Wirklich berühmt wurde Urs Widmer mit seinem Spätwerk: 'Der blaue Siphon', 'Der Geliebte der Mutter' oder 'Das Buch des Vaters' finden auch heute noch viele begeisterte Leserinnen und Leser. Aber da ist viel mehr, wie beim berühmten Eisberg schlummert auch beim Zeitzeugen Urs Widmer vieles unter der Oberfläche und wartet auf Erkundung. Seine frühen Erzählungen sind der beste Anfang: anarchische Freude daran, das Gebälk der Literatur knarzen zu lassen.
»Die Welt des Schweizer Schriftstellers Urs Widmer war voller absurder Komik und bizarrer Weltuntergänge.« Michael Krüger / Die Zeit, Hamburg Michael Krüger / Die Zeit Die Zeit
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Wer sich von der Erwartung abgerundeter Geschichten frei macht, wird Rezensent Michael Eggers zufolge viel Freude haben an den frühen Erzählungen von Urs Widmer, die zum zehnten Todestag des Schweizer Autoren im Diogenes Verlag erschienen sind. "Wild Herbeigesehntes" versammelt kurze Prosastücke, die sich, eigensinnig und provokant in ihrem Verzicht auf narrative Konsistenz, scheinbar unbedarft an Material aus Hoch- wie Populärkultur bedienen. Eggers vergleicht die rasche, unvermittelte Abfolge fantasierter Szenen mit der Funktionsweise von TikTok, erkennt Widmers verspielter Prosa jedoch ein anderes Reflexionspotential zu: auf die Differenz von Wirklichkeit und Fantasie sowie die ,wahnsinnige Hoffnung', beide in der Kunst zur Deckung zu bringen. Mit seinem poetischen Anarchismus stelle sich der Autor in die Tradition Walsers und Achternbuschs; eine kommentierte Gesamtausgabe der Werke Widmers, die dessen Platz in der Literaturgeschichte anerkenne, steht dem Rezensenten zufolge noch aus.
© Perlentaucher Medien GmbH
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