S., Fräulein Mozart, Klári, Ilona, Zsuzsa, Boby, Paola und Ann den Autor Stephen Vizinczey jeweils zu dem Schlußsatz aus "Blaubart" führen könnten: "du warst meiner Frauen schönste, die allerschönste."

Dem Beharren auf "older women", das der Titel mit Nachdruck unterstreicht, geht es nicht nur darum, von der Wollust der Erfahrung und von Raffinement zu profitieren. Die Begründung liefert der Autor in der Schilderung von Szenen, die das Gleichaltrige spannungslos, ja ausweglos erscheinen lassen. Für den heranwachsenden András wird der Blick auf Körper, die seiner eigenen Zeit entrückt sind, zum schwindelnden Blick in die Zukunft von Vergänglichkeit. Jede Begegnung rekapituliert neben dem Komödiantischen und Prickelnden Abschiedsschmerz und Mitempfinden, ein bißchen Feldmarschallin und Octavian. Was sich abspielt, gewinnt dank der streng katholischen Erziehung eine zusätzliche, verbotene Exaltation. Der Fetischismus der Dinge, die Adoration, die sich an leise Details des fremden Körpers heften, erreichen liturgische Tiefe.

Langsam dringt András, immer wieder von Angst vor Sünde und Verdammung paralysiert, in das Abc der Leiber ein. Dies befördert eine moralische Erfahrung, die Georges Bataille in seinem Traktat "L'érotisme" in einem ausdrucksvollen Satz des Marquis de Sade aufspürt: "Es gibt kein besseres Mittel, sich mit dem Tod vertraut zu machen, als diesen an die Vorstellung von Ausschweifung zu binden." Die Vorstellung einer mystischen Kommunion, zu der zunächst exaltierte Märtyrerphantasien führen, locken den Halbwüchsigen unter die Röcke der Schutzmantelfrauen, die ihn im vaterlosen Haushalt mit Süßigkeiten und Zärtlichkeiten abfangen. Der Held erlebt diese Initiation auf inbrünstige Weise. Nur etwas macht ihn mißtrauisch: "Die einzige Einschränkung, die ich spürte, war das Bewußtsein, daß sie alle für mich beteten, damit ich mein Bestes gab."

Nach den ersten Seiten, nach den witzigen Schilderungen der Schoßhund-Erotik, der sich der kleine Junge beim Kaffeekränzchen der Damen überläßt, beginnt man die Muster für das Buch zu erahnen. Zum Glück reizt einen diese Nachforschung, sonst bliebe die Lektüre doch allzu harmlos. Denn die vierzig Jahre, die das Buch auf dem Buckel hat, haben dafür gesorgt, daß sich das Provozierende, das einst für die hohe Auflage sorgte, längst verflüchtigt hat. Beschreibungen von Parfüms, von Halbverdecktem, von exploratorischen Berührungen - die Verführerin, die sich schließlich mit dem kleinen, ebenso frühreifen wie kennerischen András abzugeben beginnt - bleiben in einer biblischen und literarischen Tradition. Man denkt an Putiphars Frau oder an die lüsterne Brunelda in Kafkas "Amerika", die die Umgebung mit ihrer lymphatischen Mattigkeit in Hitze versetzt.

Der Erziehungsroman, besser, der Strafroman, der Karl nach Amerika verstößt, mußte Vizinczey herausfordern. Denn der Autor trat selbst in die Fußstapfen von Karl Roßmann. Wenn er schildert, wie die Flüchtlinge, die aus Budapest herbeiströmen, an der österreichischen Grenze Busse erblicken, auf denen in großen Lettern die verschiedenen Destinationen Schweiz, Vereinigte Staaten, Neuseeland, Australien, Kanada oder Wien stehen, denkt man an die groteske Inszenierung, mit der Kafka im "Naturtheater in Oklahoma" den Einwanderern ihre Arbeitsplätze zuweist. Auch die "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" sind nicht spurlos an diesem Buch vorbeigegangen. Das Diebische, Unmoralische, die Fähigkeit, sich zu arrangieren, gehört dazu. Das führt András schrittweise über Zuhälterei im amerikanischen Army Camp zu der Befriedigung der Ansprüche, die der eigene Verbrauch stellt. Man denkt an Felix Krulls amouröse Auftragsarbeit im Bett der Madame Houpflé, bei der, auf Verlangen der Dame, zwar nicht mehr Jungfräuliches, aber immerhin Schmuck und Geld entwendet werden sollen.

All dies geschieht in Zeitlupe, auf systematische Weise. Nacheinander treten die Frauen auf und ab. Der Ich-Erzähler läßt die Frauen agieren, skizziert so etwas wie eine Temperamentenlehre. Die Abfolge prämiert keinen Laufsteg geklonter Edelgeschöpfe. Von der anfänglichen Irrelevanz des Physischen wollte man sprechen. Diese verschwindet jeweils hinter einer glühenden Interpretation. András addiert, vermittelt den Eindruck, er müsse die Frau aus verschiedenen Wirklichkeiten zusammensetzen. Man denkt an den berühmtesten Topos der erotischen Synthese, an die Schilderung der Entstehung des Helena-Bildes, das Zeuxis für den Hera-Tempel in Kroton malen soll. Zeuxis sucht sich fünf Frauen aus der Stadt aus und fügt die jeweils begehrenswertesten Körperteile zum Überbild zusammen. Auch der Erzähler folgt - und wenn er sich auch noch so sehr Details ausliefert - einer platonischen Vorstellung.

Doch die ausschlaggebende Wirkung des Buches hat mit Zeit, mit genau eingestellter Zeit zu tun. Erst die Entscheidungen, von denen der Verführer Energie und Mut bezieht, bieten die prickelnde Antizipation für das, was er schließlich erlebt. Es geht um den Sprung ins kalte Wasser. Nicht umsonst spielt der Aufenthalt am Rande der Becken des Lukácsbads, dieses Relikts osmanischer Herrlichkeit in Budapest, eine initiatorische Rolle. Denn es kommt auf den richtigen Augenblick an. Das spürt der Leser bereits auf den ersten Seiten. Und er denkt an das, was den Inhalt auszeichnet, an die "older women" und die dezisionistische Mutprobe.

Er kann die Anspielung auf Julien Sorel und Madame de Rênal nicht erwarten. Bald stößt er auf die Bemerkung, daß die russischen und französischen Romanciers des neunzehnten Jahrhunderts zu den Lieblingslektüren zählten. Denn, schreibt der Autor: "Diese lehrten mich eine Menge über die Frauen, denen ich im Laufe meines Lebens begegnen sollte." Doch dann kommt der entscheidende Hinweis auf Stendhals Buch: "Eine Passage aus Rot und Schwarz beschäftigte mich in jenen Tagen sehr. Sie handelt von der Angst des jungen Sorel, sich Madame de Rênal zu nähern, die ihn als Hauslehrer für ihre Kinder eingestellt hat. Julien: ,Pünktlich, wenn es zehn Uhr schlägt, werde ich tun, was ich mir den ganzen Tag für heute vorgenommen habe. Oder ich gehe auf mein Zimmer und schieße mir eine Kugel durch den Kopf'."

Jetztzeit und Geschichte werden zum entscheidenden, zweiten Thema. Wie alle bedeutenden oder wenigstens lesbaren erotischen Bücher spielt das Buch Vizinczeys vor dem Hintergrund weltpolitischer, dramatischer Ereignisse. Nicht anders als Casanovas Memoiren reagiert der amouröse Lebensbericht, auch wenn dies manchmal kursorisch bleibt, auf die eigene Zeit. Die Kindheit in Székesfehérvár und später in Budapest dient den frühen pikaresken Fummeleien als Fond. Die Ermordung des Vaters, der zu dem antifaschistischen Kreis um Admiral Horthy zählt, durch die Nazis, das Ende des Krieges mit seinen Leichenbergen, die Bespitzelungen und der stalinistische Terror, der niedergeschlagene Ungarn-Aufstand, die Flucht nach Österreich, das Exil, das den Erzähler nach Kanada führt, all dies gehört zur Geschichte. Dem Widerstand der Ungarn widmet das Buch ganze Seiten. Plötzlich wird das Thema des Romans bedeutungslos. Die ausgedehnteren Schilderungen, die der Begegnung mit der amerikanischen Armee in Salzburg gelten, münden in Maximen: "Bürger großer Staaten neigen zu der Annahme, daß Siege endgültig sind; die Ungarn dagegen vertrauen auf den Verfall der Macht, auf den unvermeidlichen Sturz der Sieger und das Wiedererstarken der Besiegten."

Die Energie, weiße Stellen auf der Landkarte der Leidenschaft zu tilgen, bleibt, so betrachtet, an den Terror und die Verzweiflung der Zeit gebunden. Der Schrecken dient der Suche nach Zärtlichkeit als Repoussoir. Es geht um Verstecke und um Fluchtversuche. Das Politische versorgt das Buch, das immer wieder leicht dahinplätschert, mit Staumauern. An die Stelle unzumutbarer Repetition tritt ein Gemisch aus Reflexion und präziser Verführung. Dabei setzt der Erzähler die lupenscharfe Schilderung von Körperstellen und von gymnastisch diffizilen Berührungen ein. Aus der sachlichen Beschreibung tritt das Detail hervor. Einsprengsel, die Feuchtigkeit, elektrisierenden Geruch notieren, die haarscharf eine Verwerfung oder einen Schatten unter dem Stoff registrieren, erforschen die unendlich verschiedenen Territorien der Leiber. Das Plötzliche des Obszönen entlädt sich wie eine Aura über den ganzen Text. Hier trifft sich das Buch mit Truffauts "Der Mann, der die Frauen liebte": "Die Beine der Frauen, sagt der große Filmemacher, sind Kompasse, die die Erdkugel in alle Richtungen ausmessen und die ihr Harmonie und Gleichgewicht verleihen."

Stephen Vizinczey: "Wie ich lernte, die Frauen zu lieben". Die amourösen Erinnerungen des András Vajda. Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Carina von Enzenberg. SchirmerGraf Verlag, München 2004. 304 S., geb., 19,80 [Euro].

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