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Ende des 19. Jahrhunderts beschloss der in München geborene jüdische Bankier Freiherr Moritz von Hirsch, seinen unterdrückten russischen Glaubensbrüdern zu einem freien Leben als Landwirte in Übersee zu verhelfen. So entstanden zwischen 1889 und 1937 sechzehn Kolonien in Argentinien, in denen Juden aus Russland, Polen, Galizien, Rumänien und aus Deutschland eine neue Heimat fanden. Mit leiser Ironie erzählt Schopflocher von jenen jüdischen Siedlern in einer auch für damalige Verhältnisse rückständigen Welt, in der die Gewalten der Natur den Jahresrhythmus bestimmten, die nur oberflächlich…mehr

Produktbeschreibung
Ende des 19. Jahrhunderts beschloss der in München geborene jüdische Bankier Freiherr Moritz von Hirsch, seinen unterdrückten russischen Glaubensbrüdern zu einem freien Leben als Landwirte in Übersee zu verhelfen. So entstanden zwischen 1889 und 1937 sechzehn Kolonien in Argentinien, in denen Juden aus Russland, Polen, Galizien, Rumänien und aus Deutschland eine neue Heimat fanden.
Mit leiser Ironie erzählt Schopflocher von jenen jüdischen Siedlern in einer auch für damalige Verhältnisse rückständigen Welt, in der die Gewalten der Natur den Jahresrhythmus bestimmten, die nur oberflächlich idyllisch und homogen scheint und die sich nicht allein durch Einflüsse von außen allmählich verändert.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.11.1998

Das Jahrhundert im Dorf
Eindringlich: Robert Schopflochers Erzählungen

Ein Vorzug kleiner eigenständiger Verlage liegt darin, daß sie mit einigem Glück gelegentlich Entdeckungen machen, die im weitmaschigen Netz der großen Konkurrenz übersehen worden sind. Dem Göttinger Wallstein Verlag ist zu seinem neuen Autor Robert Schopflocher zu gratulieren. Die sechs Erzählungen machen mit einem spanisch schreibenden Deutschen bekannt, der in seinem Werk das Thema unseres Jahrhunderts, die Verfolgung des Menschen durch den Menschen, aufgreift.

Im Jahre 1923 in Fürth geboren, wanderte Robert Schopflocher zusammen mit seinen Eltern nach Argentinien aus, bevor die Nationalsozialisten die Grenzen schlossen. Als Schöngeist bezeichnet er sich, doch die Umstände verschlugen ihn auf eine Obstplantage in Nordpatagonien. Dort hatte schon Ende des Jahrhunderts Baron Maurice von Hirsch Siedlungen für verfolgte russische Juden gegründet. Nach einem Agrarstudium wurde Robert Schopflocher Verwalter einer solchen Siedlung, in der bald nicht nur Flüchtlinge aus Deutschland versuchten, eine neue Existenz aufzubauen.

Die Neusiedler brachten wenig mit, was nützlich war für ihr Leben als Bauer und Handwerker, aber alle schleppten ihre Herkunft aus dem osteuropäischen Schtetl oder aus der westeuropäischen gutbürgerlichen Kultur mit sich. Robert Schopflocher beschreibt das Zusammenleben dieser zusammengewürfelten Dorfgesellschaft mit viel Verständnis, feiner Ironie und einer ausgeprägten Lust am farbigen Detail. Man sieht sie alle vor sich, den gebrechlichen Reb Froike, der zwar nur Schächter ist, aber als "Bischof der Juden" verehrt wird, oder den liberalen Historiker Professor Nußbaum, der ebenso wie der nun als Uhrmacher arbeitende Chirurg aus Frankfurt in diesem exotischen Hochland gestrandet ist. Lakonisch berichtet Robert Schopflocher über tragische Existenzen wie den alten Schreiner, der von Tag zu Tag vergeblich auf Post von seinem einzigen Sohn wartet.

Robert Schopflocher hat die sechs Erzählungen selbst aus dem Spanischen übertragen; in einer makellosen Sprache, die nicht verrät, daß er sie Jahrzehnte lang kaum benutzte. Es wäre zu wünschen, daß der deutsche Leser nun auch seine Romane und weitere Erzählungen kennenlernen könnte. MARIA FRISÉ

Robert Schopflocher: "Wie Reb Froike die Welt rettete". Erzählungen. Wallstein Verlag, Göttingen 1998. 181 S., geb., 34,- DM.

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