Wie die Welt sich vorbereiten kann
Die COVID-19-Pandemie ist noch nicht überstanden. Doch während Regierungen auf der ganzen Welt noch versuchen, sie unter Kontrolle zu bringen, wird bereits diskutiert, wie es weitergehen kann und was als nächstes passieren sollte. Wie können wir verhindern, dass eine weitere Pandemie Millionen von Menschen tötet und der Weltwirtschaft verheerende Schäden zufügt? Können wir das überhaupt schaffen?
Bill Gates glaubt, dass das möglich ist, und er legt in seinem zuversichtlichen Buch klar und überzeugend dar, was die Welt von der COVID-19-Pandemie lernen sollte. Er erklärt die Wissenschaft hinter der Pandemiebekämpfung und liefert Vorschläge, was wir alle tun können, um solch eine weitere Katastrophe zu verhindern. Angesichts des weltweiten Erfolgs von »Wie wir die Klimakatastrophe verhindern« (das auf Platz 1 der SPIEGEL-Bestsellerliste stand) wird Gates mehr denn je für seinen Beitrag zur Lösung der größten Herausforderungen der Welt respektiert.
Die COVID-19-Pandemie ist noch nicht überstanden. Doch während Regierungen auf der ganzen Welt noch versuchen, sie unter Kontrolle zu bringen, wird bereits diskutiert, wie es weitergehen kann und was als nächstes passieren sollte. Wie können wir verhindern, dass eine weitere Pandemie Millionen von Menschen tötet und der Weltwirtschaft verheerende Schäden zufügt? Können wir das überhaupt schaffen?
Bill Gates glaubt, dass das möglich ist, und er legt in seinem zuversichtlichen Buch klar und überzeugend dar, was die Welt von der COVID-19-Pandemie lernen sollte. Er erklärt die Wissenschaft hinter der Pandemiebekämpfung und liefert Vorschläge, was wir alle tun können, um solch eine weitere Katastrophe zu verhindern. Angesichts des weltweiten Erfolgs von »Wie wir die Klimakatastrophe verhindern« (das auf Platz 1 der SPIEGEL-Bestsellerliste stand) wird Gates mehr denn je für seinen Beitrag zur Lösung der größten Herausforderungen der Welt respektiert.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.05.2022Vertrauen ist eine wertvolle Ressource
Ein Fünfpunkteplan mit einigen Voraussetzungen: Bill Gates gibt Ratschläge, wie Pandemien in Zukunft zu verhindern seien
Wer sich in der Welt der Viren ein wenig auskennt, der weiß, dass selbst diese Pandemie - so schrecklich sie ist - im Rückblick der Geschichte eines Tages als Warnschuss vor einem viel schrecklicheren Ereignis gesehen werden mag. Experten haben für die Weltgesundheitsorganisation schon vor Jahren eine Art Top Ten des Todes erstellt, eine Liste der furchtbarsten Erreger, für die die Menschheit nicht gerüstet ist, darunter Nipah, Krim-Kongo-Fieber und Krankheit X als Platzhalter für eine völlig neue Erkrankung. Und so blicken viele, während wir uns noch in dieser Pandemie befinden, bereits mit einem Auge auf das, was als Nächstes kommen könnte. Einer von ihnen ist der derzeit viertreichste Mann der Welt und Ko-Vorsitzender der größten privaten Stiftung der Welt: Bill Gates.
"Wie wir die nächste Pandemie verhindern" heißt sein neues Buch. Natürlich kann man darüber streiten, wie dringend die Welt Gates' Sicht auf dieses Thema benötigt. Es gibt zahlreiche Experten, deren Blick auf die nächste Pandemie gewichtiger wäre - und die weniger Aufmerksamkeit bekommen würden. Andererseits hat die Gates-Stiftung vieles bewegt im Bereich der globalen Gesundheit, und Gates' Einfluss ist enorm. Tatsächlich gibt das Buch verständliche Erklärungen und ist zügig erzählt. Wer sich mit dem Thema bislang wenig beschäftigt hat, kann es mit Gewinn lesen. Im Kern skizziert es einen Fünfpunkteplan: Ein globales Pandemie-Team zusammenstellen, das frühe Erkennen neuer Ausbrüche verbessern, Impfstoffe vorbereiten, Medikamente entwickeln und dann üben, üben, üben.
Vieles in dem Buch ist in der Welt der Seuchenschützer Konsens. So weist Gates daraufhin, dass die Prävention von Pandemien im Einklang mit dem Bestreben steht, die medizinische Versorgung weltweit zu verbessern. Ein massives Problem in der Pandemie war zum Beispiel die Verfügbarkeit von Sauerstoff in ärmeren Ländern. Gelingt es, das zu ändern, "können mehr Krankenhäuser alltägliche Probleme wie Lungenentzündungen und Frühgeburten erfolgreich behandeln. Und in einer Krisensituation, wenn die Ausbreitung eines Erregers sich zu einer Pandemie auszuweiten droht, können dieses Fachwissen und die entsprechende Ausrüstung Leben retten und verhindern, dass die Krankheit das gesamte Gesundheitssystem überfordert." Und natürlich sind auch Versuche richtig, Ausbrüche früher zu erkennen und zu verhindern, dass sie zu Pandemien heranwachsen, mehr in Diagnostik zu investieren, die rasche, klinische Erprobung experimenteller Therapien zu vereinfachen und die Entwicklung von Impfstoffen und ihre massenhafte Produktion vorzubereiten.
Aber man muss im Rückblick auch festhalten: Die Häufung ungewöhnlicher Lungenentzündungen wurde in China rasch erkannt, eine Sequenz stand bereits am 10. Januar 2020 online, der erste PCR-Test - entwickelt von Victor Corman in Christian Drostens Institut - war drei Tage später einsatzbereit. Die britische Recovery-Studie hat experimentelle Therapien rasch untersucht und geholfen, Nützliches von Unnützem zu scheiden. Die Impfstoffe waren rascher verfügbar, als Forscher lange zu hoffen gewagt hatten. Man kann an all diesen Stellen nachbessern, aber konzentriert man sich nur darauf, klammert man die kniffligsten Probleme aus und bestärkt die Wahrnehmungsweise, dass technische Fortschritte allein die Lösung bieten.
Um diese Schwierigkeit weiß auch Gates, der sich gleich zu Beginn des Buches als "Technik-Freak" outet: "Innovation ist mein Hammer, mit dem ich jeden Nagel, der mir unterkommt, einzuschlagen versuche." Nur geht es bei menschlicher Gesundheit eben auch um Kultur und Mitgefühl, um Verantwortung und Vertrauen - und da ist ein Hammer nicht immer hilfreich. Untersuchungen hätten gezeigt, "dass der Erfolg eines Landes bei der Bekämpfung von COVID-19 auch in gewissem Maße damit zusammenhängt, inwieweit die Bevölkerung der Regierung vertraut". Das ist zu erwarten, schließlich ist die Welt zu Beginn einer Pandemie ohne Medikamente und Impfstoffe auf nichtpharmazeutische Interventionen angewiesen: Masken tragen, Kontakte reduzieren, bei Symptomen zu Hause bleiben. Bloß "lässt sich diese Erkenntnis nicht ohne Weiteres in einen praktischen Rat ummünzen, der leicht in die Tat umgesetzt werden könnte", schreibt Gates. "Es erfordert jahrelange, zielstrebige Arbeit, um zwischen Menschen und ihrer Regierung Vertrauen aufzubauen."
Es gibt für viele Probleme, die die Pandemie aufgezeigt hat, keine einfachen Lösungen. Das ändert nichts daran, dass Lösungen gefunden werden müssen. Der Vertrauensverlust in der Bevölkerung wird auch durch ökonomische Ungleichheit getrieben. Dass die Vereinigten Staaten in der Pandemie so schlecht dastehen, hat auch mit einem Gesundheitssystem zu tun, das nicht auf Teilhabe aller ausgerichtet ist. Zu den Treibern von Pandemien gehören zudem Massentierhaltung, Umweltzerstörung und Klimawandel.
Wenn die Weltgemeinschaft für die nächste Pandemie besser gerüstet sein will, muss sie mit schwierigeren Fragen umgehen als jenen, wie Krankheiten schneller zu diagnostizieren und Impfstoffe schneller herzustellen sind. KAI KUPFERSCHMIDT
Bill Gates: "Wie wir die nächste Pandemie verhindern".
Aus dem Englischen von K. Dürr, U. Held, K. Petersen und C. Stoll.
Piper Verlag, München 2022. 336 S., Abb., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Fünfpunkteplan mit einigen Voraussetzungen: Bill Gates gibt Ratschläge, wie Pandemien in Zukunft zu verhindern seien
Wer sich in der Welt der Viren ein wenig auskennt, der weiß, dass selbst diese Pandemie - so schrecklich sie ist - im Rückblick der Geschichte eines Tages als Warnschuss vor einem viel schrecklicheren Ereignis gesehen werden mag. Experten haben für die Weltgesundheitsorganisation schon vor Jahren eine Art Top Ten des Todes erstellt, eine Liste der furchtbarsten Erreger, für die die Menschheit nicht gerüstet ist, darunter Nipah, Krim-Kongo-Fieber und Krankheit X als Platzhalter für eine völlig neue Erkrankung. Und so blicken viele, während wir uns noch in dieser Pandemie befinden, bereits mit einem Auge auf das, was als Nächstes kommen könnte. Einer von ihnen ist der derzeit viertreichste Mann der Welt und Ko-Vorsitzender der größten privaten Stiftung der Welt: Bill Gates.
"Wie wir die nächste Pandemie verhindern" heißt sein neues Buch. Natürlich kann man darüber streiten, wie dringend die Welt Gates' Sicht auf dieses Thema benötigt. Es gibt zahlreiche Experten, deren Blick auf die nächste Pandemie gewichtiger wäre - und die weniger Aufmerksamkeit bekommen würden. Andererseits hat die Gates-Stiftung vieles bewegt im Bereich der globalen Gesundheit, und Gates' Einfluss ist enorm. Tatsächlich gibt das Buch verständliche Erklärungen und ist zügig erzählt. Wer sich mit dem Thema bislang wenig beschäftigt hat, kann es mit Gewinn lesen. Im Kern skizziert es einen Fünfpunkteplan: Ein globales Pandemie-Team zusammenstellen, das frühe Erkennen neuer Ausbrüche verbessern, Impfstoffe vorbereiten, Medikamente entwickeln und dann üben, üben, üben.
Vieles in dem Buch ist in der Welt der Seuchenschützer Konsens. So weist Gates daraufhin, dass die Prävention von Pandemien im Einklang mit dem Bestreben steht, die medizinische Versorgung weltweit zu verbessern. Ein massives Problem in der Pandemie war zum Beispiel die Verfügbarkeit von Sauerstoff in ärmeren Ländern. Gelingt es, das zu ändern, "können mehr Krankenhäuser alltägliche Probleme wie Lungenentzündungen und Frühgeburten erfolgreich behandeln. Und in einer Krisensituation, wenn die Ausbreitung eines Erregers sich zu einer Pandemie auszuweiten droht, können dieses Fachwissen und die entsprechende Ausrüstung Leben retten und verhindern, dass die Krankheit das gesamte Gesundheitssystem überfordert." Und natürlich sind auch Versuche richtig, Ausbrüche früher zu erkennen und zu verhindern, dass sie zu Pandemien heranwachsen, mehr in Diagnostik zu investieren, die rasche, klinische Erprobung experimenteller Therapien zu vereinfachen und die Entwicklung von Impfstoffen und ihre massenhafte Produktion vorzubereiten.
Aber man muss im Rückblick auch festhalten: Die Häufung ungewöhnlicher Lungenentzündungen wurde in China rasch erkannt, eine Sequenz stand bereits am 10. Januar 2020 online, der erste PCR-Test - entwickelt von Victor Corman in Christian Drostens Institut - war drei Tage später einsatzbereit. Die britische Recovery-Studie hat experimentelle Therapien rasch untersucht und geholfen, Nützliches von Unnützem zu scheiden. Die Impfstoffe waren rascher verfügbar, als Forscher lange zu hoffen gewagt hatten. Man kann an all diesen Stellen nachbessern, aber konzentriert man sich nur darauf, klammert man die kniffligsten Probleme aus und bestärkt die Wahrnehmungsweise, dass technische Fortschritte allein die Lösung bieten.
Um diese Schwierigkeit weiß auch Gates, der sich gleich zu Beginn des Buches als "Technik-Freak" outet: "Innovation ist mein Hammer, mit dem ich jeden Nagel, der mir unterkommt, einzuschlagen versuche." Nur geht es bei menschlicher Gesundheit eben auch um Kultur und Mitgefühl, um Verantwortung und Vertrauen - und da ist ein Hammer nicht immer hilfreich. Untersuchungen hätten gezeigt, "dass der Erfolg eines Landes bei der Bekämpfung von COVID-19 auch in gewissem Maße damit zusammenhängt, inwieweit die Bevölkerung der Regierung vertraut". Das ist zu erwarten, schließlich ist die Welt zu Beginn einer Pandemie ohne Medikamente und Impfstoffe auf nichtpharmazeutische Interventionen angewiesen: Masken tragen, Kontakte reduzieren, bei Symptomen zu Hause bleiben. Bloß "lässt sich diese Erkenntnis nicht ohne Weiteres in einen praktischen Rat ummünzen, der leicht in die Tat umgesetzt werden könnte", schreibt Gates. "Es erfordert jahrelange, zielstrebige Arbeit, um zwischen Menschen und ihrer Regierung Vertrauen aufzubauen."
Es gibt für viele Probleme, die die Pandemie aufgezeigt hat, keine einfachen Lösungen. Das ändert nichts daran, dass Lösungen gefunden werden müssen. Der Vertrauensverlust in der Bevölkerung wird auch durch ökonomische Ungleichheit getrieben. Dass die Vereinigten Staaten in der Pandemie so schlecht dastehen, hat auch mit einem Gesundheitssystem zu tun, das nicht auf Teilhabe aller ausgerichtet ist. Zu den Treibern von Pandemien gehören zudem Massentierhaltung, Umweltzerstörung und Klimawandel.
Wenn die Weltgemeinschaft für die nächste Pandemie besser gerüstet sein will, muss sie mit schwierigeren Fragen umgehen als jenen, wie Krankheiten schneller zu diagnostizieren und Impfstoffe schneller herzustellen sind. KAI KUPFERSCHMIDT
Bill Gates: "Wie wir die nächste Pandemie verhindern".
Aus dem Englischen von K. Dürr, U. Held, K. Petersen und C. Stoll.
Piper Verlag, München 2022. 336 S., Abb., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Hanno Charisius scheint von Bill Gates' Buch genau das zu bekommen, was er erwartet: Nach seinem letzten Buch, "Wie wir die Klimakatastrophe verhindern können", breitet der Multimilliardär nun also eifrig seinen Masterplan zur Pandemieverhinderung aus, seufzt Charisius, und dabei geht es wenig um die Menschen, ihre Politikverdrossenheit und ihr Vordringen in den natürlichen Lebensraum von Tieren, die eben oft Überträger sind, sondern vor allem um Geld und was man alles damit kaufen kann. Ein 3.000-köpfiges Spezialteam etwa, das sich ausschließlich der Pandemiebekämpfung widmet und im Jahr etwa eine Milliarde Dollar kosten würde, resümiert Charisius. Auch für eine "engmaschige Überwachung" zur Eindämmung plädiere Gates, nicht ohne sich für die negativen Assoziationen dieses Worts zu entschuldigen, stichelt der Kritiker. Am Ende kann er sich doch durchringen, das Buch zumindest Lesern und Leserinnen zu empfehlen, die sich für einen "technischen" Blick auf die Pandemiebekämpfung interessieren; und Gates sei eben eine Person mit dem Privileg, leicht an Expertise von Fachleuten zu kommen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Ein politisch-aufklärerisches, intelligentes Sachbuch, bei dem man viele innovative Ansätze zur Pandemiebekämpfung mitnehmen kann.« zeitstilbloggerin 20220705