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Dem Atomausstieg sollte nun auch der Bankenausstieg folgen. Denn die Luftnummern des Finanzmarktkapitalismus haben gezeigt, wie Unternehmen und ganze Staaten in den Ruin getrieben werden. Weniger Bank ist daher mehr, weshalb die modernen Finanzprodukte auf den Prüfstand zu stellen sind: Wie viel Kredit soll eine Bank vergeben können, so dass es zu keiner Überschuldung und keinem Crash kommt? Außerdem fordert Thomas Fricke: Ein Großteil der Gelder darf nicht mehr in Finanzspekulationen fließen, sondern muss für gesellschaftlich wichtigen Aufgaben zur Verfügung stehen. Hierzu gehört nicht…mehr

Produktbeschreibung
Dem Atomausstieg sollte nun auch der Bankenausstieg folgen. Denn die Luftnummern des Finanzmarktkapitalismus haben gezeigt, wie Unternehmen und ganze Staaten in den Ruin getrieben werden. Weniger Bank ist daher mehr, weshalb die modernen Finanzprodukte auf den Prüfstand zu stellen sind: Wie viel Kredit soll eine Bank vergeben können, so dass es zu keiner Überschuldung und keinem Crash kommt? Außerdem fordert Thomas Fricke: Ein Großteil der Gelder darf nicht mehr in Finanzspekulationen fließen, sondern muss für gesellschaftlich wichtigen Aufgaben zur Verfügung stehen. Hierzu gehört nicht zuletzt die derzeit größte globale Herausforderung, der Klimaschutz.
Autorenporträt
Thomas Fricke, Jahrgang 1965, war von 2002 bis 2012 Chefökonom der Financial Times Deutschland uns seit 2009 Chefökonom der Wirtschaftsmedien von Gruner & Jahr (neben FTD Capital, Börse Online, Impulse). Seit 2007 leitet er das Internetportal Wirtschaftswunder. Zuvor arbeitete er bei der Wirtschaftswoche, beim Manager Magazin und beim Pariser Wirtschaftsforschungsinstitut OFCE. 1998 erhielt der den Deutsch-Französischen Journalistenpreis.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.10.2013

Die Banken
in die Schranken
Thomas Fricke macht Vorschläge, wie die
Finanzmärkte gezähmt werden können
VON RUDOLF HICKEL
Im siebten Jahr nach dem Ausbruch der weltweiten Finanzmarktkrise ist der Schock über die Schäden immer noch groß, die die Entfesselung der Finanzmärkte im Profit-und Boni-Wahn ausgelöst hat. Die Bilanz der durch den Druck der Finanzindustrie auf die Politik forcierten Demontage eines regulierten und damit funktionsfähigen Bankensektors hatte katastrophale Auswirkungen. Hat der Schock über den steilen Fall der Spekulationsbanken und den Beinahezusammenbruch der Wirtschaften ausgereicht, die richtigen Lehren zu ziehen?
  Viele Aktivitäten auf EU-Ebene sowie auch in Deutschland lassen das so aussehen. Immerhin sind hierzulande schwer überschaubare gesetzliche Einzelmaßnahmen auf den Weg gebracht worden. So hat die alte Bundesregierung noch kurz vor Ablauf der vergangenen Wahlperiode ein Gesetz zur Abschirmung des spekulativen Investmentbankings gegenüber den Kundengeschäften bei Großbanken durchgesetzt. Auch ist der volkswirtschaftlich sinnlose Hochfrequenzhandel, der Spekulationen in Millisekunden zulässt, eingeschränkt worden.
  Die vielen Einzelaktivitäten können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen: Es fehlt am ordnungspolitischen Mut, künftige Bankenexzesse zulasten Dritter zu verhindern. Die Banken-, Börsen-und Versicherungsunternehmen haben erfolgreich Lobbyarbeit betrieben: Die einzelnen Regulierungen sind nicht spürbar wirksam. Es fehlt an radikalen Vorgaben und Anreizen, mit denen die Banken auf jene ihrer Funktionen eingedampft werden können, die der gesamten Wirtschaft dienen.
  Wie lässt sich diese mangelnde Lernfähigkeit trotz der brutalen Folgen der Finanzmarktkrise mit dem Epizentrum Banken erklären? Was muss getan werden, um künftige Finanzkrisen zu vermeiden? Mittlerweile liegt dazu eine große Menge an populärwissenschaftlichen und politischen Publikationen vor. Vor einiger Zeit hat der renommierte Wirtschaftsjournalist Thomas Fricke, ein ehemaliger Chefredakteur der Financial Times Deutschland , ein anspruchsvolles und zugleich gut lesbares Buch vorgelegt. Es heißt: „Wie viel Bank braucht der Mensch?“
  Diese tiefgreifende Recherche, die durch die Stiftung Mercator ermöglicht wurde, unterscheidet sich wohltuend von den vielen populistischen Schnellschüssen der jüngeren Zeit. Die Publikation füllt auch eine Lücke, die die zuständige, jedoch großteils sprachlose Wirtschaftswissenschaft zu verantworten hat. Im ersten Teil werden die Ideologien, Interessen, Instrumente und Folgen dieser freigesetzten Deregulierungslogik gezeigt. Daraus leitet Fricke im zweiten Teil seinen als radikal etikettierten „Aktionsplan für den Bankenausstieg“ ab.
  Am Anfang des sich entfaltenden Grundübels der Finanzglobalisierung stand die ultrakapitalistische Botschaft von der Entfesselung der Finanzmärkte mit der Verheißung einer anhaltenden Wohlstandsmehrung. Als einer der Vordenker wird Milton Friedman vorgeführt. Friedman hat in seinem Buch „Kapitalismus und Freiheit“ das totalitäre Primat der von politischer Regulierung befreiten Märkte für alle Produktionsbereiche, ja Lebensverhältnisse propagiert.
  Viele andere Marktpropheten trugen zum Sieg des Neoliberalismus auf den Finanzmärkten bei. Die Politik hat mit ihrer Wende zur Marktorthodoxie die Wünsche der Finanzwirtschaft erfüllt. Die Exekutoren sind Ronald Reagan, die beiden Präsidenten Bush, aber auch Bill Clinton mit seinen Deregulierungspaketen von 1994 und 1999. Fatale Zeugin der Krone ist Margaret Thatcher, die am 26. Oktober 1986 in einem „Big Bang“ die Finanzplätze in England von Regeln freigesetzt hat. Als Brandverstärker der neoliberalen Entfesselung der Finanzmärkte war auch der Internationale Währungsfonds aktiv.
  Thomas Fricke demonstriert eindrucksvoll und unaufgeregt die Ursachen der gescheiterten Story von den allzeit effizienten Finanzmärkten. Seine Bilanzierung offenbart: Die Realität verweigert dem mathematisch fundierten Modell eines krisenfreien Finanzkapitalismus die Gefolgschaft. Statt rationalen Verhaltens der Einzelnen dominiert in der Wirtschaft ein irrationaler Herdentrieb. Auch von der angeblich auf alle Akteure gleichermaßen verteilten vollkommenen Information kann keine Rede sein. Ungleich verteilte Information dominiert. Das verhilft den Ratingagenturen dazu, mit ihrem teuren Pseudowissen zu reüssieren.
  Der Autor wählt gekonnt eine methodische Einteilung: Unterbreitet werden fünf Reformziele. Allerdings sind sie in ihrer Wirkung auf eine Neuordnung des Finanzsektors von unterschiedlicher Bedeutung. Im Kern geht es Fricke darum, den Herdentrieb spürbar zu dämpfen. Durch Regulierungen muss nach dem Prinzip der (neuen) Logik eines dienenden Bankensystems das Renditepotenzial von Finanzanlagen deutlich gesenkt werden. Es gilt, Finanzmittel, „die bisher in der Sphäre der Geldzauberei gebunden waren“, für die Realwirtschaft freizusetzen. Schließlich muss die – allerdings nicht nur durch den Finanzmarktwahn gewachsene – Kluft zwischen Reichtum und Armut zugunsten eines „solideren Wachstums“ überwunden werden.
  Die strategische Umsetzung seiner Analyse konzentriert sich auf „5+Säulen für eine neue Finanzwelt“. Darunter sind altbekannte Vorschläge, die Fricke aber eindrucksvoll begründet. Dazu gehören: die Finanztransaktionsteuer; ein „Stopp der Exzesse beim Handel mit Staatsanleihen“; ein Schutz der Rohstoffmärkte gegen Spekulationen nach dem Motto „mit Essen spielt man nicht“ sowie ein „System automatischer Korrekturen als Mittel gegen gefährliche Euphorie- und Panikattacken“. Fünftens fordert Fricke ein neues Weltwährungssystem als zentralen Beitrag zur Stabilisierung der Finanzmärkte.
  Sein Katalog der lediglich als „hilfreich“ beschriebenen Reformmaßnahmen fällt allerdings enttäuschend aus. So bagatellisiert er zum Beispiel die notwendige Abschirmung des spekulativen Investmentbankings vom normalen Geschäft für Bankkunden. (Wichtig dabei: Das abgeschottete Investmentbanking darf nicht als Freibrief für abenteuerliche Spekulationsgeschäfte missbraucht werden. Deshalb muss die bisherige Produktion der Finanzmarktinstrumente reguliert und zum Teil auch verboten werden.)
  Ein Widerspruch in der Untersuchung ist nicht zu leugnen: Die Idee, die Grundlogik freigesetzter Finanzmärkte radikal zu durchbrechen, greift bei einigen Vorschlägen zu einer neuen Bankenstruktur immer noch zu kurz. Ausgeblendet bleiben Fragen nach künftigen alternativen Eigentümerstrukturen. Wie Fricke zeigt, haben Bankendienstleistungen durchaus öffentlichen Gut-Charakter. Um diesem gerecht zu werden, sollten Vorschläge zu gemeinwirtschaftlichen und staatlichen Eigentumsstrukturen einbezogen werden. Auch würde die Stärkung der Mitbestimmung der demokratischen Entscheidungsfindung in den Bankentürmen zugutekommen.
  Am Ende seines Buches erlaubt sich Fricke eine anregende, kleine Utopie: „Von Bankfurt zu Solarfurt“ beschreibt den Wechsel von Bankenmetropolen, die sich der spekulativen Verschleuderung von Finanzmassen widmen, hin zur Finanzierung grüner Investitionen beispielsweise in Solartechnik. Da residieren dann die neuen Industrien im Dienste ökologischer Innovation mit ihren Chefetagen künftig in den ehemaligen Bankentürmen der Mainmetropole. Und wo ziehen die Banken hin? In Zweckgebäude in der Frankfurter Vorstadt. Und über den Eingangstüren steht zu lesen: „Wir dienen“.
Thomas Fricke: Wie viel Bank braucht der Mensch? Raus aus der verrückten Finanzwelt. Westend Verlag, 2013. 256 Seiten, 19,99 Euro.
Rudolf Hickel ist Forschungsleiter am „Institut Arbeit und Wirtschaft“ der Universität Bremen und Mitbegründer der „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“. Zuletzt erschien von ihm „Zerschlagt die Banken – Entmachtet die Finanzmärkte“ (3. Auflage, Econ, Berlin 2013).
Lobbys machen es möglich:
Die Politik hat die Wünsche
der Finanzwirtschaft erfüllt
Aller Kritik zum Trotz:
Die Finanztransaktionssteuer hält
Thomas Fricke für eine gute Idee
Es hat den USA nicht gutgetan, dass Ronald Reagan und Bill Clinton sich für die Deregulierung der Finanzmärkte einsetzten. Als diese Politik ihre Folgen zeitigte, hat Uncle Sam sich böse die Finger verbrannt.
ZEICHNUNG: SCHOPF
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der Wirtschaftsjournalist Thomas Fricke hat ein anspruchsvolles, aber auch gut lesbares Buch über die eigentlich notwendigen Konsequenzen geschrieben, die aus der Finanzkrise folgen müssten, stellt Rezensent Rudolf Hickel fest. Bisher habe es die Finanzlobby geschafft, die politischen Folgen der Krise auf gesetzliche Einzelmaßnahmen wie beispielsweise die Einschränkung des "volkswirtschaftlich sinnlosen Hochfrequenzhandels" zu beschränken, weiß Hickel, der Fricke darin zustimmt, dass es an "radikalen Vorgaben und Anreizen" für Banken mangelt, die im idealen Fall der gesamten Wirtschaft und dem Gemeinwohl dienen sollten. In seinem Buch "Wie viel Bank braucht der Mensch?" schlägt Fricke einen "Aktionsplan für den Bankenausstieg" vor, der vermittels verschiedener Reformen dieses Ziel verfolgt, erklärt der Rezensent. Diese Vorschläge sind zwar nicht unbedingt neu, aber von Fricke hervorragend begründet, bekundet Hickel, der sich allerdings auch Überlegungen zu alternativen Eigentümerstrukturen für Banken und zu einer Stärkung der Mitbestimmung gewünscht hätte. Dieses Buch ist keiner der "populistischen Schnellschüsse" der vergangenen Jahre, verspricht der Rezensent.

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