Sheila lebt in Toronto: Frisch geschieden und künstlerisch blockiert von der Arbeit an einem feministischen Stück, das sie für ein Theater schreiben soll, steckt sie mitten in der Lebenskrise. Alle anderen scheinen zu wissen, wie das geht: authentisch leben. Nur sie weiß es nicht, hat sie doch das meiste von Männern gelernt, die ihr etwas beibringen wollten.
Also beginnt sie, Gespräche mit ihrer besten Freundin, der Malerin Margaux, auf Band aufzuzeichnen, macht sie zum Untersuchungsobjekt ihrer philosophischen Neugier. Und nicht nur sie, sondern auch ihren dominanten neuen Lover Israel. Aber wo bleibt dabei sie selbst? Was, so fragt sie sich, ist Liebe, was ist Schicksal, wie bleibt man sich treu? Von Toronto nach Miami, New York und wieder zurück, führt Sheilas zuweilen sehr komische Erkundungs reise sie - und uns - in immer fruchtbareres, gefahrvolleres Gelände.
In den USA bekam Sheila Hetis formal wagemutiger, da erfrischend unaufgeräumter "Roman aus dem Leben", der teils Seelenreise, teils literarisches Künstlerporträt, teils Bekenntnis ist, begeisterte Kritiken. Ein Muss für jeden, der in einer Zeit manischer Jugendlichkeit nach dem sucht, was man altmodisch Charakter nennt.
"Helen Fielding hat es in 'Bridget Jones' lustig und fiktional angelegt, Elizabeth Gilbert in 'Eat, Pray, Love' humorlos. Nun kommt, als Mixtur aus Memoir, Roman, Ratgeber und Traktat, Sheila Heti daher, würzt das Ganze mit Plot, diversen Blowjobs und frechen Ausrufezeichen und macht es endlich glaubhaft."
THE GUARDIAN
Also beginnt sie, Gespräche mit ihrer besten Freundin, der Malerin Margaux, auf Band aufzuzeichnen, macht sie zum Untersuchungsobjekt ihrer philosophischen Neugier. Und nicht nur sie, sondern auch ihren dominanten neuen Lover Israel. Aber wo bleibt dabei sie selbst? Was, so fragt sie sich, ist Liebe, was ist Schicksal, wie bleibt man sich treu? Von Toronto nach Miami, New York und wieder zurück, führt Sheilas zuweilen sehr komische Erkundungs reise sie - und uns - in immer fruchtbareres, gefahrvolleres Gelände.
In den USA bekam Sheila Hetis formal wagemutiger, da erfrischend unaufgeräumter "Roman aus dem Leben", der teils Seelenreise, teils literarisches Künstlerporträt, teils Bekenntnis ist, begeisterte Kritiken. Ein Muss für jeden, der in einer Zeit manischer Jugendlichkeit nach dem sucht, was man altmodisch Charakter nennt.
"Helen Fielding hat es in 'Bridget Jones' lustig und fiktional angelegt, Elizabeth Gilbert in 'Eat, Pray, Love' humorlos. Nun kommt, als Mixtur aus Memoir, Roman, Ratgeber und Traktat, Sheila Heti daher, würzt das Ganze mit Plot, diversen Blowjobs und frechen Ausrufezeichen und macht es endlich glaubhaft."
THE GUARDIAN
"Ein Buch, das alles riskiert - alle Regeln verletzt, denen wir Frauen folgen, um ernst genommen zu werden - und deshalb bahnbrechend ist: sexuell, in Bezug auf das menschliche Miteinander und als bedeutsames literarisches Werk. Genau so sollten wir sein." -- Miranda July
"Helen Fielding hat es in "Bridget Jones The Guardian Komisch, seltsam, originell und schwer in eine Schublade zu stecken. Sheila Heti weiß etwas darüber, wie heute viele von uns die Welt erleben." -- The New York Times Book Review
"Helen Fielding hat es in "Bridget Jones The Guardian Komisch, seltsam, originell und schwer in eine Schublade zu stecken. Sheila Heti weiß etwas darüber, wie heute viele von uns die Welt erleben." -- The New York Times Book Review
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.03.2014Kein Ende in Sicht!
Schon wieder eine fast Vierzigjährige, die nicht erwachsen werden will: Der neue Roman von Sheila Heti
Das mit dem Erwachsenwerden ist eine komplizierte Sache, daran besteht kein Zweifel. Vor allem in einer Zeit manischer Jugendlichkeit. Aber irgendwie hofft man doch trotzdem, dass sich nach einem langen Jahrzehnt Pubertät und der schlimmen Krise kurz vor der Dreißig zwangsläufig ein friedliches Leben ohne die permanenten inneren und äußeren Reibereien mit sich und der Welt einstellt. Leider stirbt diese Hoffnung beim Blick auf die Generation kurz vor der Vierzig. Denn die fragt sich immer noch und in aller Öffentlichkeit, wer sie eigentlich sein will.
Jedenfalls tut sie das in der Literatur: Das Hadern offiziell Erwachsener ist zentrales Thema im neuen Roman der kanadischen Autorin Sheila Heti, 37: "Wie sollten wir sein?" Das Buch erweckt den Eindruck, es könnte tatsächlich eine optimale Variante des Seins geben, doch statt schlaue Ratschläge zu bekommen, erwartet die junge, (noch) hoffnungsvolle Leserin auf 336 Seiten das Gejammer einer Generation, die eigentlich mitten im Leben stehen sollte. Als Theaterstück aus fünf Akten konstruiert, rechnet Heti mit allem ab, woran sich eine immer suchende, feministische Kosmopolitin so stört: Männer, Leben, Männer, Leben.
Die Hauptprotagonistin im Buch heißt Sheila. Ja, Sheila. Denn Heti vermischt in ihren Büchern gern Realität und Fiktion. "Warum Figuren erfinden, wenn man ein interessantes Leben und ebenso interessante Freunde hat?", hat Heti neulich in einem Interview gesagt. Die Sheila aus dem Buch jedenfalls lebt in Toronto, ist frisch geschieden (weil jeder große Fehler machen muss) und künstlerisch blockiert (weil krampfhaft besonders sein wollen nie klappt). Eigentlich soll sie ein feministisches Theaterstück schreiben, aber dazu will ihr einfach nichts einfallen.
Denn Sheila weiß eigentlich gar nicht mehr, wie das geht: sitzen, arbeiten, ruhig bleiben. Leben. Der Drang, besonders sein zu müssen oder zu wollen, macht sie handlungsunfähig. "Ich bewunderte all die großen Persönlichkeiten aus der Vergangenheit, etwa Andy Warhol oder Oscar Wilde. Sie schienen in jeder Hinsicht in sich zu ruhen", sagt sie. Ihr steckt dagegen der Druck nach Schneller, Höher, Weiter tief in den Knochen: "Wir wollen alle so hoch hinaus." Und ihre Angst vor dem Scheitern mündet nicht - wie so oft - in extreme Produktivität, sondern in tagelange Selbstzweifel.
Nur die Malerin Margaux, Sheilas aktuelle Lieblingsfreundin, befreit die immer Zweifelnde ab und zu aus ihrer Tristesse und diesem unglaublichen Narzissmus. Meist mit endlosen Gesprächen auf kalten Treppen vor dunklen Hauseingängen. Hetis Beschreibungen dieser Freundschaft sind unerwartet scharfsinnig. Ihr gelingt es, Bilder für die Beziehungen zwischen Frauen zu entwerfen, die man bisher nicht kannte und oft vermisste: "Deshalb gehen Frauen auch so überschwänglich miteinander um - kreischen sofort los, wenn sie einander auf der Straße erkennen. Frauen müssen sich, selbst nach vielen Jahren, immer wieder bestätigen: Zwischen uns beiden ist alles in Ordnung. Frauen können im Herzen anderer Frauen keine Ruhe oder Heimat finden. Es ist einfach kein sicherer Landeplatz."
Der Rest des Romans ist eine wirre Erkundungsreise zwischen Toronto, Miami und New York. Wenn Sheila nicht mit Margaux redet oder sinnlos ihre Zeit als Aushilfe in einem Schönheitssalon vergeudet, trifft sie sich mit ihrem Lover, Israel. Um eine Vorstellung zu bekommen, wie die Beziehung aussieht, Folgendes: "Ich weiß nicht, warum ihr alle Bücher lest, statt euch von Israel in den Hintern ficken, anspucken oder gegen die Kopfleiste stoßen zu lassen - mit jedem Stoß knallt euer Schädel an die Kopfleiste." Das "Zwischenspiel zum Thema Ficken" ist krass und laut, funktioniert aber leider nicht immer. Besonders dann, wenn es andere (wie Charlotte Roche) schon früher, besser und noch lauter gemacht haben.
Am Ende der absurden Abhandlungen fragt man sich erschlagen und erschöpft, wie viele solcher "Momentaufnahmen" diese Generation eigentlich noch braucht, um sich endlich selbst zu verstehen. Meine Güte! "Das hat doch nichts Erhabenes", sagt Margaux zu Sheila, als beide mal wieder total zugekokst sind. Und der kleine Satz spricht für das gesamte Buch. Vielleicht hätte sich Sheila Heti lieber fragen sollen: "Wie hätten wir sein sollen?"
CAROLIN WÜRFEL
Sheila Heti: "Wie sollten wir sein? Ein Roman aus dem Leben". Übersetzt von Thomas Überhoff. Rowohlt, 336 Seiten, 19,95 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Schon wieder eine fast Vierzigjährige, die nicht erwachsen werden will: Der neue Roman von Sheila Heti
Das mit dem Erwachsenwerden ist eine komplizierte Sache, daran besteht kein Zweifel. Vor allem in einer Zeit manischer Jugendlichkeit. Aber irgendwie hofft man doch trotzdem, dass sich nach einem langen Jahrzehnt Pubertät und der schlimmen Krise kurz vor der Dreißig zwangsläufig ein friedliches Leben ohne die permanenten inneren und äußeren Reibereien mit sich und der Welt einstellt. Leider stirbt diese Hoffnung beim Blick auf die Generation kurz vor der Vierzig. Denn die fragt sich immer noch und in aller Öffentlichkeit, wer sie eigentlich sein will.
Jedenfalls tut sie das in der Literatur: Das Hadern offiziell Erwachsener ist zentrales Thema im neuen Roman der kanadischen Autorin Sheila Heti, 37: "Wie sollten wir sein?" Das Buch erweckt den Eindruck, es könnte tatsächlich eine optimale Variante des Seins geben, doch statt schlaue Ratschläge zu bekommen, erwartet die junge, (noch) hoffnungsvolle Leserin auf 336 Seiten das Gejammer einer Generation, die eigentlich mitten im Leben stehen sollte. Als Theaterstück aus fünf Akten konstruiert, rechnet Heti mit allem ab, woran sich eine immer suchende, feministische Kosmopolitin so stört: Männer, Leben, Männer, Leben.
Die Hauptprotagonistin im Buch heißt Sheila. Ja, Sheila. Denn Heti vermischt in ihren Büchern gern Realität und Fiktion. "Warum Figuren erfinden, wenn man ein interessantes Leben und ebenso interessante Freunde hat?", hat Heti neulich in einem Interview gesagt. Die Sheila aus dem Buch jedenfalls lebt in Toronto, ist frisch geschieden (weil jeder große Fehler machen muss) und künstlerisch blockiert (weil krampfhaft besonders sein wollen nie klappt). Eigentlich soll sie ein feministisches Theaterstück schreiben, aber dazu will ihr einfach nichts einfallen.
Denn Sheila weiß eigentlich gar nicht mehr, wie das geht: sitzen, arbeiten, ruhig bleiben. Leben. Der Drang, besonders sein zu müssen oder zu wollen, macht sie handlungsunfähig. "Ich bewunderte all die großen Persönlichkeiten aus der Vergangenheit, etwa Andy Warhol oder Oscar Wilde. Sie schienen in jeder Hinsicht in sich zu ruhen", sagt sie. Ihr steckt dagegen der Druck nach Schneller, Höher, Weiter tief in den Knochen: "Wir wollen alle so hoch hinaus." Und ihre Angst vor dem Scheitern mündet nicht - wie so oft - in extreme Produktivität, sondern in tagelange Selbstzweifel.
Nur die Malerin Margaux, Sheilas aktuelle Lieblingsfreundin, befreit die immer Zweifelnde ab und zu aus ihrer Tristesse und diesem unglaublichen Narzissmus. Meist mit endlosen Gesprächen auf kalten Treppen vor dunklen Hauseingängen. Hetis Beschreibungen dieser Freundschaft sind unerwartet scharfsinnig. Ihr gelingt es, Bilder für die Beziehungen zwischen Frauen zu entwerfen, die man bisher nicht kannte und oft vermisste: "Deshalb gehen Frauen auch so überschwänglich miteinander um - kreischen sofort los, wenn sie einander auf der Straße erkennen. Frauen müssen sich, selbst nach vielen Jahren, immer wieder bestätigen: Zwischen uns beiden ist alles in Ordnung. Frauen können im Herzen anderer Frauen keine Ruhe oder Heimat finden. Es ist einfach kein sicherer Landeplatz."
Der Rest des Romans ist eine wirre Erkundungsreise zwischen Toronto, Miami und New York. Wenn Sheila nicht mit Margaux redet oder sinnlos ihre Zeit als Aushilfe in einem Schönheitssalon vergeudet, trifft sie sich mit ihrem Lover, Israel. Um eine Vorstellung zu bekommen, wie die Beziehung aussieht, Folgendes: "Ich weiß nicht, warum ihr alle Bücher lest, statt euch von Israel in den Hintern ficken, anspucken oder gegen die Kopfleiste stoßen zu lassen - mit jedem Stoß knallt euer Schädel an die Kopfleiste." Das "Zwischenspiel zum Thema Ficken" ist krass und laut, funktioniert aber leider nicht immer. Besonders dann, wenn es andere (wie Charlotte Roche) schon früher, besser und noch lauter gemacht haben.
Am Ende der absurden Abhandlungen fragt man sich erschlagen und erschöpft, wie viele solcher "Momentaufnahmen" diese Generation eigentlich noch braucht, um sich endlich selbst zu verstehen. Meine Güte! "Das hat doch nichts Erhabenes", sagt Margaux zu Sheila, als beide mal wieder total zugekokst sind. Und der kleine Satz spricht für das gesamte Buch. Vielleicht hätte sich Sheila Heti lieber fragen sollen: "Wie hätten wir sein sollen?"
CAROLIN WÜRFEL
Sheila Heti: "Wie sollten wir sein? Ein Roman aus dem Leben". Übersetzt von Thomas Überhoff. Rowohlt, 336 Seiten, 19,95 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Wenn Selbstfindungsliteratur so authentisch, unabgeschlossen und unsicher ist wie Sheila Hetis "Wie sollten wir sein?", lässt Rezensentin Marie Schmidt gerne alle Vorurteile gegen das Genre fahren und feiert Buch und Autorin. Weil Heti sich nicht allein in ihrem Kämmerchen mit abgehobenen existenziellen Fragen herumschlagen wollte, hat die Autorin mit Freunden über Freiheit und Kunst und Liebe gesprochen und nebenbei ein Tonband laufen lassen, verrät die Rezensentin, das Buch basiert vor allem auf diesen Mitschnitten. Statt notdürftige Antworten zu liefern, zeigen die Dialoge vor allem, wie tief "der partikulare Hang zur Selbstzerfleischung" sitzt, erklärt Schmidt.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Sheila Heti buchstabiert sich spielerisch durch die Unwägbarkeiten des urbanen Lebens. Der Spiegel