„Nach zwei Monaten militärischer Ausbildung wurde ich im Dezember 1914 das erste Mal direkt an die Front verlegt. Als der erste Schuss fiel, veränderte sich etwas.“
Voller Euphorie meldet sich Clarke Montier freiwillig, um 1914 in den Krieg zu ziehen. Vier Jahre lang kämpft er an vorderster
Front, wird tagtäglich mit neuen Grauen konfrontiert. Als er 1918 zu seiner Frau und seiner Familie nach…mehr„Nach zwei Monaten militärischer Ausbildung wurde ich im Dezember 1914 das erste Mal direkt an die Front verlegt. Als der erste Schuss fiel, veränderte sich etwas.“
Voller Euphorie meldet sich Clarke Montier freiwillig, um 1914 in den Krieg zu ziehen. Vier Jahre lang kämpft er an vorderster Front, wird tagtäglich mit neuen Grauen konfrontiert. Als er 1918 zu seiner Frau und seiner Familie nach London zurückkehrt, ist alles anders. Denn der Krieg hat den einst lebensfrohen, kreativen und mutigen Mann nachhaltig verändert. Schon bald droht Clarke, an der Vergangenheit zu zerbrechen - und alles zu verlieren, was ihm einst wichtig war…
„Wie wir uns selbst verloren“ hat mich sofort angesprochen, da dieser historische Roman genau dort ansetzt, wo andere enden. Sicherlich haben viele Leserinnen und Leser - darunter auch ich - bereits den ein oder anderen Roman gelesen, der sich mit einem der beiden Weltkriege befasst. Ich habe mich bisher allerdings noch nie intensiv mit Kriegsrückkehrern und vor allem auch deren psychischen Schäden bzw. Kriegstraumata auseinandergesetzt.
Aufgrund dessen war ich umso gespannter auf dieses Buch - und wurde definitiv nicht enttäuscht!
Die Geschichte setzt an Clarkes ersten Tagen im Krieg an, berichtet von einigen seiner Erlebnisse während der Kämpfe und bewegt sich dann zum Hauptteil: seiner Rückkehr nach London. Diese ist alles andere als einfach und geht unglaublich nahe.
Die Autorin schildert Clarkes Erfahrungen mit einer beeindruckenden Intensität. Hatte ich zu Beginn noch leichte Schwierigkeiten mit dem parataktischen Satzbau, wandelte sich dies schnell in eine sehr berührende Leseerfahrung. Der Schreibstil Alexandra Kreuzers scheint so nur umso eindringlicher und trägt einen bedeutenden Teil zur Wirkung des Buches bei. Stück für Stück begleitet der Leser den ehemaligen Soldaten, merkt immer mehr, wie sehr er leiden muss.
Während seiner Entwicklung habe ich nicht nur Clarke ins Herz geschlossen, sondern vor allem auch den ein oder anderen Nebencharakter. Sie alle sind einzigartig auf ihre ganz eigene Art und Weise, haben ihre Ecken und Kanten, versuchen dabei aber stets, Clarke bestmöglich zu unterstützen.
Ich bin begeistert, wie viel Herzblut in diesen Teil des Buches geflossen ist. Selten habe ich ein Buch gelesen, in dem selbst Nebencharaktere bewundernswert detailliert ausgearbeitet sind und in dem einige sich im Laufe der Geschichte wundervoll weiterentwickeln. So macht das Lesen gleich nochmal so viel Freude!
Mein einziger kleiner Kritikpunkt bezieht sich auf das Setting. Sehr gerne hätte ich mehr über das London nach dem Krieg erfahren und wäre in die vergangene Zeit abgetaucht. Leider hat mich der Flair, den ich bei historischen Romanen so sehr liebe, nicht ganz erreicht. Ich hätte mich gefreut, wenn auch hier das Lesen zu einer Art Zeitreise geworden wäre.
Nichtsdestotrotz finde ich, dass „Wie wir uns selbst verloren“ unbedingt mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Es handelt sich hierbei nicht um einen typischen historischen Roman, denn der Fokus liegt in diesem Buch eher auf den Charakteren und auf einem emotionalem und berührendem Leseerlebnis. Wer mit gewöhnlichen Romanen aus dem Genre nicht viel anfangen kann, sollte sich das Debüt der jungen Autorin definitiv näher anschauen!
4/5 Sterne