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'England während des Zweiten Weltkriegs: Der britische Offizier Charles Ryder bezieht mit seinen Soldaten nachts ein neues Quartier. Erst am nächsten Morgen erkennt er, wo er sich befindet es ist das Schloss Brideshead, mit dem ihn viele Erinnerungen verbinden: an seine Jugendfreundschaft mit Sebastian Flyte, dem Sohn der adeligen Marchmains, die in Brideshead residierten. Und an dessen Schwester Julia, Charles große Liebe

Produktbeschreibung
'England während des Zweiten Weltkriegs: Der britische Offizier Charles Ryder bezieht mit seinen Soldaten nachts ein neues Quartier. Erst am nächsten Morgen erkennt er, wo er sich befindet es ist das Schloss Brideshead, mit dem ihn viele Erinnerungen verbinden: an seine Jugendfreundschaft mit Sebastian Flyte, dem Sohn der adeligen Marchmains, die in Brideshead residierten. Und an dessen Schwester Julia, Charles große Liebe
Autorenporträt
Evelyn Waugh (1903-1966) war nach dem Studium (Geschichte und Kunst in Oxford und London) als Lehrer und Journalist tätig und unternahm ausgedehnte Reisen in Europa, im Nahen Osten und in Amerika. 1930 konvertierte er zum Katholizismus.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.07.2024

Das Empire
ist fällig
Evelyn Waughs Roman „Wiedersehen mit Brideshead“ mag ein Bezugspunkt sein für heutige Fiktionen wie „Downton Abbey“ oder „Saltburn“. Anders als die Vergangenheitsromantiker hat Waugh die britische Aristokratie aber noch in voller Blüte erlebt. Waugh ist 1903 geboren, „Brideshead“ erschien 1945. Er erzählt melancholisch vom Untergang des britischen Imperiums anhand der Familie Flyte. Charles Ryder, der Erzähler, hat Sebastian Flyte in Oxford kennengelernt, und der nimmt ihn mit auf den Landsitz seiner Eltern, Brideshead. Von da an wird Charles verwickelt in alles, woran die Familie Flyte zugrunde geht. „Brideshead“ ist mit viel Sinn für Poesie und boshaftem Humor geschrieben, aber man muss Charles Ryder mit Vorsicht genießen. Was für ihn zählt, sind Tradition, Herkunft und Religion. Der Roman ist eben ein Dokument seiner Zeit, und nur weil das so ist, kann man gleichzeitig in der vergangenen Glorie der Aristokratie schwelgen und doch die bittere Wahrheit durchschmecken: Das britische Empire war fällig.
SUSAN VAHABZADEH
Evelyn Waugh:
Wiedersehen mit
Brideshead. Roman.
Aus dem Englischen
von Pociao. Diogenes,
Zürich 2017. 544 Seiten,
15 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.11.2013

Wie ein Wetterleuchten

Nicht nur für "Downton-Abbey"-Fans: "Wiedersehen mit Brideshead" gehört zu den anrührendsten Romanen der Weltliteratur. Jetzt liegt Evelyn Waughs Klassiker in neuer Übersetzung vor.

Ein Snob zu sein war diesem Autor Selbstverpflichtung. Denn ohne vorsätzliche Distanznahme zu allem, was er als graues Massenleben der Moderne wahrnahm, hätten ihm die Scharfsicht wie die grimme Lust gefehlt, die zeitgenössische Gesellschaft Englands derart gnadenlos zu porträtieren. Zeitlebens fühlte er sich als ein Spätgeborener, der von der eigentlichen Licht- und Glanzepoche, der er sich zugehörig fühlt, nur mehr ein letztes Flackern matter Strahlen miterleben kann. Dass er nur dem gehobenen Bürgertum und nicht der Aristokratie entstammte, verschaffte ihm zusätzlich Antrieb, den Status wie den schon fast entrückten Typus des Gentleman mit Hingabe zu kultivieren, in dem er die höchste Leistung englischer Kulturentwicklung sah. Womöglich lässt sich auch die Konversion zum römischen Katholizismus, die er mit 27 Jahren vollzog, als ein Versuch verstehen, jeglichen Verdacht der Nähe zur glanzlos nüchternen Geschäftswelt seiner Gegenwart zu tilgen. Sonstige Loyalitäten kannte Evelyn Waugh (1903 bis 1966) nicht. Das stärkste Mittel aber, das ihm seinen Distinktionsgewinn verschaffen sollte, war das Schreiben. Ihm verdanken wir einige der amüsantesten und hellsichtigsten Erzählungen des zwanzigsten Jahrhunderts - und einen der anrührendsten Romane.

"Wiedersehen mit Brideshead", erschienen im Mai 1945, ist längst als Klassiker der Spätmoderne etabliert und vor dreißig Jahren in der opulenten Produktion als Elfteiler mit Jeremy Irons und Lawrence Olivier, der bis dahin teuersten britischen Fernsehserie, die auch von der ARD gezeigt wurde, ungemein populär geworden. Mit diesem Roman gelang dem Autor das unerreichte Meisterstück, das beliebte Genre der englischen Herrenhausliteratur im Triumph von Stil und Kunstverstand zu krönen und es zugleich als die vergebliche Verklärung einer niedergehenden Gesellschaft zu entlarven - eine gekonnte und bis ins Detail faszinierende Verbindung von Abgesang und Abrechnung, bei der alles elegisch Schwelgerische, dem wir uns nur allzu gern hingeben würden, mit harten und zunehmend verstörenden Signalen eines notwendigen Rückzugs vom Vergangenen durchsetzt ist. Ganz wie ein halbes Jahrhundert zuvor Tschechows "Kirschgarten" bewegt diesen Text nicht nur die schwärmerische Nostalgie für eine feinsinnige Adelswelt; er vibriert vielmehr bereits von der Energie jenes unbekannten Neuen, das sich bald darauf historisch Bahn bricht.

Der Roman erzählt von den Erinnerungen eines Malers namens Charles Ryder, der als Offizier im Zweiten Weltkrieg mit seiner Kompanie in einem alten Herrenhaus Quartier nimmt, das er aus vormaliger Glanzzeit in den zwanziger Jahren kannte. Das unerwartete Wiedersehen löst eine Kette von Reminiszenzen aus und nötigt ihn, teils zögerlich, teils glühend engagiert, zur Rückschau auf das Vorkriegsleben, als sich die neue Zeit schon wie ein Wetterleuchten ankündigte. Damals geriet Charles, Sohn aus gutbürgerlichen, doch belanglosen Verhältnissen, beim Studium in Oxford in den Umkreis einer Clique von Ästheten, Dandys und Exzentrikern, die ihn durch ihr auffälliges Treiben zunächst sehr befremden, dann aber immer mehr in ihren Bann ziehen. Zum Frühstück speist man Kiebitzeier mit Hummerragout, man trägt Crêpe de Chine und Charvet-Krawatte, und zum Sonntags-Picknick mit dem Automobil darf die Flasche Château Peyraguey nicht fehlen. Insbesondere Sebastian Flyte, Zentralfigur dieser jeunesse dorée, übt magische Anziehungskraft auf Charles auf: ein androgyner, leidenschaftlich exzessiver und generöser Jüngling, Liebhaber des Luxuslebens wie auch eines Teddybärs mit Namen Aloysius, den er bei gesellschaftlichen Anlässen mit sich zu führen pflegt.

Die immer engere und dringendere, unausgesprochen homoerotische Freundschaft zu Sebastian ist der Leitfaden, anhand dessen Charles durchs Labyrinth seiner Erinnerungen streift. Sebastian eröffnete ihm erst Einblick in die wundersame Welt von Brideshead, dem arkadischen Landsitz, um den das Leben seiner katholischen Adelsfamilie kreist; doch bald schon ist es Sebastian, zunehmend dem Spleen und dem Alkohol verfallen, der den unaufhaltsamen Niedergang dieser Wunderwelt sowohl betreibt wie demonstriert. Dabei vergeht die Zeit, die Wege trennen sich, das Leben nimmt so seinen Lauf, man hört nicht mehr viel voneinander. Als Charles zu späterer Zeit dem Brideshead-Bann aufs Neue unterliegt, ist es die Schwester Julia, die ihn betört, so dass er sich mit ihr auf eine jahrelange amour fou einlässt. Das Ende aber bilden Trennung, Tod und Abschied. So bleibt nur die Entzauberung. Wie alle großen Elegien kann auch dieser Roman das Vergangene nicht neu beleben. Die wahren Paradiese wie die Jugend sind immer schon verloren.

In der deutschen Neuausgabe, die jetzt zum 110. Geburtstag dieses Autors vorliegt, können wir den Text nach mehr als fünfzig Jahren in aktueller Sprachgestalt erleben. Hier ist nun nicht mehr vom "Homo-Freund", sondern vom "schwulen Freund" die Rede; wir wundern uns nicht länger über Ausdrücke wie "Bildungsgöpel", sondern finden sie mit "kultureller Tretmühle" hinreichend erklärt; und der berühmte Ausdruck Waughs für das Lebensgefühl jener jungen, elitären, Oxforder Zwischenkriegsgesellschaft, the languor of Youth, wird von der Übersetzerin pociao rundheraus mit "Trägheit der Jugend" wiedergegeben, wo bei Franz Fein zuvor noch "das süße Gefühl der Erschlaffung" stand. So klingt die Sprache zwar heutiger und frischer, doch rückt mit ihr alles Erzählte in so unwirklich klare Nähe wie die Alpen bei Föhn, dass doch vielleicht die dunstig-distanzierte Sicht auf weit Entferntes bei dem, was hier erzählt wird, etwas für sich hat.

Als eine Art Beigabe zum Roman erscheint in gleicher schöner Aufmachung eine Auswahl von fünfzehn Erzählungen, entstanden von 1932 bis 1963, fünf davon erstmals auf Deutsch. Sie zeugen insgesamt von den satirischen Talenten Waughs, die seit den dreißiger Jahren seinen Ruhm wie sein finanzielles Auskommen als Gesellschaftsautor sicherten, vielfach aber auch Gelegenheitsarbeiten waren, die man wohl mit einigem Vergnügen, jedoch ohne bleibende Erinnerungen liest. Am pointiertesten und stärksten wirkt gleich die Eröffnungserzählung "Liebe in schlechten Zeiten", die von einer verhinderten Flitterwoche handelt, in deren Verlauf eine Verkettung verpasster Zugverbindungen und neu gefundener Kontakte den grad geschlossenen Ehebund in Frage stellt.

Das alles aber überragt Waughs Kriegsroman. Geschrieben 1944, als der Autor, selbst als freiwilliger Soldat aktiv und bei einem Flugzeugabsturz verwundet, sich für einige Monate Diensturlaub von der Armee erbeten hatte, erkundet sein Buch die Frage, wofür sich zu kämpfen lohnt, und setzt mit seinen unvergesslichen Figuren Denkmäler einer Gesellschaftskultur, die im Weltkrieg unterging. Nicht nur wer "Downton Abbey"-süchtig ist und wissen will, woraus die Serie ihre Inspiration zieht, sondern alle, die ein Paradies verloren glauben, sollten diesen Roman unverzüglich lesen. Ein Wiedersehen mit Brideshead ist längst fällig.

TOBIAS DÖRING.

Evelyn Waugh: "Wiedersehen mit Brideshead".

Roman.

Aus dem Englischen von Pociao. Nachwort von Daniel Kampa. Diogenes Verlag, Zürich 2013. 540 S., geb., 26,90 [Euro].

Evelyn Waugh: "Ausflug ins wirkliche Leben und andere Meistererzählungen".

Ausgewählt von Margaux de Weck und Daniel Kampa. Diogenes Verlag, Zürich 2013. 476 S., geb., 19,90 [Euro].

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»Einer der großen Meister der englischen Prosa... Es ist nie zu spät, Evelyn Waugh zu lesen oder wiederzulesen.« Time Magazine Time Magazine