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VON UNBESTECHLICHER MENSCHLICHKEIT: DAS LEBEN DER SOPHIE SCHOLL
"Wir schweigen nicht, wir sind Euer böses Gewissen, die Weiße Rose lässt Euch keine Ruhe!", hieß es auf einem Flugblatt der kleinen studentischen Widerstandsgruppe in München, zu dessen innerem Kreis neben Alexander Schmorell und Hans Scholl dessen jüngere Schwester Sophie, Christoph Probst, Willi Graf sowie der Universitätsprofessor Kurt Huber gehörten. Selbst vor Roland Freisler sprach die 21-Jährige im Gerichtssaal unbeirrt aus, was sie dachte: "Was wir schrieben und sagten, das denken Sie alle ja auch, nur haben Sie nicht…mehr

Produktbeschreibung
VON UNBESTECHLICHER MENSCHLICHKEIT: DAS LEBEN DER SOPHIE SCHOLL

"Wir schweigen nicht, wir sind Euer böses Gewissen, die Weiße Rose lässt Euch keine Ruhe!", hieß es auf einem Flugblatt der kleinen studentischen Widerstandsgruppe in München, zu dessen innerem Kreis neben Alexander Schmorell und Hans Scholl dessen jüngere Schwester Sophie, Christoph Probst, Willi Graf sowie der Universitätsprofessor Kurt Huber gehörten. Selbst vor Roland Freisler sprach die 21-Jährige im Gerichtssaal unbeirrt aus, was sie dachte: "Was wir schrieben und sagten, das denken Sie alle ja auch, nur haben Sie nicht den Mut, es auszusprechen." Postum ist die Studentin, die mit ihren Freunden furchtlos die Stimme erhob gegen das NS-Unrechtsregime und den Vernichtungskrieg, tatsächlich zu einem Gewissen der Deutschen geworden. Heute ist sie weltweit eine der bekanntesten Persönlichkeiten der deutschen Geschichte.

Wenige Tage nach Kriegsbeginn schrieb Sophie Scholl an ihren Freund: "Ich kann es nicht begreifen, daß nun dauernd Menschen in Lebensgefahr gebracht werden von anderen Menschen. Ich kann es nie begreifen und ich finde es entsetzlich. Sag nicht, es ist für's Vaterland." Gestützt auf teils noch unveröffentlichte Selbstzeugnisse schildert Maren Gottschalk das so verheißungsvolle Leben Sophie Scholls, die sich nach anfänglicher Faszination für die Hitlerjugend immer entschiedener gegen den Nationalsozialismus stellt. 1942 geht sie in den aktiven Widerstand. Am 18. Februar 1943 wird sie mit nur 21 Jahren verhaftet, vier Tage später mit dem Fallbeil hingerichtet.

Nicht nur die zur Ikone gewordene Widerstandskämpferin in Schwarzweiß, sondern Sophie Scholl in Farbe: lachend, lebensfroh, naturhungrig
Enthält viele bisher unbekannte Passagen aus ihren Tagebüchern
Autorenporträt
Maren Gottschalk studierte Geschichte und Politik in München. Sie arbeitet als Journalistin für den Westdeutschen Rundfunk und hat zahlreiche, von der Kritik sehr gelobte Biographien vor allem für ein jüngeres Publikum verfasst, u.a. zu Nelson Mandela, Andy Warhol und Astrid Lindgren. Zehn Jahre nach ihrer viel gerühmten Lebensgeschichte der Sophie Scholl beschäftigt sie sich auf der Basis bisher unveröffentlichter Quellen und Gespräche mit Zeitzeugen noch einmal mit Sophie Scholl.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Jörg Ernesti bekommt mit Maren Gottschalks Buch keine intellektuelle Biografie über Sophie Scholl. Stattdessen dokumentiert die Autorin die Lebensstationen der Widerstandskämpferin, meint er. Eher Unbekanntes kommt dabei laut Ernesti zutage, etwa über Scholls Faible für moderne Literatur und ihre Begeisterung fürs Zeichnen. Auch der starke Wille und die Gefasstheit am Ende vermittelt die Autorin, so der Rezensent. Die geistigen Impulse werden dagegen kaum und Hintergrundwissen nur "lexikonartig" behandelt, erklärt er.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.05.2021

Wach sei der Geist und weich das Herz
Von der Hitlerjugend zum entschiedenen Widerstand: Zwei Biographien nähern sich Sophie Scholl auf komplementären Wegen

Die Abiturientin hatte sich eine denkbar schwierige Lektüre vorgenommen. Zeile für Zeile suchte sie in die " Bekenntnisse" des Augustinus einzudringen. In der Zwiesprache mit Gott schildert der Autor dort seine Bekehrung vom Unglauben zum Glauben, aus der Oberflächlichkeit zum Wesentlichen des Lebens. Als eine Bekehrungsgeschichte erzählt der Theologe Robert M. Zoske das Leben Sophie Scholls, deren Geburtstag sich übermorgen zum hundertsten Mal jährt.

Eine solche Deutung der Widerstandskämpferin, die am 22. Februar 1943 als Mitglied der studentischen Gruppe "Weiße Rose" hingerichtet wurde, liegt durchaus nahe. Die Tochter eines schwäbischen Bürgermeisters engagierte sich gegen den Willen des Vaters in der Hitlerjugend. Im "Bund Deutscher Mädel" wurde sie zur Gruppenführerin und blieb sogar zwei Jahre länger Mitglied als üblich. Spät erst durchschaute sie den Ungeist der nationalsozialistischen Erziehung, der dort herrschte.

Auch in der Beziehung zu ihrem Verlobten Fritz Hartnagel, mit dem sie seit ihrer Schulzeit liiert war, geht es um Bekehrung - doch unter anderen Vorzeichen: Ihre Einsicht, dass der Krieg sinnlos sei, suchte sie ihm in ihren Briefen zu vermitteln. Aus dem loyalen Soldaten wurde unter ihrem Einfluss ein glühender Pazifist. Nicht zuletzt ihre religiöse Haltung zeigt alle Züge einer Bekehrung. So gab sie sich und Hartnagel Rechenschaft über ihre Gottsuche, ihr Verhaftetsein an irdische Dinge, ihre Sehnsucht nach Einsamkeit und Askese. Zoske beschreibt Sophie Scholl also als eine Ringende, Zweifelnde, Unfertige und zeigt, wie "aus einem begeisterungsfähigen, mitunter naiven Mädchen eine kritische und charakterstarke Frau" wurde.

Eine ähnliche Wandlung hatte der Autor schon vor drei Jahren in seiner Biographie ihres Bruder Hans dargelegt (F.A.Z. vom 16. September 2018). Die Übernahme von Verantwortung für die Menschen wird für Sophie Scholl zur Antwort auf die Gottesfrage, die sich nicht theoretisch beantworten lässt. Sich an einen einzigen Menschen zu binden erscheint ihr nicht mehr möglich, wenn man sich allen verpflichtet weiß. Als höchsten Wert erkennt sie die Freiheit, die es auch unter Einsatz des Lebens zu verteidigen gilt. "Man muss einen wachen Geist und ein weiches Herz haben", wird ihr schließlich zur Lebensmaxime.

Während Zoske vor allem die geistige Entwicklung rekonstruiert, geht die Journalistin und Historikerin Maren Gottschalk einen anderen Weg, indem sie minutiös Sophie Scholls Lebensstationen dokumentiert. Man erfährt manches Überraschende: Während die Mutter, eine ehemalige Diakonisse, für ihre Kinder stille Opferbereitschaft verkörperte, stand der Vater, der später als Steuerberater arbeitete, für Geradlinigkeit und Wahrheitsliebe. Vor der Gefangennahme seiner Kinder wurde der Regimegegner selbst inhaftiert. Die Autorin stellt Sophie Scholl als begeisterte Zeichnerin, begabte Musikerin und Leserin moderner Literatur vor. Die Reichspogromnacht in Ulm, wo die Familie mittlerweile lebte, scheint die Gymnasiastin noch kaum beeindruckt zu haben.

Erst als Studentin in München wurden ihr durch die Gespräche in der "Weißen Rose" die Verbrechen des Krieges und der Judenvernichtung deutlich. Sie übernahm in dem Kreis wohl vor allem organisatorische Aufgaben und kümmerte sich um den Versand der Flugblätter. An deren Redaktion scheint sie nicht beteiligt gewesen zu sein, auch wenn der christlich-humanistisch geprägte Inhalt ihrer eigenen Gedankenwelt vollauf entsprach.

Durchwachte Nächte und fieberhafte Aktivität am Tage überstand man durch Aufputschmittel, die Hans als Medizinstudent besorgen konnte. Sophie Scholls Entschiedenheit und der klare Wille, bis zum Letzten zu gehen, hatten sich schon vor der Münchner Zeit herausgebildet. Die Hingabe des Lebens nahm sie in Kauf, das machen beide Autoren deutlich. Die Aktion in der Münchner Universität, bei der man das sechste Flugblatt auslegte und die restlichen Exemplare von der Balustrade in den Lichthof warf, war jedoch für Gottschalk kein gezieltes Selbstopfer, wie es bislang zumeist gedeutet wurde: "Sophie und Hans Scholl wollten den Krieg überleben, und sie wollten frei sein." Mittäter wurden von den Geschwistern in den Verhören nicht verraten, ihre Zellengenossin im Gefängnis hielt später fest, Sophie Scholl als äußerst gefasst erlebt zu haben.

Das, was die Widerstandskämpferin gedanklich bewegt hat, ihre Lektüren und intellektuellen Begegnungen, bleibt bei Gottschalk eher blass. Hintergrundwissen wird lexikonartig abgerufen. Dafür erfährt man, dass das "ernste Mädchen" (Carl Muth) bis zuletzt stets heiter, fürsorglich, offen für Musik und Lektüre war. Sie und ihre Mitstreiter in der "Weißen Rose" waren "bei allem politischen Bewusstsein - junge Menschen, die glücklich sein wollten" (Zoske).

Die zwei Biographien stellen einen komplementären Zugang zur Gestalt Sophie Scholl dar. Die Auflösung von Legendenbildungen, um die es beiden Autoren geht, schadet dem Bild Sophie Scholls gewiss nicht. Die Hochachtung vor dieser jungen Frau wächst durch die Lektüre eher noch.

JÖRG ERNESTI

Maren Gottschalk: "Wie schwer ein Menschenleben wiegt". Sophie Scholl. Eine Biografie.

C. H. Beck Verlag, München 2020.

347 S., Abb., geb., 24,- [Euro].

Robert M. Zoske: "Sophie Scholl". Es reut mich nichts. Porträt

einer Widerständigen.

Propyläen Verlag, Berlin 2020.

448 S., geb., 24,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Maren Gottschalk erzählt schnörkellos, dabei farbig und mit großem Einfühlungsvermögen von der jungen Frau, deren Lebenswelt der heutigen sehr fern ist."
Süddeutsche Zeitung, Cord Aschenbrenner

"Fördert mit bislang unveröffentlichten Briefwechseln und Tagebucheinträgen neue Facetten zu Tage."
Neue Presse

"Ihre Biografin Maren Gottschalk hat sich auf die Suche nach dem Menschen hinter dem Denkmal begeben."
Evangelische Zeitung

"'Nur wenn wir verstehen, wie Sophie Scholl dachte, wie modern und frei sie war, aber auch wie kompliziert und selbstquälerisch, können wir ihre Leistung für den deutschen Widerstand würdigen', schreibt Gottschalk. Dazu leistet ihre neue Biografie einen hervorragenden Beitrag." zeitzeichen

"Die Historikerin und Autorin Maren Gottschalk hat die aktuellste Biografie über Sophie Scholl geschrieben." Neue Westfälische Online

"Die Perspektive, den 'Menschen Sophie Scholl' in seinen Charaktereigenschaften ins Zentrum zu stellen, verdient Aufmerksamkeit."
das Historisch-Politische Buch, Dirk Blasius

"Direkt und schnörkellos."
hr2 Kultur, Renate Seeger