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Ein bewegender Zeit- und Familienroman
Wie spät ist es? Draußen liegt Schnee. Drinnen bereitet der 87-jährige Jacques wie jeden Morgen das Mittagessen für sich und seine Frau Friederike vor. Neun Jahre lang lebte er zwischendurch mit Helena zusammen, seiner Jugendliebe; dann kehrte er in seine Ehe zurück. Jacques und Friederike, Helena und ihr Mann Emil sind untrennbar miteinander verbunden durch den Pakt des Schweigens, den sie vor langer Zeit miteinander geschlossen haben. Dieser Pakt prägt das Leben der Kinder und Enkel. Doch irgendwann beginnt er brüchig zu werden ... In wechselnden…mehr

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Produktbeschreibung
Ein bewegender Zeit- und Familienroman

Wie spät ist es? Draußen liegt Schnee. Drinnen bereitet der 87-jährige Jacques wie jeden Morgen das Mittagessen für sich und seine Frau Friederike vor. Neun Jahre lang lebte er zwischendurch mit Helena zusammen, seiner Jugendliebe; dann kehrte er in seine Ehe zurück. Jacques und Friederike, Helena und ihr Mann Emil sind untrennbar miteinander verbunden durch den Pakt des Schweigens, den sie vor langer Zeit miteinander geschlossen haben. Dieser Pakt prägt das Leben der Kinder und Enkel. Doch irgendwann beginnt er brüchig zu werden ...
In wechselnden Perspektiven umkreist 'Wie wir älter werden' die Geschichten mehrerer Generationen, die vom Zweiten Weltkrieg bis in die unmittelbare Gegenwart reichen. Ein großer Roman über Liebe und Verrat und die Frage, wie unser Blick sich im Lauf des Lebens verändert.
Autorenporträt
Ruth Schweikert wurde 1964 in Lörrach geboren und ist in der Schweiz aufgewachsen. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Zürich und ist als Schriftstellerin und Theaterautorin tätig. 1994 debütierte sie mit dem vielbeachteten Erzählungsband 'Erdnüsse. Totschlagen', es folgten die Romane 'Augen zu' (1998), 'Ohio' (2005) und 'Wie wir älter werden' (2015). Für ihre Arbeit wurde sie u.a. beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb mit dem Bertelsmann-Stipendium (1994), mit dem Preis der Schweizerischen Schillerstiftung (1999), als Stadtschreiberin von Bergen-Enkheim (2015) und mit dem Solothurner Literaturpreis (2016) ausgezeichnet.

Literaturpreise:

Solothurner Literaturpreis 2016
Stadtschreiberin von Bergen-Enkheim 2015
Preis der Schweizerischen Schillerstiftung 1999
Ehrengaben der Stadt und des Kantons Zürich 1998 für Augen zu
Bertelsmann-Stipendium beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Sechzig Jahre währende Verstrickungen zahlreicher Lebensläufe in Form unchronologischer, assoziativer, oft unvermittelt einsetzender Rückblenden, dabei stets die Frage im Hinterkopf, wie sich Zeit, Vergänglichkeit und Erinnerung erzählen lassen: So umreißt Rezensent Christoph Schröder Ruth Schweikerts seiner Meinung nach sorgfältig und kunstfertig konstruierten Roman. Das Projekt hält er im Großen und Ganzen, insbesondere aber auch stilistisch für sehr gelungen. Nur im einzelnen hat er kritische Anmerkungen: Die zahlreichen Mikro-Erzählungen, die sich oft auch um Nebenfiguren mäandernd auftun, zwingen die Autorin "häufig zum nüchternen Resümieren" und zum Abhaken historischer Wegmarken, meint der Kritiker, was seine Freude an den "starken Momenten" jedoch nur unwesentlich schmälert: Die Lebensplanung, so das Fazit aus dieser Lektüre, unterliegt oft unabsehbaren Determinanten - hier könne man lesend miterleben, wie die Zeit - so ein im Roman angeführtes Zitat von Max Frisch - den Menschen entfaltet.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.04.2016

Kaffeejuchhe mit Paps
Ruth Schweikerts Roman "Wie wir älter werden"

"Iris schraubte die kleine Espressomaschine auf, klopfte das Sieb aus, füllte es bis zum Rand mit ihrem Lieblingskaffee, Lavazza Rossa, und goss frisches Wasser in die Kanne. Sie stellte die Herdplatte an, und dreieinhalb Minuten später setzte sie die Milch auf, so dass beides gleichzeitig fertig war, die heiße, mit dem Schneebesen geschäumte Milch und der blubbernde, duftende Kaffee." Das ist kein Werbetext eines Kaffeerösters, sondern eine von vielen gleichartigen Passagen aus dem neuen Roman der 1964 in Lörrach geborenen Schweizer Autorin Ruth Schweikert. An der Stelle hat der Leser Lust, auch einen Kaffee zu trinken, um darüber nachzudenken, wozu das erzählt wird.

Was es für den Verlauf der Handlung zu besagen hat, bleibt trotz Koffein unerfindlich - ebenso die gelegentliche Erwähnung globaler Großereignisse im Nachrichtenstil. Derweil sitzen "Iris, Liam, Cathy, Brennan und Joyceline, verteilt auf die beiden breiten Ledersofas", so herum und machen sich keine Gedanken darüber, denn sie müssen in der Schweiz wohlbehaust ja weder schwitzen noch frieren.

Der Roman erzählt die Geschichte zweier Ehepaare - Emil und Helena, Jacques und Friederike - und ihrer Nachkommen über mehr als sechs Jahrzehnte. Zusammen haben sie sechs Kinder und noch mehr Enkel, dazu kommen zahlreiche weitere namentlich genannte Personen. Daher gerät der Leser mit dem Personal öfter einmal durcheinander. Überdies werden die Ereignisse im Leben der Figuren aus wechselnder Perspektive erzählt. Passagenweise folgt die Erzählung den täglichen Verrichtungen bis hin zum Sex bis ins kleinste, manchmal unappetitliche Detail, dann wieder resümiert die Erzählung plötzlich. "Natürlich gab es schon damals viele weitere wichtige Ereignisse in Kathrins Leben." Die werden dann vom Abitur über Schwangerschaften bis zum Beruf im Schnelldurchgang aufgeführt.

Ein kompositorisches Prinzip, das die verschiedenen biographischen Erzählstränge aufeinander bezieht, erschließt sich dem Leser auch später nicht. Es scheint eher so zu sein wie in einem Manuskript, von dem im Roman gelegentlich die Rede ist: "Miriam hatte ihre Einträge scheinbar willkürlich über das ganze Buch verteilt." Wenn es so etwas wie eine Mitte der Erzählung gibt, dann besteht sie in einem Familiengeheimnis, einem Schweigepakt um Vaterschaft, der die beiden Familien verbindet und zugleich trennt, was irgendwie für dieses oder jenes Unheil ursächlich zu sein scheint, aber auch das wird nicht recht deutlich.

Familiär geht es jedenfalls auch im Ton der Erzählung zu. So werden Emil und Helene Mams und Paps genannt. "Bei Paps wusste man nie genau, woran man mit ihm war; was er wirklich dachte und empfand." Der Leser erfährt aber, dass er manchmal "in aller Herrgottsfrühe schon frische Brötchen geholt" hat, um dann am Frühstückstisch vergnügt zu sein: "Es gibt Kaffeejuchhe; wer mag Lavendelblütenhonig oder lieber Käse?, zwei Sorten Schinken gibt es auch."

Ruth Schweikerts Roman stellt Szenen einer offenbar mit der eigenen Biographie verflochtenen Familiengeschichte zusammen, wie sie eben verlaufen sein mag. Die "Bilder des Lebens folgen", schrieb einmal Hugo von Hofmannsthal, "ohne inneren Zusammenhang aufeinander und ermangeln gänzlich der effektvollen Komposition." Das war aber eine Warnung vor biographischer Harmonisierung und damit nachträglicher Verfälschung des Lebens.

Bei "Wie wir älter werden" scheint es sich um den Versuch zu handeln, dem auch im Genre des Romans zu entsprechen, indem die familiengeschichtlichen wie die weltgeschichtlichen Ereignisse mit dem Erleben der verschiedenen Personen in der Unwägbarkeit, der verborgenen Wahrheit des Laufs der Zeit belassen werden, anstatt sie unter ein ästhetisches Formprinzip zu zwingen. Das aber wird je schon durch den schlichten Umstand durchkreuzt, dass Erzählen unweigerlich im Weglassen und Auswählen besteht. Das Wie des Älterwerdens ist schon allein deshalb nicht erzählbar.

Ruth Schweikerts erzählerischer Flickenteppich mag Betroffenen Einsichten vermitteln, dem außenstehenden Leser aber wird die Zeit bei der Lektüre des Romans doch recht lang.

FRIEDMAR APEL

Ruth Schweikert: "Wie wir älter werden". Roman.

S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2015. 272 S., geb., 21,99 [Euro].

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Ein ebenso leiser wie eindringlicher Roman. Regula Freuler Neue Zürcher Zeitung 20150524