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Dieses in den USA heftig diskutierte Buch hat der Frage, wie das Gehirn, also etwas Fleischliches, etwas von ihm gänzlich Verschiedenes, nämlich Geistiges, hervorbringen kann, einen ganz neuen Aspekt gegeben. Wie hat man sich den Zusammenhang von Körper und Geist vorzustellen? Vor allem: Wie überhaupt ist es möglich, daß Materie Geist hervorbringt? Was wäre, wenn das Gehirn einfach prinzipiell nicht in der Lage wäre, über eine bestimmte Grenze hinaus über sich nachzudenken? Kenntnisreich und in verständlicher Sprache erörtert Colin McGinn eine der spannendsten Fragen des Nachdenkens über uns selbst. Seine Antwort wird Sie überraschen. …mehr

Produktbeschreibung
Dieses in den USA heftig diskutierte Buch hat der Frage, wie das Gehirn, also etwas Fleischliches, etwas von ihm gänzlich Verschiedenes, nämlich Geistiges, hervorbringen kann, einen ganz neuen Aspekt gegeben. Wie hat man sich den Zusammenhang von Körper und Geist vorzustellen? Vor allem: Wie überhaupt ist es möglich, daß Materie Geist hervorbringt? Was wäre, wenn das Gehirn einfach prinzipiell nicht in der Lage wäre, über eine bestimmte Grenze hinaus über sich nachzudenken? Kenntnisreich und in verständlicher Sprache erörtert Colin McGinn eine der spannendsten Fragen des Nachdenkens über uns selbst. Seine Antwort wird Sie überraschen.
Autorenporträt
Colin McGinn ist Professor für Philosophie und lehrt an der Rutgers University (USA). Darüber hinaus verfasst er häufig Beiträge unter anderem für die New York Times, Lingua Franca und The New Republic.

Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.03.2001

Bewusst sein
Colin McGinn fragt: Wie
kommt der Geist in die Materie?
„Es trifft uns wie ein Schock, wenn man uns sagt, dass wir nicht wirklich verstehen, was diese Dinge eigentlich sind, dass wir ihren innersten Eigenschaften zutiefst unwissend gegenüberstehen. ” Heinrich von Kleist erlitt tatsächlich einen Schock, nachdem er Kant gelesen hatte, der über „diese Dinge” nachdachte. Aber das Postulat eines Dings an sich behilft sich mit einer qualitas occulta und gesteht damit das Dilemma der abendländischen wie überhaupt jeder Metaphysik mannhaft ein: nämlich deren Unmöglichkeit. Kants wuchtige Kritiken gehören gleichwohl zu den folgenreichsten Unternehmungen neuzeitlicher Philosophie, weil sie unserem Denken in einem bisher unerhörten Sinne Grenzen setzen; sie denken den Subjektivismus, den Descartes auf den Weg gebracht hatte, beinahe schon zuende.
Es trifft uns wie ein Schock, wenn man uns sagt, dass wir nicht wirklich verstehen, was diese Dinge eigentlich sind – der zitierte Satz stammt von Colin McGinn, der eine Abhandlung über die Frage „Wie kommt der Geist in die Materie?” vorgelegt hat, eine cartesianische Meditation im Grunde, die nicht nur den philosophischen Gestus mit Descartes teilt, sondern auch vom Denken als der einzig greifbaren Gewissheit ausgeht.
Das „Rätsel des Bewusstseins”, das der Untertitel annonciert, bleibt freilich ungelüftet. Aber McGinn will vor allem das Bewusstsein vom Rätsel wecken. Eingezwängt zwischen Materialismus und Dualismus, bleibt das Bewusstsein jene Unbekannte, die es immer schon war – und bis auf weiteres wohl auch bleiben wird. Denn die Annahme, dass die Gene, bei denen McGinn am Ende seine Zuflucht nimmt, „womöglich die Lösung für das Körper-Geist-Problem enthalten könnten”, ist ein Taschenspielertrick, der dem Autor den Vorwurf der Tendenzanfälligkeit vermutlich nicht ersparen kann. Trotz neuerlicher Genom-Entschlüsselung: McGinn erklärt etwas Unbekanntes mit etwas Unbekanntem.
Sei es drum. Gute Bücher können es vertragen, wenn sie mehr Fragen aufwerfen als Antworten geben, wobei man die Aufteilung des Universums – in „vier grundlegende Arten von Daseinsformen: unbelebte Gegenstände wie Steine, Pflanzen und Wolken, lebende Organismen wie Pflanzen, Würmer und Bakterien, konstruierte Artefakte wie Uhren, Autos und Computer, fühlende oder bewusste Wesen wie Fledermäuse, Menschenaffen und Menschen” – allerdings als Nonsens bezeichnen muss. Wie denn auch die „unverbrauchte Perspektive”, die McGinn einzunehmen versucht, einen philosophiegeschichtlich reichlich kühnen Anspruch darstellt, an dem sich zuletzt und in großem Stil die analytische Philosophie des vergangenen Jahrhunderts abgemüht hat.
McGinns Abhandlung, die mit plausiblen Beispielen aufwartet, ist aus einem anderen Grunde stark. Sie umkreist das Körper-Geist-Problem in immer engeren Kreisen und macht vor dessen notwendig rätselhaftem Charakter mit einer Diskretion Halt, welche die Denkmöglichkeiten zwischen Realität und Idealität facettenreich ausspielt, ohne auch nur im Mindesten die Bereitschaft erkennen zu lassen, etwas von jener Spiritualität preisgeben zu wollen, die bereits die Logik der cartesischen Meditationes de Prima Philosophia” aufgeweicht hat. Der besinnlichen, didaktisch wertvollen Methode eignet dabei etwas eigentümlich Selbstbewusstes, der Verzicht auf einen begrifflichen Apparat wirkt wohltuend. Der Preis, den McGinn für seine außerordentliche Lesbarkeit zahlt, ist freilich eine gewisse, aber vermutlich billigend in Kauf genommene Unschärfe. Erkennbar wendet er sich ans breite Publikum. Hoffentlich dringt er zu ihm durch.
EDO REENTS
COLIN McGINN: Wie kommt der Geist in die Materie? Das Rätsel des Bewusstseins. Aus dem Englischen von Susanne Kuhlmann-Krieg. Verlag C. H. Beck, München 2001. 270 Seiten, 38 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.05.2001

Unser Hirn ist viel zu schwach für unser Hirn
Das Urknallbonbon: Colin McGinn schlägt sein Lager vor den verschlossenen Türen des Bewußtseins auf und verteidigt den Kontinent des Nichtwissens

Wie kann das Gehirn Bewußtsein, die Materie Geist hervorbringen? "Seine Antwort wird Sie überraschen", heißt es im Klappentext der Übersetzung von Colin McGinns neuestem Buch. Das tut sie in der Tat. McGinn, Chefdenker der sogenannten Mysteriker, versucht nämlich gar nicht erst, eine zu geben. Die Lösung des Leib-Seele-Problems, erfährt der Leser vielmehr, ist für den Menschen, was die Relativitätstheorie für eine Katze ist: außerhalb der intellektuellen Reichweite. Das Phänomen Bewußtsein wird daher bleiben, was es derzeit ist, ein Mysterium.

Dabei ist Bewußtsein für McGinn nicht einmal eine besonders komplexe Angelegenheit, sondern ein elementares biologisches Phänomen, so natürlich wie das Atmen, so verbreitet wie Blut und Knochen. Außerdem hält McGinn rein gar nichts von Spekulationen über übernatürliche Ursprünge des Bewußtseins. Ein Vorteil seiner Position sei es gerade, religiösen Mystizismus zu vermeiden, betont der Autor. Denn auf einer "Ebene objektiver Realität" seien Körper und Geist eine Einheit, es gebe also eine naturalistische Erklärung des Bewußtseins - nur nicht für uns. Er nennt dann noch weitere Vorteile seiner Sicht der Dinge, darunter die Vermeidung von Zeitverschwendung und die Dämpfung naturwissenschaftlicher Hybris. Außerdem, meint McGinn, tue es dem Menschen gut, "den Kosmos nicht als etwas zu betrachten, das sich unserem intellektuellen Eifer bereitwillig öffnet".

Das liest sich nett, doch für eine so radikale - und aller Vorteile zum Trotz frustrierende - Position hätte man gern stärkere Argumente. Zumal jene Analogie von Katzenhirn und Menschenhirn auf mindestens einem Fuß deutlich hinkt: Es sieht nicht so aus, als würden sich Katzen in ähnlicher Weise mit der Relativitätstheorie abmühen wie Menschen mit der Erklärung des Bewußtseins. Diesen Einwand aber wischt McGinn beiseite. Die bloße Tatsache, daß Menschen bestimmte Fragen stellen können, sei keine Garantie dafür, daß sie auch eine Antwort finden werden. Vielmehr sei die anhaltende Irritation, die einige philosophische Fragen seit Jahrhunderten erzeugen, gerade ein Hinweis darauf, daß sie auf etwas zielen, was Menschen sich nicht verständlich machen können.

McGinn geht die wichtigsten Theorien zum Verhältnis von Körper und Geist kurz durch und referiert die üblichen Argumente gegen Materialismus und Dualismus. Dann fordert er seine Leser auf, ihre geistige Schiefertafel sauber zu wischen. In den folgenden Kapiteln findet er immer neue eindrückliche Formulierungen und Bilder für die berühmte, zwischen Geist und Gehirn klaffende Erklärungslücke. Darin liegt die Stärke des Buches.

Bewußtsein, so McGinn, ist eine Sekretion des Gehirns. Wie könnten wir der entscheidenden Eigenschaft des Gehirns auf die Spur kommen, die ihm erlaubt, Bewußtsein zu erzeugen? Die Introspektion reicht nicht. Sie sagt, was sich derzeit im Bewußtsein abspielt, aber nicht, wie es zustande kommt. Und im Gehirn ist die gesuchte Eigenschaft ebensowenig sichtbar, meint McGinn, denn sobald es "von außen" betrachtet wird, ist es nur noch ein Haufen komplex verschalteter Neuronen. Zwar mögen sich interessante Korrelationen zwischen Gehirn- und Bewußtseinszuständen finden, doch es wird nie gelingen, das Gehirn in die Sphäre der Introspektion oder das Bewußtsein in die der Neurologie hinüberzuziehen.

Nicht nur das Gehirn, auch das Bewußtsein muß eine verborgene Eigenschaft haben, die es am Gehirn befestigt. Um dies zu belegen, bemüht McGinn das Phänomen der Blindsicht. Manche Menschen, die aufgrund von Läsionen im visuellen Kortex erblindet sind, können im Experiment zum Beispiel die Form von Gegenständen, die man ihnen präsentiert, signifikant besser "erraten", als es der Zufall erwarten ließe. Ihnen sind anscheinend Reste visueller Fähigkeiten erhalten geblieben, die ihnen aber nicht bewußt sind. Das zeigt, so McGinn, daß Sehen eine Erfahrungskomponente hat, die der Introspektion nicht zugänglich ist. Dies ist die versteckte Eigenschaft des Bewußtseins, die es zu einem Geheimnis macht. Ähnliches gilt für die Identität der Person, für den Tod und den freien Willen: Sie alle müssen verborgene Eigenschaften haben, die, wären sie bekannt, eine Erklärung ermöglichten.

Und warum werden sie uns verborgen bleiben? Weil der menschliche Geist sich nicht entwickelt hat, um Philosophie zu treiben, so McGinns evolutionspsychologische Erklärung. Wir denken kompositorisch und räumlich - falsche Kategorien für den Geist. Unsere Art, Wissenschaft zu betreiben, hat einfach die falsche Grammatik für dieses Problem. Der Autor führt auch gleich vor, was herauskommt, wenn man sich mit den so beschränkten Fähigkeiten dennoch an der verborgenen Eigenschaft des Gehirns versucht: Der Raum, sagen die Kosmologen, entstand mit dem Urknall. Vielleicht, so McGinn, blieb die nichträumliche Dimension des Universums vor dem Urknall irgendwo erhalten, bis sie im Gehirn zu neuem Leben erweckt wurde und sich nun in das Gewand des nichträumlichen Bewußtseins kleidet. Ist das Bewußtsein also gar ein Fossil aus der Zeit vor dem Urknall?

Man will das Buch gerade entnervt zuschlagen, als McGinn versichert, er verlange von seinem Leser keineswegs, dies zu glauben. Aber man müsse im Falle des Bewußtseins eben die radikalsten Ideen prüfen. Er selbst könne sich auf diese Gedanken nur fünf Minuten pro Monat einlassen: "Wir befinden uns am Rande des Sagbaren." Und des Verstehbaren leider auch.

McGinn sieht eine neue Disziplin entstehen, die "Geographie des menschlichen Nichtwissens". Für diese versteht er eloquent, bisweilen auch ein wenig derb zu werben. Insider-Slang vermeidet er konsequent. Sein Buch ist eine gute Einführung in die Tiefen des Leib-Seele-Problems; seine Lösung hoffentlich falsch.

MANUELA LENZEN

Colin McGinn: "Wie kommt der Geist in die Materie?" Das Rätsel des Bewußtseins. Aus dem Englischen von Susanne Kuhlmann-Krieg. Verlag C. H. Beck, München 2001. 267 S., br., 38,- DM.

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