Die anrührende Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft - zwischen einer jungen Journalistin aus dem Westen und einer buddhistischen Nonne. Packend und zugleich einfühlsam geschrieben, voller präziser Beobachtungen und geschickt eingeflochtener Hintergrundinformationen. Noch näher kann man Tibet dem Leser nicht bringen.
Es sind zwei Welten, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten: auf der einen Seite die erfolgreiche Journalistin aus dem Westen, aufgewachsen in einer liberalen, demokratischen, technisierten Industriegesellschaft, weltläufig, hoch gebildet, gut bezahlt - und auf der anderen die junge buddhistische Wandernonne, deren Kultur durch die chinesische Regierung massiv bedroht wird, die aber aus einem immensen inneren Reichtum und dem Selbstbewusstsein einer uralten spirituellen Tradition schöpfen kann.
Claire Scobie lernt die Nonne Ani auf einer Expedition in die abgeschiedene Region von Pemako in Osttibet kennen. Sie ist auf der Suche nach einer äußerst seltenen Blume, der Roten Lilie. Da die Exkursion zugleich in das Gebiet heiliger Stätten führt, bietet sich Ani als ortskundige Führerin an. Auf der beschwerlichen Reise kommen sich die Frauen langsam näher, und Ani gewährt Claire Stück für Stück Einblick in ihr bewegtes Leben. Sie erzählt, wie sie sich gegen den Willen ihrer Familie für das Leben im Kloster und nach sieben Jahren im Kloster für den ungewöhnlichen Weg der Wandernonne entschieden hat und welche Gefahren diese Lebensform mit sich bringt. Was als lose Reisebekanntschaft beginnt, wandelt sich in eine tiefe Freundschaft, so dass sich Claire und Ani Monate später in Tibet wieder treffen, um eine gemeinsame Pilgerreise zum Heiligen Berg Kailash zu unternehmen. Deren spirituell einfühlsame Schilderung gehört zu den bewegenden Höhepunkten des Buches.
Durch das Wissen der Autorin um die politischen und historischen Hintergründe, die sie geschickt und unaufdringlich in den Text einflicht, ist das Buch weit mehr als nur die Erzählung einer persönlichen Freundschaft: Es ist ein lebendiges Porträt des heutigen Tibet, mit all seiner Gefährdung und Unterdrückung, aber auch seiner Schönheit, seinem kulturellen und spirituellen Reichtum.
Es sind zwei Welten, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten: auf der einen Seite die erfolgreiche Journalistin aus dem Westen, aufgewachsen in einer liberalen, demokratischen, technisierten Industriegesellschaft, weltläufig, hoch gebildet, gut bezahlt - und auf der anderen die junge buddhistische Wandernonne, deren Kultur durch die chinesische Regierung massiv bedroht wird, die aber aus einem immensen inneren Reichtum und dem Selbstbewusstsein einer uralten spirituellen Tradition schöpfen kann.
Claire Scobie lernt die Nonne Ani auf einer Expedition in die abgeschiedene Region von Pemako in Osttibet kennen. Sie ist auf der Suche nach einer äußerst seltenen Blume, der Roten Lilie. Da die Exkursion zugleich in das Gebiet heiliger Stätten führt, bietet sich Ani als ortskundige Führerin an. Auf der beschwerlichen Reise kommen sich die Frauen langsam näher, und Ani gewährt Claire Stück für Stück Einblick in ihr bewegtes Leben. Sie erzählt, wie sie sich gegen den Willen ihrer Familie für das Leben im Kloster und nach sieben Jahren im Kloster für den ungewöhnlichen Weg der Wandernonne entschieden hat und welche Gefahren diese Lebensform mit sich bringt. Was als lose Reisebekanntschaft beginnt, wandelt sich in eine tiefe Freundschaft, so dass sich Claire und Ani Monate später in Tibet wieder treffen, um eine gemeinsame Pilgerreise zum Heiligen Berg Kailash zu unternehmen. Deren spirituell einfühlsame Schilderung gehört zu den bewegenden Höhepunkten des Buches.
Durch das Wissen der Autorin um die politischen und historischen Hintergründe, die sie geschickt und unaufdringlich in den Text einflicht, ist das Buch weit mehr als nur die Erzählung einer persönlichen Freundschaft: Es ist ein lebendiges Porträt des heutigen Tibet, mit all seiner Gefährdung und Unterdrückung, aber auch seiner Schönheit, seinem kulturellen und spirituellen Reichtum.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.11.2007Der Raum zwischen den Wörtern
Claire Scobie bricht mit einer Expedition nach Tibet auf. Die Journalistin ist nicht auf der Suche nach Bergen oder sonstigen Herausforderungen, sie begleitet Botaniker, die eine seltene rote Lilienart finden wollen. Ein Motiv, um nicht zu sagen: ein Vorwand so gut wie jeder andere, eine Reise zu unternehmen. Die Britin findet die Blume, vor allem aber trifft sie Ani, eine buddhistische Wandernonne, die die Expedition ins weltabgelegene Pemako führt. Ani sei Asketin, Mystikerin, ruhe, so schreibt Scobie, im Unterschied zu ihr selbst, die in Worten denke, "in den Räumen zwischen den Worten". Trotz der Gegensätze beginnt eine wohl für beide Frauen tiefe, lange fortdauernde Freundschaft. Das allein wäre noch kein Stoff für mehr als zweihundertfünfzig Buchseiten. Doch die Journalistin erkennt, dass Ani sinnbildlich für eine untergehende Kultur steht. Anhand der bitteren Lebensumstände einer tibetischen Nonne, von chinesischen Behörden noch mehr verfolgt als andere ihrer Landsleute, erzählt sie von Tibets Alltag. Claire Scobie schreibt unprätentiös, frei von Prahlerei, nur oft leider zu ausführlich. Welche Farbe die Bluse hat, die sie in Lhasa kauft, führt ebenso vom Zentrum des Buchs fort wie immer wieder Beschreibungen des Wetters und sehr detaillierte geographische Erläuterungen, etwa wenn es von Bhakha Tulkus Gompa am Po-Tsangpo über den Su-La-Pass nach Pemako geht, einem mystisch aufgeladenen Ort. James Hilton soll sich für seinen Roman über Shangri-La an Beschreibungen dieses Tals angelehnt haben. Ani, die Scobie als warmherzig, offen, aber auch pragmatisch schildert, freut sich, wieder dort zu sein, hier mache man spirituell rascher Fortschritte als anderswo. Die Britin kann da nicht Schritt halten, auch wenn sie es anfangs versucht. Das sind die heikelsten Passagen des Buchs, wenn die Journalistin asiatische Mythen als Tatsachen schildert. Etwa eine Meditation, die in Pemako erlernt werden könne und dazu führe, nur noch von Mineral- und Wasseressenzen "und schließlich von der Luft allein" zu leben. So liefert das Buch viel Interessantes, vor allem über die unwirtlichen Lebensbedingungen und untragbaren politischen Verhältnisse in Tibet, aber eben auch viele Details, die den Lesefluss hemmen. Ein strengeres Lektorat hätte dem Werk nicht geschadet. Und doch ist ihm eine hohe Auflage zu wünschen. Einer der tibetischen Führer, dem Scobie später wieder begegnen wird, erklärt ihr zu Anfang, statt sechstausend Klöstern gebe es nun noch vierhundert. "Aber was können wir schon tun? Wem sollen wir das klagen? Niemand wird uns anhören." Scobie hat zugehört und sich zum Sprachrohr der Tibeter gemacht.
bär.
"Wiedersehen in Lhasa. Die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft zweier Frauen" von Claire Scobie. Aus dem Englischen von Henriette Zeltner. Frederking & Thaler Verlag, München 2007. 260 Seiten, einige Abbildungen. Gebunden, 19,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Claire Scobie bricht mit einer Expedition nach Tibet auf. Die Journalistin ist nicht auf der Suche nach Bergen oder sonstigen Herausforderungen, sie begleitet Botaniker, die eine seltene rote Lilienart finden wollen. Ein Motiv, um nicht zu sagen: ein Vorwand so gut wie jeder andere, eine Reise zu unternehmen. Die Britin findet die Blume, vor allem aber trifft sie Ani, eine buddhistische Wandernonne, die die Expedition ins weltabgelegene Pemako führt. Ani sei Asketin, Mystikerin, ruhe, so schreibt Scobie, im Unterschied zu ihr selbst, die in Worten denke, "in den Räumen zwischen den Worten". Trotz der Gegensätze beginnt eine wohl für beide Frauen tiefe, lange fortdauernde Freundschaft. Das allein wäre noch kein Stoff für mehr als zweihundertfünfzig Buchseiten. Doch die Journalistin erkennt, dass Ani sinnbildlich für eine untergehende Kultur steht. Anhand der bitteren Lebensumstände einer tibetischen Nonne, von chinesischen Behörden noch mehr verfolgt als andere ihrer Landsleute, erzählt sie von Tibets Alltag. Claire Scobie schreibt unprätentiös, frei von Prahlerei, nur oft leider zu ausführlich. Welche Farbe die Bluse hat, die sie in Lhasa kauft, führt ebenso vom Zentrum des Buchs fort wie immer wieder Beschreibungen des Wetters und sehr detaillierte geographische Erläuterungen, etwa wenn es von Bhakha Tulkus Gompa am Po-Tsangpo über den Su-La-Pass nach Pemako geht, einem mystisch aufgeladenen Ort. James Hilton soll sich für seinen Roman über Shangri-La an Beschreibungen dieses Tals angelehnt haben. Ani, die Scobie als warmherzig, offen, aber auch pragmatisch schildert, freut sich, wieder dort zu sein, hier mache man spirituell rascher Fortschritte als anderswo. Die Britin kann da nicht Schritt halten, auch wenn sie es anfangs versucht. Das sind die heikelsten Passagen des Buchs, wenn die Journalistin asiatische Mythen als Tatsachen schildert. Etwa eine Meditation, die in Pemako erlernt werden könne und dazu führe, nur noch von Mineral- und Wasseressenzen "und schließlich von der Luft allein" zu leben. So liefert das Buch viel Interessantes, vor allem über die unwirtlichen Lebensbedingungen und untragbaren politischen Verhältnisse in Tibet, aber eben auch viele Details, die den Lesefluss hemmen. Ein strengeres Lektorat hätte dem Werk nicht geschadet. Und doch ist ihm eine hohe Auflage zu wünschen. Einer der tibetischen Führer, dem Scobie später wieder begegnen wird, erklärt ihr zu Anfang, statt sechstausend Klöstern gebe es nun noch vierhundert. "Aber was können wir schon tun? Wem sollen wir das klagen? Niemand wird uns anhören." Scobie hat zugehört und sich zum Sprachrohr der Tibeter gemacht.
bär.
"Wiedersehen in Lhasa. Die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft zweier Frauen" von Claire Scobie. Aus dem Englischen von Henriette Zeltner. Frederking & Thaler Verlag, München 2007. 260 Seiten, einige Abbildungen. Gebunden, 19,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main