Die Sehnsucht nach großen Gefühlen in einer harten Welt - ein schonungsloses und komisches JugendporträtDie letzten Sommerferien vor dem Abi: Felix träumt von der großen Liebe und dem echten, aufregenden Leben. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Mit seinen Freunden hängt er an der Parkbank ab, wo alle trinken und dumme Sprüche klopfen. Im Grunde geht es nur darum, hart zu sein und nicht alleine zu bleiben, denn sonst überlebt man nicht auf den Straßen, die von Hölzenbein und seinen Schlägern kontrolliert werden. Felix will um jeden Preis raus. Aber wohin? Und wie?
Felix fühlt sich wie im falschen Film: Nadja, seine große Liebe, hat ihn mit einem Freund betrogen und verlassen, doch er kommt nicht von ihr los. Seine anderen Freunde wollen nichts von seinem Kummer hören, seine gutbürgerlichen Eltern nichts vom Krieg der Unterschicht gegen die Mittelschicht, der in der Stadt tobt. So macht Felix mit bei diesem Spiel, das keine Sieger kennt, und denkt sich seinen Teil. Er erweist sich als letzter Romantiker und Moralist: Mit klarem Blick und viel schwarzem Humor erzählt er von seiner archaischen Jungswelt, in der man sich mit den falschen Mädchen tröstet, mit der Angst vor brutalen Proleten leben muss, in dubiosen Kneipen oder auf verheerenden Partys abstürzt und oft das Gefühl hat, in einer Zeitschleife zu stecken. Bei allem Spaß, den das auch immer wieder macht, merkt Felix, dass es so nicht weitergehen kann - und zieht radikale Konsequenzen.
Rainer Schmidt liefert ein komisches und einfühlsames Porträt junger Männer, die auf den ersten Blick stumm und stumpf wirken, aber voller Sehnsucht stecken. Sie stellen sich der Gesellschaft mit Posen, Punk und Pöbeleien entgegen, überspielen ihre Sprachlosigkeit mit Alkohol, Drogen und Gewalt, und wollen doch die ganz großen Gefühle. Felix spricht aus, was die anderen bloß denken, beweist dabei großen Witz und viel Selbstironie und wird in diesem modernen Entwicklungsroman zum schlauen und empfindsamen Antiheld,der sich aus den Verhältnissen befreit und dabei die Herzen der Leser im Sturm erobert.
Felix fühlt sich wie im falschen Film: Nadja, seine große Liebe, hat ihn mit einem Freund betrogen und verlassen, doch er kommt nicht von ihr los. Seine anderen Freunde wollen nichts von seinem Kummer hören, seine gutbürgerlichen Eltern nichts vom Krieg der Unterschicht gegen die Mittelschicht, der in der Stadt tobt. So macht Felix mit bei diesem Spiel, das keine Sieger kennt, und denkt sich seinen Teil. Er erweist sich als letzter Romantiker und Moralist: Mit klarem Blick und viel schwarzem Humor erzählt er von seiner archaischen Jungswelt, in der man sich mit den falschen Mädchen tröstet, mit der Angst vor brutalen Proleten leben muss, in dubiosen Kneipen oder auf verheerenden Partys abstürzt und oft das Gefühl hat, in einer Zeitschleife zu stecken. Bei allem Spaß, den das auch immer wieder macht, merkt Felix, dass es so nicht weitergehen kann - und zieht radikale Konsequenzen.
Rainer Schmidt liefert ein komisches und einfühlsames Porträt junger Männer, die auf den ersten Blick stumm und stumpf wirken, aber voller Sehnsucht stecken. Sie stellen sich der Gesellschaft mit Posen, Punk und Pöbeleien entgegen, überspielen ihre Sprachlosigkeit mit Alkohol, Drogen und Gewalt, und wollen doch die ganz großen Gefühle. Felix spricht aus, was die anderen bloß denken, beweist dabei großen Witz und viel Selbstironie und wird in diesem modernen Entwicklungsroman zum schlauen und empfindsamen Antiheld,der sich aus den Verhältnissen befreit und dabei die Herzen der Leser im Sturm erobert.
Jugend in den Siebzigern: Rainer Schmidts Schmerz
Was weh tut, prägt sich stärker ins Gedächtnis ein als die Momente der angenehmen Empfindung. Gewalt, zu Unrecht erlittene zumal, wirft das Individuum auf sich zurück und drängt es zugleich zur Artikulation. So ist der Schmerz von jeher Anlass eines erinnernden Schreibens, das sich in widersprüchlichen Figuren äußert. Der Schmerz selbst ist schwer darstellbar, die Verletzung ist nicht der Schmerz, und was körperlich leicht zu heilen ist, kann seelisch unerträglich sein und lange nachwirken.
Wer in den sechziger oder siebziger Jahren in den Neubauvierteln der Bundesrepublik aufgewachsen ist, muss viel Glück oder Bärenkräfte gehabt haben, wenn er nur einmal zusammengeschlagen worden ist. Der 1964 in der Nähe von Düsseldorf geborene Rainer Schmidt kennt sich bei Verletzungen offensichtlich gründlich aus, nicht nur weil er den braunen Gürtel in Karate besitzt, als Quarterback in einem Football-Team spielte und nun in Kreuzberg lebt. So wundert er sich über die aufgeheizte gegenwärtige Diskussion über Jugendgewalt. Der Debütroman des versierten Journalisten spielt zwar den Details nach in einer jener Problemzonen der siebziger Jahre, jedoch lässt der Autor Lokalkolorit und Zeitgeschichte zugunsten einer Typik jugendlicher Sozialbeziehungen eher im Hintergrund.
Felix, aus dessen Perspektive der letzte Sommer vor dem Abitur geschildert wird, ist ein Romantiker am völlig falschen Ort. So leidet er unter Reflexionsüberschuss, unstillbarer Sehnsucht und chronischer Ironie. Vor allem aber unter dem brutalen Schläger Hölzenbein (für Fußballnostalgiker etwas irritierend) . Dennoch hängt er mit seiner Clique am Treffpunkt an der Bank ab, trinkt zu viel Bier und redet den gleichen trostlosen Blödsinn wie die anderen. Von seinem Liebeskummer mit Nadja wollen die so wenig hören wie die Eltern von den kriegsähnlichen Zuständen im Viertel. "Zu grotesk erschien ihnen das Erzählte, zu unerhört, zu unglaublich, nichts von alledem konnten sie mit ihren Wahrnehmungen in Übereinstimmung bringen."
So begreift er sein Dasein als einsamen Überlebenskampf in feindlicher Umgebung. Er trainiert am Sandsack, übt sich in Kampftechniken und härtet sich auch seelisch ab. Eines Tages kommt es zum finalen Showdown mit Hölzenbein. Da dämmert dem angehenden Intellektuellen, dass er selber "zum Allerwiderlichsten, zum Abschaum wie die anderen" geworden ist. So erwägt er radikale Konsequenzen.
Rainer Schmidts Geschichte musste wohl auch aus persönlichen Gründen unbedingt erzählt werden. Mit den geschickt gehandhabten Mitteln des klassischen Desillusionsromans gelingt dem Autor aber eine distanzierte und doch auch bewegende Analyse der Voraussetzungen von Jugendgewalt. Der Diskrepanz zwischen Reflexion und Handeln gewinnt Schmidt überdies drastischen Humor ab. Das ergibt zusammen, von einigen Längen abgesehen, eine rasante und unterhaltsame Darstellung, die aktuell zu denken gibt.
FRIEDMAR APEL
Rainer Schmidt: "Wie lange noch". Roman. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2008.
362 S., br., 9,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Aktuell und unterhaltsam zugleich findet Friedmar Apel diesen Debütroman des Journalisten Rainer Schmidt. Die Geschichte eines Abiturienten zwischen romantischer Sehnsucht und roher Gewalt erfährt er teils als "Typik jugendlicher Sozialbeziehungen", teils als mit den "Mitteln des klassischen Desillusionsromans" arbeitende Abrechnung des Autors mit der eigenen Jugend im Deutschland der 70er. Am Ende überwiegt beim Rezensenten allerdings das angenehme Gefühl, eine mit Humor und Distanz gestellte "Analyse der Voraussetzungen von Jugendgewalt" gelesen zu haben.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
"Wechselbäder zwischen knallhart und lustig: wie Jugendliche eben die Welt erleben." Tagesspiegel