"Viele, die stolz waren, zu unserem Bekanntenkreis zu gehören, kennen uns nicht mehr, gehen uns aus dem Weg." Diese erste Erfahrung unter dem Nazi-Regime war der Anfang eines 12-jährigen Überlebenskampfes für Klaus Mayer. 1923 als Sohn eines jüdischen Vaters in Mainz geboren, erlebte er diese Zeit in steter Ungewissheit um sein eigenes Schicksal und das seiner Familie.Seine knappe, unaufgeregte aber dennoch intensive Schilderung dieser Jahre lässt am Beispiel des Einzelnen das Schicksal von Millionen erahnen. Glück und Gottvertrauen halfen Klaus Mayer zu überleben: "Wie sehr mein Glaube an Gott mich trägt, das habe ich in den schweren Stunden meines Lebens erfahren."
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.04.2007Zwölf Jahre am Rande der Hölle
Nein, durch die Hölle sei er nicht gegangen, schreibt Monsignore Klaus Mayer unprätentiös im Vorwort seines Buches "Wie ich überlebte. Die Jahre 1933 bis 1945". Schließlich seien ihm Deportation, Konzentrationslager und Todesmärsche erspart geblieben. "Aber jahrelang ging ich Tag und Nacht am Rand der Hölle entlang", so der in Mainz weithin bekannte Pfarrer, der Marc Chagall zur Schaffung der berühmten Glasfenster für St. Stefan bewegte.
Der schmale Grat zum Inferno - für den Sohn einer katholischen Mutter und eines jüdischen Vaters bestand er aus zwölf Jahren Ausgrenzung und Todesangst, doch noch von der Hölle verschlungen zu werden. Der in Darmstadt geborene Mayer war neun Jahre alt, als Hitler am 30. Januar 1933 die Macht ergriff. "Schlagartig entstand ein feindliches Klima der Ausgrenzung uns gegenüber. Viele, die stolz gewesen waren, zu unserem Bekanntenkreis zu gehören, kannten uns nun nicht mehr und gingen uns aus dem Weg", so der heute Vierundachtzigjährige.
Da für den "Halbjuden" Klaus Mayer aufgrund der ständigen Anfeindungen staatliche Schulen nicht mehr in Frage kamen, schickte ihn seine Mutter - der Vater war nach Argentinien geflohen - aufs Benediktiner-Gymnasium nach Ettal. Nach Umwandlung der Klosterschule in eine staatliche Lehranstalt kehrte Mayer nach Mainz zurück, um 1942 sein Abitur als Externer am Adam-Karrillon-Gymnasium abzulegen. Zynisch muteten die Prüfungsthemen an, mit denen sich der Neunzehnjährige auseinandersetzen musste, etwa den "Rassenbestandteilen des jüdischen Volkes" im Fach Biologie.
Als "wehrunwürdig" befunden, folgten Stationen in Hamburg und wieder Mainz, wo er zum Arbeitsdienst verpflichtet wurde und die alliierten Luftangriffe miterlebte. Um Haaresbreite entging der getaufte Katholik, der Mitglied in einem Widerstandskreis war, der Festnahme durch die Nazis - sie hätte für den "Mischling ersten Grades" den Gang ins KZ bedeutet. "Als einziger einer väterlicherseits großen, jüdischen Mainzer Familie habe ich zusammen mit meiner Mutter und nur dank Gottes und ihrer Hilfe die Schreckensjahre 1933 bis 1945 überlebt", zieht Mayer Bilanz aus zwölf Jahren NS-Terror, dem etwa 15 Verwandte zum Opfer gefallen waren.
In seinem autobiographischen Werk hat der 1950 zum Priester geweihte Theologe nicht nur ein Stück Familiengeschichte zu Papier gebracht, sondern auch einen eindringlichen Appell "wider das Vergessen". Dabei gewinnt Mayers Schilderung nicht zuletzt durch seinen sachlichen, fast distanzierten Ton, der in Kontrast zur Monstrosität der Ereignisse steht, an Überzeugungskraft.
OLIVER KOCH
Klaus Mayer: Wie ich überlebte. Die Jahre 1933 bis 1945. Echter-Verlag, Würzburg 2007. 64 Seiten; 9,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Nein, durch die Hölle sei er nicht gegangen, schreibt Monsignore Klaus Mayer unprätentiös im Vorwort seines Buches "Wie ich überlebte. Die Jahre 1933 bis 1945". Schließlich seien ihm Deportation, Konzentrationslager und Todesmärsche erspart geblieben. "Aber jahrelang ging ich Tag und Nacht am Rand der Hölle entlang", so der in Mainz weithin bekannte Pfarrer, der Marc Chagall zur Schaffung der berühmten Glasfenster für St. Stefan bewegte.
Der schmale Grat zum Inferno - für den Sohn einer katholischen Mutter und eines jüdischen Vaters bestand er aus zwölf Jahren Ausgrenzung und Todesangst, doch noch von der Hölle verschlungen zu werden. Der in Darmstadt geborene Mayer war neun Jahre alt, als Hitler am 30. Januar 1933 die Macht ergriff. "Schlagartig entstand ein feindliches Klima der Ausgrenzung uns gegenüber. Viele, die stolz gewesen waren, zu unserem Bekanntenkreis zu gehören, kannten uns nun nicht mehr und gingen uns aus dem Weg", so der heute Vierundachtzigjährige.
Da für den "Halbjuden" Klaus Mayer aufgrund der ständigen Anfeindungen staatliche Schulen nicht mehr in Frage kamen, schickte ihn seine Mutter - der Vater war nach Argentinien geflohen - aufs Benediktiner-Gymnasium nach Ettal. Nach Umwandlung der Klosterschule in eine staatliche Lehranstalt kehrte Mayer nach Mainz zurück, um 1942 sein Abitur als Externer am Adam-Karrillon-Gymnasium abzulegen. Zynisch muteten die Prüfungsthemen an, mit denen sich der Neunzehnjährige auseinandersetzen musste, etwa den "Rassenbestandteilen des jüdischen Volkes" im Fach Biologie.
Als "wehrunwürdig" befunden, folgten Stationen in Hamburg und wieder Mainz, wo er zum Arbeitsdienst verpflichtet wurde und die alliierten Luftangriffe miterlebte. Um Haaresbreite entging der getaufte Katholik, der Mitglied in einem Widerstandskreis war, der Festnahme durch die Nazis - sie hätte für den "Mischling ersten Grades" den Gang ins KZ bedeutet. "Als einziger einer väterlicherseits großen, jüdischen Mainzer Familie habe ich zusammen mit meiner Mutter und nur dank Gottes und ihrer Hilfe die Schreckensjahre 1933 bis 1945 überlebt", zieht Mayer Bilanz aus zwölf Jahren NS-Terror, dem etwa 15 Verwandte zum Opfer gefallen waren.
In seinem autobiographischen Werk hat der 1950 zum Priester geweihte Theologe nicht nur ein Stück Familiengeschichte zu Papier gebracht, sondern auch einen eindringlichen Appell "wider das Vergessen". Dabei gewinnt Mayers Schilderung nicht zuletzt durch seinen sachlichen, fast distanzierten Ton, der in Kontrast zur Monstrosität der Ereignisse steht, an Überzeugungskraft.
OLIVER KOCH
Klaus Mayer: Wie ich überlebte. Die Jahre 1933 bis 1945. Echter-Verlag, Würzburg 2007. 64 Seiten; 9,90 Euro.
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