Abwechslungsreich gehaltenes Sachbuch, das trotz seiner Beschränkung auf zehn Vögel eine große Bandbreite an Themen abdeckt.
Die zehn Vögel, die die Welt veränderten, sind für Stephen Moss der Kolkrabe, der Guanokormoran, der Schmuckreiher, der Weißkopfseeadler, der Feldsperling, der
Kaiserpinguin, der Truthahn, der bereits ausgestorbene Dodo, die Darwinfinken sowie die Haustaube. Jedes Kapitel…mehrAbwechslungsreich gehaltenes Sachbuch, das trotz seiner Beschränkung auf zehn Vögel eine große Bandbreite an Themen abdeckt.
Die zehn Vögel, die die Welt veränderten, sind für Stephen Moss der Kolkrabe, der Guanokormoran, der Schmuckreiher, der Weißkopfseeadler, der Feldsperling, der Kaiserpinguin, der Truthahn, der bereits ausgestorbene Dodo, die Darwinfinken sowie die Haustaube. Jedes Kapitel wird von einer schön illustrierten Zeichnung des Vogels, der darin behandelt wird, eingeleitet. Die einzelnen Kapitel sind abwechslungsreich ausgefallen, da neben dem speziellen Schwerpunkt, den sie setzen (u.a. zur mythologischen Bedeutung und deren Einfluss auf die Literaturgeschichte, zum heldenhaften Einsatz in verschiedenen Kriegen, zur Evolutionstheorie und -biologie), eine große Bandbreite weiterer Themen angeschnitten wird.
Beispielsweise steht beim Kolkraben dessen Auftreten in Mythen im Mittelpunkt. Das beginnt bei den berühmten Odin Raben Hugin und Munin, denen der Gott den Beinamen Rabengott verdankt, reicht über den Raben als Schöpfer der Erde und des Universums, als den ihn die indigenen Völker Kanadas angesehen haben, bis hin zu seiner Rolle als Trickster, in der er im russischen Kamtschatka wahrgenommen wurde. Die mythologischen Anfänge, die den Ursprung des Bildes vom Raben markieren, unterlegt Moss mit begründeten Spekulationen vom Zusammenleben des Menschen mit dem Raben, das einst vor dem Übergang vom Jäger und Sammler zum Ackerbauern vor rund 10.000 Jahren symbiotisch gewesen ist.
Im Anschluss daran zitiert sich der Autor einmal quer durch die literarische Welt. Dazu hätte ein chronologisches Vorgehen entlang der literarischen Zeitachse, bis die Gegenwart in Gestalt der Popkultur erreicht wird, besser als die sprunghafte Erzählweise gepasst. Denn eine systematische Behandlung hätte dieses Kapitel übersichtlicher ausfallen lassen. Dabei erwähnt Stephen Moss etwa die Rolle, in der Shakespeare den Raben Leitmotiv-artig in verschiedenen Stücken auftreten lässt, den Raben Grip, den sich Charles Dickens als Haustier hielt und in seinem Roman Barnaby Rudge verewigt hat, sowie das bekannte Gedicht von Edgar Allen Poe, das um einen Raben kreist. Diese Klassiker der literarischen Welt werden mit aktuelleren Werken verknüpft, indem deren Einfluss auf den Hobbit von J. R. R. Tolkien, das Lied von Eis und Feuer von George R. R. Martin, Disney-Filme und eine Halloween-Folge der Simpsons wiedergegeben wird.
Weitere Themen, die im Kapitel des Kolkraben angeschnitten werden, betreffen u.a. eine allgemeine Beschreibung dieses Vogels, dessen Unterscheidung von dem ihrem Äußeren nach ähnlich aussehenden Krähen, seine Intelligenz sowie dessen unabhängiges Verhalten, das wohl seine Vermenschlichung begründet und ihn von der Taube etwa in der Geschichte von der Arche Noah abgrenzt.
Von den zehn Vögeln, die die Welt veränderten, hat mich die sonst so geächtete Haustaube, der Stephen Moss eine besondere Aufmerksamkeit schenkt, am meisten überrascht. Der thematische Schwerpunkt liegt dabei auf deren heldenhaftem Einsatz in verschiedenen Kriegen, zu denen u.a. der Napoleonische Krieg Anfang des 19. Jahrhunderts sowie der erste und zweite Weltkrieg zählen. In diesen hat die Taube sogar Menschenleben gerettet, wenn sie als Bote Nachrichten überbracht hat. Ein Beispiel dafür ist Cher Ami, die das Überleben des Lost Bataillon sicherte. Deswegen hat sie von der französischen Regierung das Croix de Guerre mit Palmzweig erhalten und ist nun im National Museum of American History in Washington ausgestellt. Zudem entkräftet der Autor die meisten Behauptungen, die heutzutage angeführt werden, um die Vertreibung und Ausrottung von Tauben in den Städten zu rechtfertigen. Ebenfalls räumt Stephen Moss im Kapitel der Darwinfinken mit der Legende auf, dass Darwin seine Erkenntnisse zur Evolutionstheorie quasi als blitzartige Eingebung auf seiner Reise zu den Galapagos-Inseln hatte, während er die dort heimischen Finkenarten studierte.
Abgerundet wird "Wie zehn Vögel die Welt veränderten" von einer ausführlichen Liste, die Anmerkungen zu den einzelnen Kapiteln enthält, sowie einem detaillierten Literaturverzeichnis. Dabei haben mir aber Übersichten etwa in Form von Steckbriefen gefehlt, die ich im Anschluss an die Lektüre dieses Sachbuchs zum Nachschlagen hätte verwenden können. Zumindest für die zehn Vögel, denen jeweils ein Kapitel gewidmet ist, hätte ich dies als sinnvoll erachtet. Gewünscht hätte ich mir dies aber auch für die vielen, zusätzlich auftauchenden Vögel wie beispielsweise den Rotmilan, die Saatkrähe, den Wanderfalken oder die Spottdrossel, die vom Autor oft nur nebenher erwähnt werden. Solche Steckbriefe hätten neben der wissenschaftlichen Bezeichnung des Vogels bestehend aus Gattung und Art Informationen zu seinem Aussehen (u.a. zu seiner Größe und Flügelspannbreite), seinem Verbreitungsgebiet, seinem Verhalten und dessen Abgrenzung zu anderen verwandten Arten, mit denen er sich leicht verwechseln ließe, umfassen können.