Ob aus Detroit oder Düsseldorf, wer Urlaub in Irland macht, hat einen Anspruch auf grüne Wiesen, geselligen Witz und würdevoll ertragene Armut - davon ist der Tourismus-Manager Damien überzeugt. Er erfindet ein Dorf, in dem das Leben der fünfziger Jahre als anmutige Burleske inszeniert wird. Schon bald werden das Projekt und sein Erfinder von den Medien heftig attackiert, und Damien verlangt es mehr denn je nach familiärer Nestwärme. Doch Tochter und Ehefrau haben ganz andere Sorgen. Heather ist zum ersten Mal verliebt, und Gillian, die eine "Entschleunigungsfarm" für ausgebrannte Zeitgenosssen leitet, fühlt sich ohnehin vollkommen überfordert. Kein Wunder, denn ihre geliebte Tante Grace ist an Alzheimer erkranke. Mit Graces allmählichem Aus-der-Welt-Schwinden scheint auch Gillian die Vergangenheit und die eigene Geschichte zu entgleiten. In ihrer Verzweiflung erprobt sie ein neues Medikament, das ihre Erinnerungsfähigkeit verbessern soll - ein Experiment mit ungeahnten Folgen.Wie wir leben ist ein vielschichtiger, witziger und berührender Roman über Erinnerung, Identität und Zusammenhalt. Genüßlich seziert Molly McCloskey die Absurditäten, die mit die mit der radikalen Modernisierung Irlands in den letzten Jahrzehnten einhergegangen sind. Zugleich erzählt sie voller Anteilnahme von Verlustängsten und der Sehnsucht des Menschen, das zu beschützen, was er am meisten liebt.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
"Exzellent gearbeitet" und auch sonst rundum gelungen findet Rezensentin Bernadette Conrad den ersten Roman der in Irland lebenden Amerikanerin Molly McCloskey. Es geht darin, wie die Rezensentin schreibt, um eine Kleinfamilie, deren "Lebenskampf" von allerlei Trends der globalisierten Welt "durchschossen" ist. Da sind, lesen wir, Gillian, die eine Farm für Stressabbau und Entschleunigung betreibt, und ihr Mann Damien, der sein Geld mit einem zeitgeistigen ländlichen Tourismusprojekt verdient und in einem irischen Dorf eine künstliche Idylle inszeniert. Die Mischung aus Witz und nachdenklicher Tiefe, mit der die Autorin ihre Protagonisten knapp aber scharf umreißt, können die Rezensentin ebenso bewegen wie begeistern. In manchem erinnert der Roman die Rezensentin sogar an Jonathan Franzens "Corrections", nur dass McCloskey statt ausgreifender erzählerischer Diskurse verdichte und ihr Thema besser in die Erzählung integriere. Am Ende überzeugt sie die Rezensentin am stärksten durch das provozierte Erschrecken darüber, wie gezeichnet das Leben doch von Leere und Mutlosigkeit ist.
© Perlentaucher Medien GmbH
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